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MARTIN ACHRAINER

„Der Sänger, der sich nicht selbst in die Rollengestaltung einbringt, der tut mir Leid“

 

Das Gespräch führte Dr. Harald Lacina in der MERKER-Künstlergalerie in Wien

 

HL: Sie hatten in jüngster Zeit große Erfolge als Don Giovanni in Linz. Diese Partie haben sie aber dort bereits zehn Jahre zuvor gesungen?

 

MA: Ja genau, damals auf Deutsch. Und ich muss gestehen, vor zehn Jahren bin ich auf diesem „Pferd“ dieser Oper draufgehangen, wirklich auf dem Pferd gesessen. Und jetzt die große Chance zu haben, diese Partie nach zehn Jahren wieder zu singen. Da habe ich selber für mich bemerkt, was ich in diesem festen Engagement in Linz lernen durfte und wie schön es ist, wenn man in einem Ensemble eine Entwicklung machen durfte. Nach zehn Jahren konnte ich den Don Giovanni singen, was ich mit Mitte 20 nicht konnte.

 

HL: Sie haben aber auch Leporello gesungen?

 

MA: Ja, das war eine meiner ersten Partien. Das war damals im Haus in Bad Hall. Das war eine kleine Sommerproduktion. Dort wird auch jetzt jedes Jahr hübsch Operette gemacht. Wo Alexander Girardi und Gustav Mahler übrigens ihr Debüt gegeben haben als ganz, ganz junge Künstler und da durfte ich damals Leporello singen.

 

HL: Ich möchte noch einmal zu Innsbruck zurückkommen 2004-2006. Brigitte Fassbaender hat sie dort sehr gefördert oder kann man sagen auch entdeckt?

 

MA: Es war auch eine Entdeckung, ja. Ich habe mein Debüt mit Papageno in Rheinsberg bei Berlin gegeben. Frau Fassbaender war damals in einer Jury, die bestimmen sollte, wer an diesem Festival den deutschen Jugenddarstellerpreis bekommt. Und Sie war damals auch schon Intendantin in Innsbruck und hat mich dann quasi eingepackt und mitgenommen. Und ich hatte das große Glück, dass sie mich – ah- ja, sie war zwar offiziell meine Chefin, aber eigentlich war sie Mentorin. Sie hat mich zwei Jahre lang unterrichtet. Es war eigentlich wie ein Opernstudio. Keine zu großen Rollen, langsame Entwicklung und Sie war da auch sehr darauf schauend und achtend, dass man der Stimme nicht zu früh zu viel zumutet. Und noch dazu, wenn man so einen Geist hat wie ich, dem ständig die Pferde durchgehen, war das ganz gut, dass Frau Fassbaender da die Hand darauf gelegt hat.

 

HL: Wie kamen Sie dann von Innsbruck nach Linz?

 

MA: Das war ein Gesangswettbewerb. Der „gradus ad parnassum“. Der war damals in Bozen und Dennis Russell Davies war in der Jury und hat mich quasi nach dem Preisträgerkonzert engagiert, um nach Linz zu kommen. Und das war vor zehn Jahren. Und nun bin ich seit zehn Jahren in Linz.

 

HL: Und dort haben Sie ja auch sehr viele Uraufführungen gesungen? Oder auch Opern, die fernab des Mainstreams sind?

 

MA: Ja, wenn man an einem Haus wie Linz im Ensemble ist und für mich selber ist das grandios. Dann singt man wirklich quer durchs Gemüsebeet alles. Und von neuer Musik bis über den Barock herauf bis in die Romantik. Und das Tolle daran ist, man lernt das gesamt Repertoire richtig kennen. Auch wenn man nur in kleineren Partien auf der Bühne steht, hat man aber dann erfahrene Kollegen, die die großen Rollen singen und da lernt man die ganze Zeit.

