Im April 2020 fiel bereits das einstudierte Musical „Grand Hotel“ dem Corona-Lockdown zum Opfer, so dass sich der letztjährige Abschlussjahrgang leider nicht wie üblich einer breiten Öffentlichkeit präsentieren konnte. Seitdem hält das Virus die Welt und somit auch den gesamten Kultursektor fest im Griff. Entsprechend musste nun auch das Programm der Bachelor-Abschlüsse Gesang 2021 des vierten Studienjahrgangs ins Internet „verlegt“ werden. In einer Online-Präsentation sangen, tanzten und spielten die sechs Studierenden am 13. Februar 2021 erstmalig in einem öffentlichen Livestream via YouTube für die zwischenzeitlich über 830 Zuschauer des Livestreams.
Im ersten Teil des gut zweistündigen Programmes präsentierte sich jeder Absolvent mit drei ausgewählten Songs, begleitet wurden die einzelnen Stücke überwiegend von Prof. Patricia Martin am Piano. Aber auch Keyboard, Gitarre, Reeds, Bass und Schlagzeug begleiteten den eindrucksvollen Abend. Den Beginn machte Sophia Riedl mit der „Reise durch die Zeit“ aus dem Musical „Anastasia“. Beim Stück „Sagts nicht Mama“ aus „Cabaret“ konnte sie dann auch ihre schauspielerischen Qualitäten zeigen, bevor „Wenn die Geige sang“ aus „Doktor Schiwago“ den ersten Block sehr schön abschloss, da Sophia Riedl hier neben dem Gesang auch noch die Geige selber spielte. Allgemein waren die Stücke so gewählt, dass im ersten Lied der Gesang im Mittelpunkt stand, im zweiten Werk das Schauspiel dazu kam und ein dritter Song dann die jeweiligen Qualitäten der darbietenden Künstler nochmal besonders hervorhob. So auch bei Michael Berres, der mit dem eher unbekannten Stück „Sibella“ aus „A Gentleman´s Guide to Love and Murder“ sowie „Lass mich nicht geh´n“ aus „Shrek“ und „Fremder“ aus „Big Fish“ überzeugen konnte. Bei „Fremder“ fiel insbesondere die glaubhafte Spielweise und das Zusammenspiel mit der Kamera positiv auf. Myriam Akhoundov zeigte gleich zu Beginn mit „Frau“ aus dem leider nur sehr selten gespielten Musical „The Pirate Queen“ von Claude-Michel Schönberg und Alain Boublil die starke emanzipierte Frau. Mit „Hit me with a hot note“ aus der Duke-Ellington-Revue „Sophisticated Ladies“ wurde ein eher klassisches Broadway-Stück gewählt, welches sehr gut zur Stimme von Myriam Akhoundov passte. Den Abschluss ihres Parts übernahm „Ruhig“ aus Lin-Manuel Mirandas „In The Heigts“, allerdings war die Darbietung aller drei Stücke dank der guten tänzerischen Fähigkeiten alles andere als ruhig.
Stimmlich gewaltig und absolut mitreißend eröffnete Frank-Leon Petzold mit „Heaven on their Minds“ aus „Jesus Christ Superstar“ seinen Block. Es folgte ein kleiner Exkurs, weg vom Musical hin zum Musik-Kabarett in Form der bekannten Nummer „Ja, Schatz!“ von Bodo Wartke, die hier sehr komödiantisch aufgeführt wurde. In der Schlussnummer „Was ich mit Liebe soll“ aus dem Musical „Thoroughly Modern Millie“ stellte Frank-Leon Petzold zudem seine Stärken im Stepptanz unter Beweis. Auch Zoe Staubli eröffnete ihr kleines Programm gesanglich sehr stark mit „Milady ist zurück“ aus dem Musical „Die 3 Musketiere“. Ihr vielfältiges Talent stellte sie anschließend mit den gänzlich anderen Stücken „Twenty Four Hours of Lovin“ aus „The Best Little Whorehouse in Texas“ sowie „Burn“ aus dem derzeit vielleicht angesagtesten Musical „Hamilton“ unter Beweis. Lukas Mayer wählte zu Beginn das bekannte „This is the Moment“ aus Frank Wildhorns „Jekyll and Hyde“. Sicherlich keine leichte Aufgabe, die er allerdings bravourös bestand, nicht nur wegen des perfekt getroffenen Schlusstons. In „Ich hab geweint heut Nacht“ stand ihm im Spiel mit der leeren Weinflasche die Verzweiflung ins Gesicht geschrieben. Den Abschluss bildete mit „You´ll be back“ erneut ein Stück aus „Hamilton“ bei dem dann vor der kurzen Umbaupause auch alle sechs Darsteller noch einmal gemeinsam auf der Bühne standen.
Nach der Pause folgten noch sechs weitere Highlights des Abends, denn in kurzen szenischen Darbietungen konnten die Studenten noch einmal in der Kombination von Gesang, Tanz und Schauspiel zeigen, welchen hervorragenden Abschlussjahrgang die Folkwang Universität der Künste einmal mehr ausgebildet hat. Unter der szenischen Leitung von Prof. Gil Mehmert zeigte Sophia Riedl eine ganz wunderbare Collage aus „My Fair Lady“. Michael Berres präsentierte anschließend ein überzeugendes „Ich wär so gern ein Producer“ aus Mel Brooks Hitmusical „The Producers“. In einer Collage mit Werken aus „AIDA“ von Elton John und Tim Rice zeigte Myriam Akhoundov einmal mehr ihr Gesangstalent. Auch die Darbietungen von Frank-Leon Petzold aus dem Musical „The Life“ und Zoe Staubli aus „Meangirls“ konnten vollständig überzeugen. Mit einer ganz besonders bezaubernden Collage aus „On the Town“ von Leonard Bernstein rundete Lukas Mayer den Abend passend ab. Hier, wie auch in einigen Präsentationen zuvor, nahmen auch die jeweils anderen Studenten an den kleinen szenischen Darbietungen teil, so dass auch am Ende des zweiten Teils wieder alle sechs Darsteller gemeinsam auf der Bühne standen, um den leider nur virtuell eingespielten Schlussapplaus in Empfang nehmen zu dürfen. Zu hoffen ist, dass im Laufe der jeweiligen Karriere noch sehr viele richtige Schlussapplaus-Auftritte folgen werden, denn alle sechs haben mit dieser Präsentation bewiesen, dass man sich die Namen merken sollte.
Aktuell ist Abschlusspräsentation noch über die Homepage der Folkwang Universität abrufbar, für alle die sich hier ein eigenes Bild machen wollen oder in Zeiten des Corona-Virus auch einfach mal für zwei Stunden der Musik lauschen möchte.
Markus Lamers, 16.02.2021
Fotos: © Felix Rabas