Heidelberg: „Der fliegende Holländer“

Vorstellung am 14.4.2016

Neuinszenierung

In der Holländer-Neuinszenierung kommt es der Regisseuse Lydia Steier in erster Linie darauf an, eine Gesellschaft mit großer Lust auf Militarisierung zu zeigen. Vielleicht als gebürtige US-Amerikanerin fällt dabei ihre Wahl auf eine ameikanische Elite-Kadettenschule, in der die Kadetten auch gleich in den Uniformen der Landesfarben und bevorzugt kurzen Hosen gekleidet sind (Kost.: Gianluca Falaschi). In der Eingangsszene werden sich s.w.-Filme vom D-Day im 2.Weltkrieg mit den Siegen der Amerikaner angesehen, vom immer wieder aufbrausenden Applaus der Kadetten begleitet. Gleichzeitig vermittelt dieses Gebaren Leichtigkeit und Witzigkeit unter dem Onkel-haften Stabsadmiral Daland, der Krieg wird eher als Spiel denn als Ernst wahrgenonmmen.

Die Bühne von Susanne Gschwender zeigt einen Unterrichtsraum mit Sitzpulten, links vorn Film-, Videoleinwand, daneben erhöht ein kleiner Schreibtisch des Klassenlehrer-Admirals, daneben die US-Flagge. Einen kleiner Kontrapunkt bildet nun die Steuermannsszene, der als Außenseiter dieser Hurra-Gemeinschaft gesehen wird, indem er auch seinem Lied einen eher larmoyanten Ton verleiht und an dessen Ende in großes Weinen ausbricht. Degegen wird im 2.Aufzug die lustig verspielte Sphäre bruchlos fortgesetzt, wenn nun „Kadettinnen“ in ähnlichen Uniformkostümen auftreten, und alle kleine Raketen in den Händen haben, an denen sie herumschrauben. Alle tragen zudem blonde Marilyn Monroe-Frisuren und blaue Schiffchen darauf. Dazu werden später erst mittel-, dann ganz große Raketen hereingefahren, auf die sich einige Kadettinnen, indem sie sich sexy ihre Röcke hochziehen, daraufsetzen und quasi auf ihnen reiten.

Auch Eric ist ein eher kriegsmüder Außenseiter und wird von den Mädchen verspottet. Der Holländer wird als alter Kapitän mit braunem pelzbesetztem Seemannsmantel eingeführt, er wird ihm aber von den Kadetten zugunsten einer ihrer blaurot-weißen Uniformen ausgezogen. Er stellt letztlich mit seinen kaum sichtbaren Kumpanen eine verlotterte ‚vorkriegshafte‘ Bewegung dar, die aber am Ende des lustig inszenierten Steuermannschor doch Angst einzuflößen vermag, indem dann auch das Ambiente in sich einstürzt, und dahinter eine dunkle wellenreiche Meeresprojektion sichtbar wird. Mit diesem einbrechenden Chaos, wo in einer Orgie mit den Wellen letzte Hüllen fallen, gibt sich Senta final eine Kugel. Insofern ist Steier, was die Beziehreung zum Holländer betrifft, wieder ganz nah an der Wagner’schen Sichtweise.

Das Orchester und der Dirigent Elias Grandy legen eine stattliche Aufführung hin. Bei oft eher verhaltenen Tempi gibt es schon im Vorspiel immer wieder rasante Zuspitzungen, selten hat man ‚turmhohe Wellen‘ so schäumen gehört. Die hohen Streicher haben zu Beginn einen wunderbar fulminanten ‚Auftritt‘. Auch die neckisch empfundenen ‚Spinnerinnen‘ fügen sich großartig ein, die Holländererzählung ist spannend aufgebaut end endet in schierer Dämonie. Einem maskulin derbem Matrosenchor steht ein gewitzt-süffiger bis schneidiger Damenchor gegenüber (E.: Anna Töller). Der Steuermann ist mit manchmal leicht piepsigem Tenor Sang-Hoon Lee, der aber auch heftig einstecken muss. Eine drall komische Mary gibt der Mezzosopran Barbara Dorothea Link. Den Daland mit weißgepuderten Haaren gibt ganz köstlich Wilfried Staber, scheint’s liegt ihm Wagner noch nicht so wie Mozart, im Duett legt er aber bassal zu.

Ein stimmlich guter Eric ist Pedro VelasquezDiaz, der gut dosiert butterweiche Spitzentöne ansetzt. Einar Sigurdarsson als ‚Kavaliersbariton‘ ist aber seine große Konkurrenz bei Senta, auch wenn er außer seinem ganz belcantischen Holländer nichts extra Dämonisches mitzugeben hat.Katrin Adel überrascht als letztlich triumphierende Senta. Die derzeit in St.Gallen singende Österreicherin hat eine dramatisch glänzenden obertönig plastischen Sopran zu bieten, der sie in die höchsten Phrasen trägt.

Bilder (c) Annemone Taake

Friedeon Rosén 17.4.16

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