 

HL: Philip Glass hat Ihnen eine Oper gewidmet oder besser gesagt, die Titelpartie für sie geschrieben. Das war der „Kepler“, den es auch auf dvd gibt. Ich selber habe auch eine Aufführung in Linz gesehen. Wie war die Zusammenarbeit mit Philip Glass?

 

MA: Das war insofern wahnsinnig spannend, weil Ich war eigentlich nicht vorgesehen. Die Oper wurde konzipiert, so sagen wir mal um 2007 herum wusste man, dass Linz europäische Kulturhauptstadt wird und dass man einen sehr berühmten Komponisten wählt, der quasi die Oper für Linz schreibt. Das Thema war auch klar. Johannes Kepler. Aber es war ein erfahrener Baritonkollege vorgesehen, der, bevor die Oper überhaupt komponiert wurde, an einem Herzinfarkt verstorben ist. Und da stand man plötzlich ohne Hauptdarsteller da und da ich 2008 die Oper Orphée von Philip Glass gesungen hatte und Glass mich in dieser Oper gehört hat und Dennis Russell Davies ja auch ein großer Förderer von Philip Glass‘ Musik ist, hat mich Dennis Russell Davies ins Rennen gebracht ja und dann habe ich mich mit Herrn Glass in New York getroffen, hab ihm von Mozart, sehr viel Schubert, Bach vorgesungen. Wir haben drei Tage lang gearbeitet und dann hat er mir diese Partie wie einen Handschuh angepasst. Ja und es war ein großes Geschenk, dass einem ein solches Werk und noch dazu mit so einer Figur auf den Leib geschrieben wird. Und so wurde „Kepler“ halt von einem ursprünglich 60jährigen Mann zu einem jungen Kepler.

 

HL: Man muss dazu erwähnen, dass Kepler eine Nahebeziehung zu Linz hat und offenbar Opern, in denen Kepler die Hauptrolle darstellt, für Linz prädestiniert sind sowie jetzt Hindemiths „Die Harmonie der Welt“. Aber es waren dies nicht die beiden einzigen Opern von Philip Glass, in denen sie aufgetreten waren. Auch bei der Eröffnung des neuen Opernhauses.

 

MA: Wir haben dann die „Spuren der Verirrten“ nach einem Roman von Handke, den Philip Glass vertont hat und damit haben wir das neue Haus eröffnet. Da hatte ich dann eine kleinere Partie, weil das war eine wirkliche Ensembleoper, wo man darauf geachtet hat, dass das gesamte Ensemble vorgestellt wird. Wurde auch vom ORF übertragen und auch auf 3Sat ausgestrahlt…

 

HL: und davon gibt es auch eine DVD

 

MA: Ja genau. Ja, es gab dann auch eine weitere sehr intensive Zusammenarbeit mit Philip Glass. Wir hatten das große Glück, dass wir als gesamtes Ensemble „Kepler“ dann auch in der amerikanischen Uraufführung an der Brooklyn Academy New York präsentieren durften. Und bei dieser Premierenfeier da habe ich wahrscheinlich schon ein Gläschen zu viel gehabt, bin ich auf Herrn Glass zu und meinte, dass ich es sehr schade finde, dass er überhaupt kein Kunstlied geschrieben hat und gerade ich, wo das Kunstlied für mich so eine wichtige Gattung ist, die auch eine große Bedeutung in meinem eigenen Repertoire hat. Und daraufhin hat er sich ein Herz genommen und hat Texte, die er schon lange mit sich herum getragen hat, nämlich Gedichte des Mönches Milarepa aus dem 12. Jhd. ein buddhistischer Mönch, die hat er dann vertont. Zuerst in einer Klavierversion, die haben wir dann 2012 in der Schweiz uraufgeführt und weil er irgendwie selber so berührt war von dieser Gattung Kunstlied, die er vorher noch nicht verwendet hat, hat er eine Orchesterversion daraus gemacht und die haben wir dann auch mit dem Bruckner-Orchester uraufgeführt. Jetzt gerade vor kurzem eingespielt und Ende 2017 – Anfang 2018 zum runden Geburtstag von Philip Glass werden diese Orchesterlieder bei seinem Label erscheinen.

