MUSICAL THEATER BASEL


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Grooves & Grubinger
Sinfonieorchester Basel (SOB), Iwona Sobotka (Sopran), Martin Grubinger (Schlagzeug), Michal Nesterowicz (Leitung)
am 18.09.19
Martin Grubinger als «Schlagzeuger» zu bezeichnen, grenzt fast schon an tiefstapelnde Bescheidenheit. Denn, das, was der mittlerweile 36jährige Musiker draufhat, geht weit über die Instrumente, welche man klassischerweise als «Schlagzeug» bezeichnet, hinaus.

Bei seinem Auftritt am jüngsten Sinfoniekonzert des Sinfonieorchesters Basel (SOB) zeigt Grubinger, dass er alles, was sich schlagen lässt, auch schlagen kann. Mehr noch – er bringt die Instrumente zusätzlich zum Singen: «Man kann eine Trommel ganz weich im Legato spielen oder hart und knöchern», meint Martin Grubinger im Programmheft. Und so machen wir an diesem Abend vertiefte Bekanntschaft mit dem Waterphone, Tototoms, Timpani, Vibraphone, Campana, Marimba, Boobams. Und dies im «Konzert für Schlagzeug und Orchester, op.77», welches der türkische Komponist Fazil Say dem «Multikperkussionisten» Martin Grubinger 2018 auf den Leib geschrieben und auch gewidmet hat. Dieses faszinierende Konzert, welches gerade erst im Kulturpalast Dresden uraufgeführt wurde, ist ein gemeinsames Auftragswerk der Dresdner Philharmonie, des Musikfests Bremen und des Sinfonieorchesters Basel. Rhythmus und Melodie reichen sich in dem fantasievollen Werk die Hand. Es sind 35 schweisstreibende Minuten, welche Komponist Say seinem Solisten abverlangt. Kein Problem für Martin Grubinger, der sich mit Radfahren, Jogging und Krafttraining fit hält. Mühelos bewegt er sich während des Konzertes zwischen seinen vielen Instrumenten und zaubert mit viel Feingefühl und mitreissendem Rhythmus herrlichste Musik aus seinen Instrumenten und macht deren individuellen Charakter dem Publikum transparent. Das Sinfonieorchester Basel unter der bewährten Stabführung von Michal Nesterowicz ist ihm dabei ein wunderbarer Begleiter und sorgt mit dem Solisten für ein aufregendes Klangerlebnis. Zusätzlich begeistert Martin Grubinger mit seiner ersten Zugabe, in welcher er mit den fünf Schlagzeugern des SOB einen Ragtime schmettert.

Etwas weniger rhythmisch, aber dennoch nicht weniger magisch geht es im zweiten Teil des Konzertabends weiter. Es erklingt die «Sinfonie Nr. 4 in vier Sätzen für grosses Orchester und Sopran-Solo, G-Dur (1900)» von Gustav Mahler. Erneut begeistert das SOB mit seiner sensiblen, leidenschaftlichen Umsetzung von Mahlers Musik. Michal Nesterowicz achtet auf die feinfühlige Umsetzung der «heiteren Gelassenheit», welcher er die schwereren, getragenen Elemente entgegenstellt. Das SOB setzt das sensible Konzept mit grossem Engagement um. Die polnische Sopranistin Iwona Sobotka bezaubert mit «Das himmlische Leben» im Finale des 4. Satzes. Die Sängerin achtet, so verrät sie uns im Programmheft, sehr auf das Wohl ihrer Stimme und hat von Anfang an darauf geachtet, dass sie eine Partie erst dann annahm, wenn die Stimme dafür bereit war. Das zahlt sich heuer sicher aus: Ihre schöne, gepflegte Stimme kommt an diesem Abend wunderbar zum Tragen, selbst wenn die akustischen Verhältnisse im Musical Theater für nicht verstärkten Sologesang nicht optimal sind. Dieser Umstand dürfte die Einschränkungen bei der Textverständlichkeit erklären.
Das Publikum bedankt sich mit grossem Applaus für diesen abwechslungsreichen Konzertabend.
Michael Hug, 23.9.2019
Handybilder vom Auto - offizielle Bilder liegen nicht vor

Premiere vom 21.11. 2017
Das Musicaltheater Basel füllt sich an jenem Abend mit einem überraschend jungen Publikum, was einen doch zum Staunen bringt, zieht man die Tatsache in Betracht, dass der höchst erfolgreiche Tanzfilm 1987 in die Kinos kam und heutzutage gerade bei den späten 60er und 70er Jahrgängen absoluten Kultstatus geniesst. Dieser DirtyDancing- „Kult“ scheint anscheinend auch auf die jüngere Generation übergeschwappt zu sein. Die Premiere findet also vor fast ausverkauftem – beinahe schon jugendlichem – Haus statt.

