
Am 15. Juni öffnen sich die Pforten des RWE Kraftwerks in Heimbach für das traditionsreiche Kammermusikfestival „Spannungen“. Im 27. Jahr seines Bestehens zum dritten Mal ohne Lars Vogt, den früh verstorbenen Gründer und die künstlerische Seele des Festivals. Es war der ausdrückliche Wunsch von Lars Vogt, aber auch seiner Familie, dass das Festival, das ihm in der Nähe seiner Geburtsstadt Düren so sehr am Herzen gelegen hat, mit der gleichen Energie und Qualität fortgesetzt werden sollte.

Für die namhaften Musikerinnen und Musiker, die sich mittlerweile zu einer „Heimbach-Familie“ gefunden haben, wie auch für den organisatorisch federführenden „Arbeitskreis Spannungen im Kunstförderverein Düren“ war es eine Selbstverständlichkeit, diesem Wunsch nachzukommen. Seit letztem Jahr hält der Geiger Christian Tetzlaff als künstlerischer Leiter die programmatischen Fäden in der Hand. Ein Urgestein des Festivals, das zusammen mit seiner Schwester, der Cellistin Tanja Tetzlaff, seit der ersten Stunde dabei ist. Er und die ebenfalls zur Kernmannschaft zählende Geigerin Antje Weithaas verbrachten auch die letzten Stunden am Sterbebett ihres Freundes Lars Vogt.
Dass Stars wie die Klarinettistin Sharon Kam, die Geigerin Isabelle Faust, der Cellist Gustav Rivinius, das Klavier-Duo Danae & Kiveli Dörken und viele andere quasi unentgeltlich jedes Jahr wieder für mehrere Tage in die Eifelstadt Heimbach am malerischen Rursee kommen, liegt nicht zuletzt an der familiären Atmosphäre, den entspannten Probenbedingungen und dem Reiz, Kammermusik in unterschiedlichsten Besetzungen ausprobieren zu können.
Acht Hauptkonzerte sowie ein Familien- und ein Kinderkonzert, Konzertwanderungen mit Schülern, öffentliche Proben und Werkeinführungen stehen auch in diesem Jahr vom 15. bis 22. Juni auf dem Programm. Christian Tetzlaff stellt das Kammermusikfest diesmal unter das Motto „Das Echo der Zeit“ – inspiriert von dem gleichnamigen Buch von Jeremy Eichler (Klett-Cotta-Verlag). In der Ankündigung heißt es: „In den Programmen der Konzerte werden Kompositionen zu hören sein, die über lange Zeiträume hinweg Gefühle, Erinnerungen und geschichtliche Situationen wieder erlebbar machen.“ Christian Tetzlaff schreibt dazu: „Das Motto bringt zum Ausdruck, dass Kompositionen mehr sind als nur ‚tönend bewegte Form‘. Sie sind Zeitzeugnisse und lebendiger Ausdruck ihrer Entstehungszeit.“

Das schlägt sich u.a. in mehreren Werken des „Theresienstädter Kreises“ nieder. Also Komponisten wie Viktor Ullmann, Hans Krása, Pavel Haas oder Gideon Klein, die ihre letzten Werke im Vorzeige-KZ Theresienstadt schrieben, bevor sie in Vernichtungslager deportiert und umgebracht wurden. Auch die Wechselbäder von Anerkennung und Verfolgung, die Dmitri Schostakowitsch unter dem Damokles-Schwert Stalins erleiden musste, finden in mehreren Werken ihren Niederschlag. Nicht vergessen wird der Blick auf Komponistinnen, von denen neben Clara Schumann auch die englische Komponistin, Dirigentin, Schriftstellerin und Frauenrechtlerin Ethel Smyth berücksichtigt wird. Auch die widersprüchliche Haltung von Richard Strauss im Dritten Reich wird hinterfragt.

Als „Composer in Residence“ präsentiert sich diesmal der 1983 in Südkorea geborene Komponist Donghoon Shin mit zwei Werken, darunter eine Uraufführung.
Insgesamt 22 Musikerinnen und Musiker werden die anspruchsvollen, vom Deutschlandfunk mitgeschnittenen Konzerte im Jugendstilkraftwerk stemmen. Lars Vogts älteste Tochter Isabelle Vogt wird u.a. als Moderatorin des Familienkonzerts dabei sein.
Pedro Obiera, 15. April 2025
Informationen unter: www.spannungen.de