Dr. Harald Lacina / Martin Achrainer / Zuhörer in der Merker-Galerie

 

HL: Das Stichwort haben Sie gerade so schön geliefert. Sie haben eine rege Konzerttätigkeit, die sie nicht nur in die USA, sondern auch nach Japan, Frankreich, in die Schweiz führt. Neben Bachpassionen, auch Liederzyklen. Wollen Sie uns darüber etwas erzählen?

 

MA: Bevor ich mit der Oper angefangen hab, hab ich Lied gesungen. Ich hatte eine Lehrerin, ich muss dazu sagen, dass ich, ich war wirklich ein ziemlicher Wildfang, jetzt so um die 19, Anfang 20, und da habe ich eine Dame kennen gelernt, bei der ich auch studiert hab, die Rotraud Hansmann. Und diese Dame war selber eine grandiose Liedinterpretin und eine fantastische Konzertsängerin. Und die hat immer gesagt „Oper kannst nachher singen. Bleib jetzt einmal beim Lied und wir singen a bisserl Oratorien und Messliteratur. Aber jetzt singst du einmal Lied. Jetzt singst du einmal ordentlich Schubert, Brahms und lernst einmal dieses Repertoire kennen.“ Und so hat sich eigentlich herauskristallisiert, dass sich mein gesamtes Studium auf der Liedkunst aufgebaut hat. Und ich profitiere heute noch sehr stark davon, denn ich habe ein langes Gespräch mit dem berühmten Hans Sotin gehabt, da haben wir Parsifal gemacht und ich hab – wie man auf gut Wienerisch sagt „a Wurzn“ gesungen – und der große Hans Sotin hat mir dann gesagt „Ich singe meine Wagner-Partien immer so, als ob ich Schubert singen würde“. Ja, das war auch der Grund, warum Hans Sotin selbst heute noch eine wunderschöne und gesunde Stimme hat. Deswegen ist für mich das Liedrepertoire so etwas wahnsinnig Wichtiges und selbst, wenn ich nicht engagiert werde für einen Liederabend, schaue ich, dass ich regelmäßig meinen Schubert, meinen Brahms singe. Einfach, um die Stimme gesund zu erhalten. Weil Lied ist so etwas wie die Apotheke für die Stimme. Wenn man eine große Wagnerpartie gesungen hat oder einen ganzen Abend auch Don Giovanni gesungen hat, wo es manchmal wirklich in die Vollen geht, kann man die Stimme wieder wunderbar verschlanken und wieder auf ein gesundes Level herunter holen. Und Lied ist immer wie ein Farbkasten. Da kann man Farben verwenden, die man auf der Opernbühne nicht verwenden kann, weil einfach ein sehr sensibler Klavierbegleiter es zulässt und deine Farben im Piano nicht zudeckt, was man beim Orchester nicht immer hat.

 

HL: Bevor wir auf ihr jetziges zukünftiges Projekt bei der Oper Klosterneuburg zu sprechen kommen, möchte ich noch gerne über moderne Komponisten sprechen. Außer Philip Glass haben sie auch Kurt Schwertsik, Ligeti, Henze, Kelterborn, Paul Engel, Ernst Ludwig Leitner, zwei Opern waren von ihm in Linz, und Ingo Ingensand gesungen.

 

MA: Ja, also Henze hat nicht für mich komponiert, ich habe nur Henze gesungen. Aber mit den anderen Komponisten war es eine sehr schöne Zusammenarbeit und ich erinnere mich besonders gerne an die Zusammenarbeit mit Herrn Schwertsik, der so etwas von extrem lustig ist, offen und extremst unterstützend war. Und genau wusste, was er will. Also er hat drei, nein vier Lieder für Orchester und Bariton geschrieben und die in einem Ballettabend drinnen waren. Und er hat mit mir sehr intensiv an dieser Interpretation gefeilt, denn Schwertsik kommt extremst von der Sprache und die Sprache liegt mir sehr, also ich habe überhaupt kein Problem mit Sprechgesang. Aber er war knallhart, was aber dem Werk dann sehr sehr gut getan hat. 