Es ist sehr wichtig vorwegzunehmen, dass diese Produktion von „Dirty Dancing“nicht als Musical verstanden werden darf, sondern als Bühnenshow ihre Berechtigung sucht- und auch findet. Wer also ein Musical erwartet, in welchem die gesamte Handlung gesungen wird, muss den Saal am Ende wohl recht unzufrieden verlassen. In dieser Tour-Produktion werden vielmehr die Tänze, sowie die Handlung des Filmes mit der Liebesgeschichte zwischen „Baby“ und Johnny in den Vordergrund gerückt. Es wird dem Zuschauer die Möglichkeit geboten, die Geschichte des Filmes auf eine ganz andere Art neu zu erleben und das sieht man, gerade bei den heutigen Tour-Produktionen, selten auf einem so hohen Niveau.
Die Autorin des original Drehbuches höchstpersönlich, Eleanor Bergstein, hat die gelungene Bühnen-Version des Filmstoffes geschrieben, welche das Publikum auf eine stimmige, lustige und freche Reise in die Welt des Tanzens mitnimmt. Für diese Bühnenshow wurden 20 zusätzliche Szenen hinzugefügt, welche die Geschichte und die Beziehungen zwischen den Charakteren noch weiter vertiefen. Für die Regie ist Alex Balga verantwortlich, der die Darstellerinnen und Darsteller sehr gut führt und sie authentisch wirken lässt. Es gibt auch immer wieder anrührende Momente, die leider nur sehr kurz angeschnitten werden und somit an Intensivität verlieren. Da verschenkt die Produktion ein etwas von ihrem Potenzial, denn diese hervorragend gespielten emotionalen Momente bringen einen erfrischenden Kontrast in die freche unterhaltsame Geschichte.

Es sind jedoch vor allem die genialen, halsbrecherischen Tänze, die begeistern. Diese stammen von der Choreographin Gillian Bruce. Die Tanznummern wirken sehr dynamisch und perfekt ausgearbeitet. Es ist wahrlich eine Augenweide den Akteuren und Akteurinnen bei ihren wilden Drehungen und beeindruckenden Gruppen-Tänzen auf der Bühne zuzusehen.
Die Darsteller sind allesamt überzeugend und liefern schauspielerisch eine gute Leistung. Anna-Louise Weihrauch gibt eine wunderbar naive Frances „Baby“ Housman, welche bis zum Ende hin ihre Rolle weiterentwickeln kann. Der muskulöse Maté Gyenei passt perfekt in die Rolle des Frauenhelden Johnny Castle und beeindruckt durch sein tänzerisches Können. Martin Sommerlatte als Dr. Jake Housman und Tanja Kleine als Marjorie Housman harmonieren wunderbar als Eltern und sorgen für manch anrührenden und witzigen Augenblick. Natalya Bogdanis verkörpert auf sehr schrullige Weise Lisa Houseman, die dümmliche Schwester von „Baby“. Auch Marie-Luisa Kaster beeindruckt mit grosser tänzerischer Kompetenz als Penny Johnson. Immer wieder für einen schrägen Auftritt gut sind Fritz Hille und Benjamin A. Merkl. Ersterer verkörpert den herrischen Besitzer des Hotels Max Kellerman und letzterer dessen Enkel Neil Kellerman. Tertia Botha, Konstantin Zander und Dennis LeGree sorgen in den Rollen von Elisabeth, Billy Kostecki und Tito Suarez für hochwertige Gesangseinlagen, welche live dargeboten werden. Die Musik an sich wird nicht live gespielt, sondern kommt ab Band. Ungenannt sind jetzt noch die Ensemblemitglieder, welche zum Total von 23 Personen auf der Bühne führen.

Jennifer Irwin sorgt für passende und stimmige Kostüme, Roberto Comotti für ein opulentes, wandelbares und sehr gut in Szene gesetztes Bühnenbild. Vor allem die sehr intelligent gelöste See-Szene, in welcher Johnny und „Baby“ die Hebefigur üben, gelingt sehr kreativ und humorvoll. Die beiden Darsteller befinden sich hinter einem Vorhang, auf welchen digital einen See abgebildet wird. Um die Protagonisten nun sichtbar zu machen, werden sie beleuchtet und können während grossem Schmunzeln, Seitens des Publikums, ihre Hebefiguren üben. Diese ist nur eine von vielen Szenen die im Zusammenspiel mit der Regie und dem Bühnenbild zu einer tollen Atmosphäre beitragen.
Das aussergewöhnliche Konzept der Kreativ-Teams funktioniert ausserordentlich gut. Die Produktion möchte kein billiger Abklatsch des bekannten Kinofilmes sein, sondern schafft es, etwas komplett Neues auf die Bühne zu bringen, was die Masse begeistert. Das Premieren-Publikum dankt es allen Beteiligten mit tosendem Applaus und einer Standing-Ovation.
Bilder (c) Jens Hauer
Philipp Borghesi 26.11.2017
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am 20.12.16
Der Kleine Prinz kehrt zurück
Für nur eine einzige Aufführung kommt Sasson/Sauters Meisterwerk an die Stadt am Rheinknie zurück. Eine berührende Geschichte mit viel ergreifender Musik und starken Bildern lädt in der hektischen und heuer leider auch durch den Berliner Terroranschlag gezeichnete Adventszeit zum Innehalten, Nachdenken und Versöhnen ein.
Das feinfühlige Werk wird von allen Mitwirkenden sensibel und auf höchstem Niveau umgesetzt und fesselt das Publikum von der ersten bis zur letzten Minute. Das Produktionsteam hat zwischen der vergangenen und der nun laufenden Tournee das Stück vor allem optisch aufgepeppt. So wurden die Videosequenzen (Daniel Stryjecki) erweitert und perfektioniert und bilden nun zusammen mit dem fantastischen Licht von Fabian Thomsen mit den wenigen Requisiten auf der Bühne ein gewaltiges, beeindruckendes Bühnenbild (Rafal Knorowski). Optisches Highlight bildet da die Szene im Rosengarten, in welcher Darsteller, Requisiten und Videoeinspielung perfekt magisch miteinander verschmelzen.

