Opernfreund-Stern: „Die Passagierin“ am Nationaltheater Weimar

Der OPERNFREUND-STERN geht an das Nationaltheater Weimar für eine einfach nur phantastische, in jeder Beziehung grandiose Neuproduktion von Weinbergs Die Passagierin. Schon die Oper selbst ist etwas ganz Besonders. Ohne Zweifel handelt es sich bei ihr um die bedeutendste Oper der Jetztzeit. Sie zu erleben, ist immer wieder ein Ereignis. Und erst recht, wenn sie so hervorragend auf die Bühne gebracht wird wie am Nationaltheater Weimar. Die Weimarer Produktion ist die beste, die ich von Weinbergs Passagierin bisher gesehen habe. Und ich habe schon viele gute Passagierin-Produktionen erlebt. Misslungen war noch keine einzige. Regie, Bühnenbild, musikalische und gesangliche Leistungen gingen in Weimar eine Symbiose von enormem Glanz ein. Die Inszenierung von Jossi Wieler und Sergio Morabito (Regie) und Anna Viehbrock (Bühnenbild und Kostüme) war ausgesprochen modern, bestens durchdacht, sehr innovativ und äußerst spannend auf die Bühne gebracht. Das Regieteam deutet das dramatische Geschehen als Totengericht und siedelt das Ganze in einem dem Frankfurter Bürgerhaus Gallus, in dem Anfang der 1960er Jahre der Frankfurter Auschwitz-Prozess stattfand, nachempfundenen Saal an. Hier steht die ehemalige KZ-Aufseherin Lisa vor Gericht. Nicht nur Marta tritt als Zeugin auf. Nacheinander erheben sich alle ihre wie tot am Boden liegende Leidensgenossinnen und treten gleichsam in den Zeugenstand. Hier berichten sie von ihren ausgeprägten Leiden im KZ und von Lisa Beteiligung an den Gräueltaten von Auschwitz. Dieser Ansatzpunkt der Regie war in hohem Maße überzeugend und mit Hilfe einer stringenten Personenregie auch sehr kurzweilig umgesetzt. Ein Ereignis war auch das Dirigat von Roland Kluttig. Stellvertretend für das beeindruckende Ensemble seien hier nur Sarah Mehnert (Lisa), Emma Moore (Marta), Taejun Sun (Walter) und Ilya Silchuk (Tadeusz) genannt, die alle über ganz famose, italienisch geschulte Stimmen verfügten. Diese hochkarätige Aufführung, die sicher einmal in die Annalen des Nationaltheaters Weimar eingehen wird, hat sich die Auszeichnung mit dem OPERNFREUND-STERN mehr als verdient. Herzliche Gratulation dazu!

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Ludwig Steinbach, 9. April 2025

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