 

HL: Und jetzt gab es ja wieder eine Uraufführung in Linz?

 

MA: Ja da hatten wir gerade am Samstag die Premiere, es war keine Welturaufführung, denn das Werk wurde schon vor zehn Jahren in Würzburg uraufgeführt. Sagt Ihnen Alfred Kubin was, der Maler? Alfred Kubin hat in einer Schaffenskrise den Roman „Die andere Seite“ geschrieben. Das ist ein Roman, den man eigentlich als den ersten Sciencefiction-Roman bezeichnen kann und Kafka war extrem beeindruckt von diesem Roman. Da es natürlich ein besonders starker Linz Bezug ist, hat man für Linz diese Oper neu adaptiert und es zur österreichischen Erstaufführung gebracht und mich für den Zeichner, der eigentlich Alfred Kubin ist, in dieser Oper eingesetzt. Unter der Regie von John Dew, der auch in Wien viel inszeniert hat und wir haben ein wunderbares großes Medienecho bekommen. Also, ich bin ganz glücklich.

 

HL: und es gibt noch Vorstellungen bis Ende Juni, habe ich nachgesehen. Bevor ich auf die Oper Klosterneuburg zu sprechen komme, darf ich noch verraten, dass Herr Achrainer in der nächsten Spielsaison sein Debüt am Theater an der Wien in der Oper von Gottfried von Einem „Der Besuch der alten Dame“ feiern wird. Ich selber habe diese Oper als Student in der Staatsoper gesehen und seitdem nicht wieder. Und Sie werden den „Doktor“ singen?

 

MA: Ja, genau. Wobei ich dazu noch überhaupt nichts sagen kann. Ich habe mich nur kurz kundig gemacht, ob die Partie etwas für mich ist, aber da liegen noch so viele andere „Kollegen“ dazwischen.

 

HL: Wien Debüt auf einer Bühne in einer Oper war, abgesehen von off-Produktionen, glaube ich der Nekrotzar in Ligetis Le Grand Macabre im Museumsquartier 2012.

 

MA: Ja, mit der Neuen Oper Wien. „Le Grand Macabre“ von Ligeti. Ein extrem schwieriges Werk, aber, wie so oft bei neuer Musik braucht man einfach eine gewisse Zeit bis man rein findet. Und wenn man dann drinnen ist, gerade als Darsteller, ist es also meine Riesenschüssel, die man auslöffeln muss. Es hat sehr sehr viel Freude und Spaß gemacht.

 

HL: Das Interessante bei dieser Oper ist ja, dass Ligeti mehrere Fassungen für verschiedene Sprachen geschrieben hat. Und es wurde in Wien natürlich die deutsche Version gespielt. Er hat eine ungarische auch und eine italienische, also mehrere Fassungen.

 

MA: Und uraufgeführt wurde die Oper auf Englisch.

 

HL: Kommen wir jetzt zu Klosterneuburg. Rossini. Sie haben aber schon Rossini gesungen? Barbier? Cenerentola?

 

MA: Nein, der Barbiere ist mir noch leider nicht unter gekommen, aber ich habe den Dandini in Cenerentola gesungen und ich habe viel Kirchenmusik gesungen. Vor kurzem gab es das Stabat Mater von Rossini. Und jetzt freue ich mich sehr auf diese Partie des Rimbaud.

 

HL: Der Begleiter des Grafen Ory. Wie Sie wissen, war die österreichische Erstaufführung dieser Oper 2013 am Theater an der Wien. Die Rolle, die Herr Achrainer singen wird, hatte seinerzeit Pietro Spagnoli gesungen. Was können Sie uns zu diesem Projekt sagen. Rimbaud ist ja ein Saufkumpane des Grafen Ory?