Deborah Sassons Musik (in der Orchestrierung von Matthias Suschke) und Jochen Sautters Libretto bleiben eingängig und gefällig. Sie vermögen vor allem in den stillen, traurigen und melodramatischen Nummern tief zu ergreifen. Dazu trägt natürlich das kleine aber mit hörbarer Spielfreude agierende Orchester hinter der Kulisse unter der Stabführung von Aleksandra Kulpa wesentlich bei. Die akustische Verstärkung und Mischung des Orchesters (Sounddesign: Stefan Rudolph) klappt perfekt und so gelangt differenzierter, farben- und facettenreicher Orchestersound an des Hörers Ohr.
Grossartiges leisten sämtliche Darstellerinnen und Darsteller auf der Bühne. Alle sind mehrfach besetzt und auch als Cover eingesetzt. Die zwölf Aufführenden brillieren in Tanz, Darstellung und Gesang. Dem Regisseur und Choreographen Jochen Sautter gelingen sowohl witzige Einzel- als auch gefällige, raumfüllende Gruppenchoreographien, was in Anbetracht des eher kleinen Ensembles sicher eine besondere Herausforderung darstellt. Dem Ensemble gelingt eine ausgezeichnete Umsetzung mit hoher tänzerischer Präzision. Besonders witzig gerät der Steptanz des Laternenanzünders, meisterhaft von Isabel Waltsgott dargeboten. Akrobatik und Gesang verbindet Nicole Ciroth als Schlange vorzüglich.

Ulrike Ahrens, die Rose, tanzt fast durchgehend auf der Spitze, was an sich schon eine schmerzhafte Angelegenheit ist, und singt dazu in dieser unbequemen Situation ihr musikalisch sehr anspruchsvolles Solo „Ich bin zum Verlieben“ sowie das Duett mit dem Prinzen „Ich bitte dich“ glaubwürdig kokett und bezaubernd.
Gregor Rozkwitalski gefällt als Säufer, der buchstäblich an seinen Flaschen hängt, Ari Gosh begeistert mit viel zungenbrecherischem Schalk als König. Als eiskalt kalkulierender Geschäftsmann brilliert Daniel Hauser. Philipp Phung legt als Eitler eine kesse spanische Sohle auf die Bühne, unter anderem begleitet von Anna Friederike Wolf. Ein witziges Intermezzo bietet Dominik Hauser als Pillenhändler.
Der Pilot ist mit Guido Weber wunderbar besetzt. Der Bariton weist ein beachtliches Repertoire in Oper, Operette, Lied und Oratorium aus und verleiht so seinen Gesangsnummern baritonal-dramatischen Glanz.
Absolut berührend gelingt Johanna Mucha der Fuchs. Sie zeigt die Zähmung des Fuchses mit flinken feinen Bewegungen absolut glaubwürdig und begeistert zusammen mit dem Prinzen im Duett „Man sieht mit dem Herzen“. Dieser Song hat übrigens absolutes Hitpotential!
Moritz Bierbaum MUSS vom Asteroiden B612 kommen – er „spielt“ den Kleinen Prinzen nicht – er IST es! Der sensible junge Künstler verleiht der Titelfigur sämtliche Züge, welche den Prinzen so bezaubernd, liebenswert und berührend machen. Seine glockenklare, ausdrucksstarke Stimme führt Moritz Bierbaum mit grosser, echter Emotion durch die Songs und Duette und verleiht so der Musik einen ganz besonderen Glanz. Bei „Die Sterne der anderen schweigen“ und natürlich beim Duett mit dem Fuchs rührt der junge Ausnahmesänger zu Tränen. In der Darstellung zeichnet Moritz Bierbaum den Prinzen als neugierigen, jedoch nie aufdringlichen, dafür scharf beobachtenden Jungen – so, wie man ihn sich eben vorstellt, wenn man Antoine de Saint Exupérys Meisterwerk liest. Es ist Moritz Bierbaum zu wünschen, dass er bald bei den Reihen der ganz Grossen der Branche Fuss fassen kann – er ist überirdisch gut!
„Der Kleine Prinz“ – bleibt zu hoffen, dass dieses bezaubernde Musical-Juwel auf seiner Reise den Weg ins Musicaltheater Basel möglichst bald wieder findet!
Bilder Musicaltheater / Esser
Michael Hug 4.1.2017
Besonderer Dank an unseren Kooperationspartner MERKER-online (Wien)