Schweinfurt: „Ball im Savoy“

Aufführung im Theater der Stadt Schweinfurt 05.01.2016 (Tourneebeginn Ende Dezember 2015)

Temperamentvolle und farbenprächtige Aufführung einer selten gespielten Operette

Das Operettentheater Salzburg lässt die selten aufgeführte Operette „Ball im Savoy“ des ungarisch-deutschen Komponisten Paul Abraham im neuen Glanz und prächtiger Ausstattung erstrahlen. Neben der Operettenbühne Wien ist auch die Operettenbühne Salzburg ein gern gesehener Gast in Schweinfurt. Ist doch bekannt, dass sie farbenprächtige Ausstattungsoperetten mitbringt, die viel dem Auge aber auch dem Ohr bieten. Der Komponist Paul Abraham (1892 – 1960) hat neben etlichen heute vergessenen Operetten „Viktoria und ihr Husar“, „Blume von Hawaii“ und eben „Ball im Savoy“ komponiert und alle drei waren zur damaligen Zeit riesige Erfolge und erleben zur Zeit auf den europäischen Bühnen eine kleine Renaissance. Abraham verstand es das bewährte Gestrige mit dem neuen Zukünftigen zu verbinden, anders ausgedrückt gelang es ihm, traditionelle Elemente der Musik mit jazzigen Rhythmen zu kombinieren und damit sein Publikum zu begeistern. Lucia Meschwitz führt Regie und sie tut etwas, was leider heutzutage nicht mehr selbstverständlich ist, sie verkitscht die Operette nicht sondern nimmt sie in allen Phasen ernst und sie schafft dadurch auch den Spagat zwischen dem althergebrachtem und der Moderne. Sie inszeniert „Ball im Savoy“ als farbenprächtiges Spektakel und das Publikum geht begeistert mit. Einen großen Anteil am Erfolg hat auch Gerlinde Höglhammer, die für die Kostüme verantwortlich ist. Einfach nur toll, wie bunt, farbenprächtig, ja fast fließen die Augen vor dieser Farbenpracht dahin, die Kostüme und die Ausstattung sind. Dem steht auch das ebenfalls bunte und einprägsame Bühnenbild von Christine Sadjina-Höfer in nichts nach. Man muss ja immer bei allem berücksichtigen, dass es sich hier um ein Tourneetheater handelt, welches es wesentlich schwerer hat, dies alles auf die Beine zu stellen, als ein fest bespieltes Haus. In diesem Zusammenhang muss man auch lobend die Choreografie von Monica Fotescu-Uta erwähnen, die das Ballett zu einem herausragenden Punkt dieser Aufführung führt. Auch dies ist seit vielen Jahren ein Markenzeichen des Operettentheaters Salzburg. Die Mitglieder des Ballettensembles Illo Tempore aus Dortmund wirbeln über die Bühne, dass es eine wahre Freude ist.

Dieter Hörmann, Jasmin Bilek, Stefan Fleischhacker, Michael Kurz, Doris Langara

Die musikalische Leitung hat an diesem Nachmittag im ausverkauften Theater in Schweinfurt Dimitar Panov und er hat sein Orchester gut im Griff. In allen Facetten weiß das Orchester zu überzeugen und lässt es zum Teil auch ordentlich swingen, den Foxtrott, den Stepp und den Blues erklingen. Leider ist das Orchester ab und zu etwas zu euphorisch dabei und überdeckt die ein oder andere etwas schwächere Gesangsstimme. Die Geschichte um das Paar Marquis Aristide und seiner Frau Madeleine, die nach einer einjährigen Hochzeitreise zurückkehren, ein bisschen flirten, was der jeweilige Partner total missversteht und dem eheerprobten Mustafa Bey, der in der Jazzkomponistin Daisy Parker sein endgültiges Glück findet, ist überzeugend auf die Bühne gebracht. Die Spieldauer ist mit knapp drei Stunden (inclusive einer Pause) jedoch schon recht lange und es hätte der Geschichte sicher gut getan, etwas zu kürzen, vor allem in den teilweise doch sehr langen Dialogen. Etliche Ohrwürmer wie „Toujour lámour“, „Es ist so schön am Abend bummeln zu gehen“, „Was hat eine Frau von der Treue“, „Ich hab einen Mann der mich liebt“ oder „Wenn wir Türken küssen“ reißen das Publikum richtig mit, es ist halt eine Revueoperette, die richtig Spaß macht. In der Rolle des Marquise Aristide de Faublas ist Michael Kurz zu hören. Er, den ich in der Vergangenheit immer mit überdurchschnittlichen Leistungen im Ohr habe, ist an diesem Nachmittag für mich etwas gebremst, es fehlt der Glanz in der Stimme, er agiert sehr zurückhaltend, auch die strahlenden Höhen kommen nicht so, wie ich es von ihm gewöhnt bin. Darstellerisch wie immer ausgezeichnet, bietet er eine grundsolide Leistung, das Tüpfelchen auf dem I fehlt für mich jedoch. Doris Langara gibt seine getreue Gemahlin Madeleine und kann mit ihrem sicheren leichten Spiel, aber auch mit ihrem klaren, frischen und sauberen Sopran voll überzeugen. Als Mustafa Bey, dem türkischen Attaché in Paris hat Stefan Fleischhacker eine Paraderolle gefunden. Mit einer tollen Spiellaune verkörpert er den vielvermählten Türken und reißt das Publikum mehr als einmal zu Lachstürmen hin. Gesanglich kann man von ihm nicht so viel vernehmen, zum einen hat er keine so durchschlagende Stimme und zum anderen übertönt ihn das Orchester teilweise gnadenlos. Als Jazzkomponistin Daisy Parker legt Jasmin Bilek einen überzeugenden Auftritt auf die Bühnenbretter. In blendender Spiellaune und sauber geführtem hohem Sopran kann sie nicht nur Mustafa Bey von sich überzeugen sondern auch das Publikum – und den Rezensenten.

Dieter Hörmann, Jasmin Bilek, Stefan Fleischhacker, Doris Langara, Michael Kurz, Mariana Lazar

Da hat es Mariana Lazar als argentinische Tänzerin Tangolita ein bisschen schwerer. Sie, die ja den armen Aristide als Femme fatale verführen soll, hat für mich persönlich nicht diese Ausstrahlung einer männermordenden Verführerin. Die sinnliche Ausstrahlung, die diese Rolle eigentlich erfordert, ist an diesem Nachmittag für mich nicht so zu spüren. Gesanglich ist sie ohne Fehl und Tadel, kann hier wieder entsprechend punkten. Als verliebter, schüchterner, draufgängerisch sein wollender aber hoffnungslos scheitender Anwalt Célestin Formant liefert Dieter Hörmann ein Kabinettstückchen ab. Ein mit viel Beifall – und dies völlig zu Recht – bedachter Auftritt. Insgesamt ein Nachmittag, der ins Blut gegangen ist, der mit seinen schmissigen Melodien, seiner farbenprächtigen Ausstattung voll überzeugen konnte. Die kleinen Anmerkungen, die ich hier etwas beckmesserisch angebracht habe, fallen kaum ins Gewicht. Lediglich der zu viele Text war nicht unbedingt nötig. Hätte man hier etwas gestrafft, wäre die Aufführung noch schmissiger geworden. Unter dem Strich kann man festhalten, dass man hochzufrieden nach Hause gegangen ist. Und das ist in der heutigen Zeit schon sehr viel.

Manfred Drescher, 10.01.2016

Fotos Eigenaufnahmen MDr