 

MA: Sozusagen. Es ist eine Mischung aus Saufkumpane und Leporello-Figur. In gewissen Zügen erinnert die Oper sehr stark, überhaupt nicht vom musikalischen Material, aber so in der Handlung hat sie manchmal Anklänge an Don Giovanni. Und man kann sagen, Ory ist Don Giovanni und Rimbaud ist Leporello. Es ist ein wahnsinniger Opernspaß, genau die richtig Produktion, um Sommeroper zu machen. Und ich freue mich, denn es sind sehr sehr viele Bekannte von mir an dieser Produktion beteiligt. Unter anderen meine heißgeliebte Daniela Fally. Iurie Ciobanu war mit mir lange in Linz engagiert und wird den Grafen Ory singen. Ein wunderbarer, ideal gecasteter Rossini-Tenor, der auf diese Figur passt, wie ein Deckel auf einen Topf. Ja, dann die Daniela Fally als die Comtesse Adèle. Dann Margarita Gritskova als Isolier, die gerade jetzt an der Staatsoper Wien Erfolge feiert.

 

HL: Ja und dann noch Peter Kellner als Gouverneur

 

MA: und Carole Wilson, die ja auch eine sehr erfahrene Kollegin ist und schon seit Jahren im Operngeschäft tätig ist. Ein hervorragender Cast und ich freue mich besonders, weil der Regisseur, mit dem wir gerade in Linz Don Giovanni gemacht haben, wird die Regie machen. Also es ist ein Wiedersehen und das ist ein alter Theaterfuchs. Es wird sicher eine wahnsinnig lustige Produktion.

 

HL: Und er wird es verorten im Mittelalter, ist schon etwas bekannt oder wird er es modernisieren wie im Theater an der Wien?

 

MA: Ich denke nicht. So wie ich den François einschätze, er ist immer sehr sehr stark am Stück selber dran. Ich denke, dass es sehr zeitgemäß wird.

 

HL: Es wird also ein Nonnenkloster geben, wo sich dann die Saufkumpanen ebenfalls als Nonnen verkleiden.

 

MA: Genau. Gerade in Klosterneuburg wir immer darauf geachtet, dass die Inszenierungen sehr am Stück dran sind und in der Zeit spielen und deshalb kann ich mir nicht vorstellen, dass François es komplett aus der Zeit nimmt.

 

HL: Fein, da können wir ja schon gespannt sein. Der Dirigent kommt ebenfalls aus Linz?

 

MA: Ja Herr Campestrini. Wobei ich mit Herrn Campestrini noch nicht gearbeitet habe. Ich weiß nur, dass es eine langjährige Zusammenarbeit mit dem Festival in Klosterneuburg gibt und da sind ja schon mehrere Erfolge gefeiert worden.

 

HL: Es ist ihre zweite Rolle in Klosterneuburg nach dem Papageno, wo unsere geliebte Isabella Gregor, wo sitzt sie denn? Die hervorragende Regie gemacht hat. Und Herr Franz Blumauer, der sitzt da hinten, die Ausstattung.

 

MA: Ja dieser Papageno war so ein Anstupser, denn ich wurde dann durch die Produktion in Klosterneuburg dann in der Schweiz engagiert und durfte dann noch in einer weiteren Produktion in Deutschland den Papageno singen. Ja, das hat so Kreise gezogen und ich bin sehr froh, dass ich jetzt wieder zurückkommen darf nach Klosterneuburg, weil‘s einfach eine wunderschöne Arbeit ist. Sehr, sehr intensiv. Aber das Produkt, das dann immer herauskommt, ist einfach ein großer Spaß.

 

HL: Sie haben – meines Wissens – in der Schweiz auch den Besenbinder in Hänsel und Gretel gesungen.

