Kontrapunkt: „Wir müssen draußen bleiben!“

Stroboskop-Blitzgeräte waren in meiner Jugend in den 60ern der letzte Schrei. Keine Diskothek ohne Blitzer. Später, viel später, stellte man fest, daß diese Geräte gesundheitsschädlich sein können: Beeinträchtigung körperlichen Befindens (Kopfschmerzen, Unwohlsein), insbesondere Gefahr von epileptischen Reaktionen. Das betrifft Menschen mit photosensitiven Epilepsien. Heute ist das Standard der Forschung und gesichertes ärztliches Wissen.
Seit über 30 Jahren sollten daher Stroboskop-Effekte absolut out sein! Bei Filmen und Serien erfolgt inzwischen immer ein entsprechender Warnhinweis. Es drohen ansonsten hohe Schadenersatzforderungen.

In der Oper bedeutet das für Epileptiker: WIR MÜSSEN DRAUSSEN BLEIBEN! Ich frage mich, welcher Intendant so etwas überhaupt zulässt, und warum.
Gerade der Düsseldorfer Intendant, der ja vor Jahren den umstrittenen KZ-Tannhäuser sofort nach der Premiere absetzte, weil es vorgeblich einigen Besuchern angesichts der Blutströme schlecht wurde und sie sich danach, wie verlautet „in ärztliche Behandlung begeben mussten“, sieht anscheinend heute keine Probleme in der neuen Nabucco-Produktion. Warntafeln vor Ort und Hinweise im Programmheft sollen es richten.
Blöd jetzt für alle Epileptiker, die sich unwissend eine Karte für den Düsseldorfer Nabucco gekauft hatten. Sie waren vergeblich gekommen. Ist das Oper für alle?

Natürlich müssen Hunde draußen bleiben, wenn sie nicht auf der Bühne mitspielen – das versteht jeder. Aber auch Zuschauer, die Epileptiker sind? Das versteht keiner.
Man riskiert die Gesundheit der Besucher für billige und zeitlich längst überholte Effekte. Na danke!

Peter Bilsing, 19. September 2024

Hrg. DER OPERNFREUND

PS:
Opernfreund-Leser werden ab sofort durch ein Redaktions-PS über solch mögliche Gefahren in Kenntnis gesetzt, falls es der Kritiker übersehen hat. Ich halte das als Herausgeber für sehr wichtig. Mit der Gesundheit der Opernbesucher spielt man nicht!