 

MA: Nein, den habe ich nur in Linz gesungen. Also ich singe in der Schweiz sehr viele Oratorien. Ich habe gerade eine Johannespassion in Basel gesungen, dann eine Matthäuspassion, und ich habe so meine 5-6 Veranstalter in der Schweiz, die mich regelmäßig engagieren, worüber ich sehr sehr froh bin, weil ich einfach gerne in der Schweiz auch singe. Aber Oper habe ich bisher nur die Zauberflöte gemacht und eine Don Giovanni-Produktion, allerdings da als Masetto.

Martin Achrainer / Regisseurin: Isabella Gregor

 

AC (A.Cupak): Mich interessiert immer, wie man überhaupt dazu kommt, Opernsänger zu werden. Wie sich die Eltern verhalten habe, ob sie es gefördert haben. Oder eher dagegen waren. Haben Sie gesagt „Lern an anständigen Beruf“.

 

HL: Herr Achrainer hat einen „anständigen“ Beruf. 

 

MA: Nein, ich komme von einem Tiroler Bauernhof, bin in den sehr behüteten Tiroler Bergen aufgewachsen und die Oper war eine Kunstform, die es bei uns nicht gab. Aber ich wollte immer Schauspieler werden und ich wusste, sobald ich irgendwie die Möglichkeit hatte, eine Schauspielausbildung zu machen. Wie sie es richtig gesagt haben, heißt es in Tirol einen anständigen Beruf erlernen und den habe ich auch erlernt. Ich habe Koch gelernt, was ein großes Glück war, denn als meine Eltern mitbekommen haben, dass ich nach der Kochlehre Schauspieler werden wollte, hat’s natürlich geheißen: „das finanzierst du dir selber!“ Das habe ich mir auch selber finanziert. Ich bin während des Studiums kochen gegangen. Ich habe die Aufnahmeprüfung beim Max Reinhardt Seminar geschafft und habe zunächst Schauspiel studiert, war aber eigentlich immer derjenige, wenn immer es um Singen ging, haben sich alle anderen gedrückt und ich war immer derjenige, der gesungen hat. Es hat sich dann sehr schnell abgezeichnet, dass ich ins musikalische Unterhaltungstheater kam. Ich habe dann sehr viel Musical gemacht. Da hatte ich aber relativ bald das Problem, dass mich die Musik – jetzt sage ich etwas, das mir hoffentlich nicht auf den Kopf fällt – das Musical mir relativ bald zu fad geworden ist. Und ich habe nach Möglichkeiten gesucht und habe durch Rotraud Hansmann gefunden, die mich sehr geschickt und sehr liebevoll zur Oper geführt hat und sie war eine künstlerische Mutter und sie hat mich regelmäßig in die Oper mitgenommen und hat mich auch forciert, die Aufnahmeprüfung auf der Hochschule für Musik zu machen. Und ehe ich’s mir versah, habe ich klassischen Gesang studiert. Und sehr sehr schnell habe ich diese Liebe entdeckt und es war mir klar, dass ich nicht auf die Schauspielbühne gehöre, sondern auf die Opernbühne. Und deswegen ist aber auch meine Rollengestaltung immer sehr von der Schauspielerseite gedacht. Wenn ich eine Rolle lerne, dann kommt die Musik, die lerne ich mit, aber ich nehme zuerst einmal ein Personenporträt. Wen sehe ich da? Woher kommt der? Wie stehen die Figuren zueinander? Dann fange ich einmal an, mich mit dem Text auseinander zu setzen. Und die Musik ist eigentlich die ganze Zeit da, die muss ich dann meistens gar nicht mehr lernen, weil sie schon präsent ist. Also nur über die Annäherung der Figur.

 

HL: Können Sie sich in der Rollengestaltung selber einbringen oder gibt es da Regisseure, die unbedingt ihr Konzept und ihre Ideen aufoktroyieren wollen?

 

MA: Nein, der Sänger, der sich nicht selber einbringt in der Rollengestaltung, der tut mir Leid. Ich habe die Erfahrung gemacht, wenn man einem Regisseur etwas anbietet, dann nimmt er es auch. Ja, ein Sänger ist ja nicht eine bloße Marionette, sondern eine Persönlichkeit, die auf der Bühne steht. Wenn ich mit meiner eigenen Persönlichkeit eine Rolle nicht ausfülle, dann ist das ja eine seelenlose Puppe, die da oben steht. Ich kann es mir nicht vorstellen, wie das funktionieren soll, wenn ich mich nicht in meiner Rollengestaltung zu 100% einbringen kann. Deshalb liebe ich ja meinen Beruf so, weil ich gehe am Morgen ins Theater, das ist wie bei kleinen Kindern, die in den Kindergarten gehen. Ich gehe spielen.

 

HL: Haben Sie Lieblingskomponisten, die sie besonders gerne interpretieren?

 

MA: Mozart ist für mich der Opernkomponist. Ich liebe Mozart aber das war auch so der erste Komponist, über den ich mich an die Oper angenähert habe. Immer mehr entdecke ich für mich Richard Wagner und bis man dieses Repertoire singen kann, dauert es halt. Aber jetzt komme ich schön langsam in das Alter, wo ich zeigen muss, dass ich diese Rollen singen kann. Wolfram von Eschenbach, dann würde ich sagen Heerrufer im Lohengrin. Ich hoffe in Zukunft wird einmal ein Beckmesser anstehen. Aber da lasse ich mir noch ein bisschen Zeit. Beckmesser wurde mir schon angeboten, aber als ich mit Frau Fassbaender darüber gesprochen habe, hat die nur gesagt „Bist du wahnsinnig?“ Damit war die Diskussion beendet. Aber ich bin überzeugt, die Rollen kommen.

 

HL: Bei Richard Strauss haben ie bisher nur den Harlekin in Ariadne und einen Nazarener in Salome gesungen?

 

MA: Ja, aber das war ganz am Anfang. Also ich werde nie einen Jochanaan singen. Dazu ist meine Stimme zu wenig dramatisch.

 

HL: Na ja, jetzt noch nicht.

 

MA: Na, schauen wir einmal. Aber es steht jetzt Frau ohne Schatten an, wo ich einen der drei Brüder von Barak singen werde und ich würde wahnsinnig gerne einmal in Capriccio den Grafen singen. Das wären so die Partien, die bei Richard Strauss interessant wären. Wobei, da gibt es mehrere Partien, aber kleinere.

 

HL: Aber Mozart an erster Stelle.

 

MA: Ja, ich bin mit diesem Komponisten aufgewachsen und es hat sich gezeigt, dass das vernünftig war. Ich singe jetzt professionell, dass ich davon lebe, seit 20 Jahren und die Stimme ist Gott sei Dank gesund. Ja, was nicht immer der Fall ist, weil sehr oft verlangt dieses Business, dass man zu früh die dramatischen Partien singt. Ich hatte Glück, ich hatte die richtigen Leute um mich und auch immer sehr mütterliche und väterliche Freunde, die auf mich geschaut haben und die richtig Lehrer. Aus der Sicht des Sängers ist beim Ensembletheater eine langsame, kontinuierliche Entwicklung möglich. Wenn man einen Intendanten hat, der ein Gespür, der ein Gehör für Stimmen hat, dann weiß er, was er seinen Sängern zumuten kann, setzt auch keine Stücke an, die er nicht unbedingt aus dem Ensemble größer besetzen kann, wo er dann – mehr oder weniger – einen Großteil der Sänger also mit Gästen besetzen muss. Schaut, dass er dann ein Ensembletheater macht mit Stücken, wo er seine eigenen Leuten besetzen kann und damit wird eine Theaterführung, so wie ich es jetzt aus der Sängersicht gesehen habe, auch wirtschaftlich ein Erfolg sein. Denn, wenn man ständig Gäste holen muss, wird das am Ende eine teure Geschichte. Wir haben Ensembleverträge, wir haben eine gewisse eine Sicherheit, dass wir regelmäßig unser Geld auf dem Konto haben. Aber es sind nicht die Bombengagen, aber mir sind – ehrlich gesagt – die Regelmäßigkeiten lieber. Ich bin ein großer Verfechter des Ensembletheaters. Und ich sehe es auch bei unseren Gästen, die regelmäßig in Linz ans Theater kommen, die freuen sich, wenn sie nach einer Vorstellung mit den Leuten, die sie über Jahre hinweg kennen und in den verschiedensten Partien gesehen haben, dann auch bei einem Glaserl Wein über die Inszenierung diskutieren können. Was vielleicht mit Gästen gar nicht so leicht ist, weil man sich ja gar nicht traut, sie anzusprechen, weil man sie ja gar nicht so gut kennt… Aber das ist jetzt nur nebenbei.

 

AC: Sie waren bei Herrn Schneider gesetzt? Sozusagen, denn er hat ja das Ensemble ziemlich durchforstet.

 

MA: Ja, äh, ein schwieriges Thema. Ich habe den Intendantenwechsel überlebt. In Linz sind aber auch sehr sehr viele in Pension gegangen, deswegen hat es dann so extrem ausgedünnt ausgeschaut. Aber es gab dann einfach Pensionierungen und das waren nicht nur Nichtverlängerungen.

 

AC: Den gibt es noch den Bauernhof?

 

MA: Ja. Den Bauernhof gibt es noch, aber er wird nicht mehr bewirtschaftet. Wir sind 7 Kinder. Die Eltern sind schon stolz auf mich, aber Oper liegt ihnen halt doch fern. Sie können nicht wirklich etwas damit anfangen, was ich aber absolut verstehe. Meine Eltern sind einfach nicht mit der Oper in Berührung gekommen und hatten nicht das Glück, so liebevoll dahin geführt zu werden. Und sie wissen ja alle: Die Oper muss man kennen lernen. Ganz selten, dass einem die Oper wirklich in den Schoß fällt. Also zumindest ist es mir so gegangen.

 

HL: Ihre Eltern aber haben sie schon besucht bei Aufführungen?

 

MA: Sie haben sich schon Aufführungen angesehen. Ich habe nicht das Gefühl in meiner Entwicklung stecken geblieben zu sein. Ich bin jetzt seit zehn Jahren in Linz. Ich glaube, dass ich, selbst wenn ich internationale Angebote bekomme, immer wieder nach Linz zurückkehren werde. Einfach, weil es mir so viel erlaubt und künstlerisch ermöglicht. Wenn man mich jetzt an die Staatsoper holt, dann singe ich mittlere und kleine Rollen…

 

MG (Michael Garschall): Linz schafft es ja immer wieder auf sich aufmerksam zu machen.

 

MA: Da hat natürlich jetzt das Neue Haus auch damit zu tun. Aber ich erinnere mich auch an Innsbruck. Die Fassbaender hat ein Ensemble erschaffen mit 30 Sängern fix am Haus bei einem kleinen Haus wie Innsbruck. Aber die Leute sind gekommen, weil die Fassbaender da war. Das hängt dann auch sehr stark am Intendanten und an einer Führungspersönlichkeit, die vorne steht. Und die Sänger sind gerne nach Innsbruck gekommen und da waren auch Sänger im Ensemble, die waren 55 und 60, die das dramatische große Fach bedienen konnten. Da hat man den Vergleich gar nicht scheuen müssen mit Fachkollegen, die an größeren Häusern singen. Ich weiß noch, unser dramatischer Bariton hat in München vorgesungen und es hieß tatsächlich beim Vorsingen, die Stimme ist für München zu laut. Aber er hat das dramatische Fach in Innsbruck bedient. Man will ja auch in gewisser Weise ein Privatleben haben und aus dem Privatleben schöpft man ja auch dann die Kraft, um neue Figuren zu erschaffen, die teilweise sehr sehr anstrengenden Partien zu meistern.

 

Fotos: Barbara Zeininger

Dank an unseren Kooperationspartner MERKER-online (Wien)

 

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