Besuchte Vorstellungen am 14., 15. und 16.09.2018
Schwungvoll und beschwingt reißen die Bad Reichenhaller Philharmoniker unter GMD Christian Simonis die Besucher mit
Die letzten beiden Jahre hat die deutsche Johann Strauss Gesellschaft jeweils ihre Jahreshauptversammlung in Bad Reichenhall abgehalten und dies mit dem Besuch der Strauss Tage verbunden. In diesem Jahr hat man bereits im Frühjahr die Versammlung in Coburg abgehalten, ließ es sich aber nicht nehmen auch wieder zu den Strauss Tagen, die ab diesem Jahr Strauss Festival heißen, zu fahren und man hat dies auch in diesem Jahr in keiner einzigen Sekunde bereut. Ein wahres Feuerwerk an musikalischen Eindrücken prasselte auf die Zuhörer in den ausverkauften drei Vorstellungen nieder und der Vorstand beschloss spontan, im nächsten Jahr wieder zu kommen und zum dritten Mal die Jahreshauptversammlung hier in Bad Reichenhall abzuhalten. Ein Novum in der langen Geschichte der Gesellschaft, aber bei diesem Programm, zusammengestellt vom Vorstandsmitglied der Deutschen Johann Straussgesellschaft Christian Simonis, muss man einfach diese Entscheidung treffen, um noch mehr Mitgliedern dieses einmalige musikalische Ereignis anbieten zu können. Man wird also 2019 wieder hier sein und auch für 2020, hat man bereits erneut zugesagt, dann jedoch wieder ohne Mitgliederversammlung. Ich glaube dies allein zeigt schon den Stellenwert, den Bad Reichenhall und die Philharmoniker unter Christian Simonis im musikalischen Bereich einnimmt, auf jeden Fall eine ausgesprochene Sonderstellung, die mit tollen musikalischen Erlebnissen für jeden, der hier dabei sein darf, verbunden ist. Auch in diesem Jahr gibt es keinerlei Ausfall, fröhlich, musikalisch enorm bereichert, gut gestimmt und erwartungsvoll für das nächste Jahr verlässt man den Kurort, aber nur, um 2019 wieder in musikalischen Erlebnissen zu schwelgen.
Den Auftakt macht am 14. September 2018 im Theater Bad Reichenhall die halbszenische Aufführung von Franz Lehár´s „Das Land des Lächelns“ und die Regie liegt, wie vor zwei Jahren, in den bewährten Händen von Prof. Wolfgang Dosch , der auch für die Fassung zuständig ist und es sich nicht nehmen lässt, sowohl in der Rolle von Fu-Li, dem Sekretärs der chinesischen Gesandtschaft und auch als Obereunuch praktisch als roter Faden die Aufführung zu begleiten. Er legt hier seine ganze Erfahrung, seine Liebe und Hingabe zur Operette und sein Gespür für das machbare für das Publikum mit hinein, dass man einfach die ihm eigene Professionalität in höchsten Tönen loben kann, nein muss. Mit einfachsten Mittel steigt er in die zartsüßbittere Liebesgeschichte ein. Er erzählt sie schnörkellos, ohne großen Aufwand, ohne Bühnen-dekorationen, nur mit Lichteffekten spielend, verlangt dadurch natürlich von den Zuhörern eine ganze Menge, ohne sie jedoch zu überfordern und zieht die ganze Aufmerksamkeit auf das Wesentliche, die herrliche Musik und macht dies so leidenschaftlich, so voller Wärme und innerer Zuneigung zur Operette und den Beteiligten, dass man diese Leistung nicht hoch genug loben kann. Der Regisseur, ausdrucksvoller Sänger und Wissenschaftler ist mit seiner ganzen Leidenschaft, seinem gestalterischen Feuer, seinem unnachahmlichen Spiel und seinem ganzen Herzblut dabei (und dies zeigt er eindrucksvoll auch am nächsten Tag bei der Operettengala) und lässt dabei den faszinierten Zuschauer und – hörer fast vergessen, dass es sich „nur“ um eine halbszenische Aufführung handelt. Und wie vor zwei Jahren steht ihm auch heuer ein weiterer großer Glücksfall zu Seite. Er hat erneut das wunderbare Orchester mit seinem leidenschaftlichen Dirigenten und eine Sängerschar vom Feinsten zur Verfügung, die einfühlsam und einprägsam eine der wenigen Operetten ohne Happyend, wenigstens für zwei der Hauptakteure, dem Publikum begeisternd zu Gehör bringen. Das Publikum im ausverkauften Raum Hochstaufen des Theaters Bad Reichenhall jedenfalls ist mehr als zufrieden, viel Mitgehen, Mitleiden, Mitsummen, viel Zwischenapplaus und am Schluss ein kaum endendes begeistertes Dankeschön an alle Beteiligten, ein fast nicht enden wollender Schlussapplaus, der zeigt, dass man hier in Bad Reichenhall den richtigen Weg gewählt hat. Der Einstieg in das diesjährige Strauss Festival ist jedenfalls mehr als gelungen. Die Bad Reichenhaller Philharmoniker sind am Auftaktabend hervorragend eingestimmt und mehr als blendend aufgelegt, das verliert sich auch in den folgenden Tagen nicht und sie spielen mit großer Freude, akkurat, sängerfreundlich und ohne Fehl und Tadel. Sie bringen die manchmal etwas süßliche, aber wunderschöne Musik Lehar´s voll zur Geltung und ihr Leiter, der geborene Wiener Chefdirigent
Christian Simonis zeigt wieder einmal beeindruckend, wie sehr ihm die Musik in jeder Faser seines Körpers steckt, er hat im kleinen Finger mehr musikalisches Ausdrucksvermögen, wie mancher Kollege nicht in seinem ganzen Körper. Man merkt ihm jede Sekunde an, mit welcher Leidenschaft, welchem Feuer, welcher musikalischen Sensibilität, mit welchem Enthusiasmus und mit welchem Elan er seine Musiker zur Höchstleistung bringt. Beide, die Philharmoniker und ihr kongenialer Chefdirigent verschmelzen zu einer Einheit und man merkt ihnen die Freude an, an dem, was sie dem begeisterten Publikum bieten, auch aus ihren Herzen heraus. Man freut sich einfach nach Bad Reichenhall zu fahren und dieses musikalische Erlebnis in sich aufnehmen zu dürfen.
Die Geschichte der Operette selbst ist relativ schnell erzählt. Lisa, die Tochter von Graf Ferdinand Lichtenfels, die eigentlich hier in Wien ihren Freund Gustl von Pottenstein heiraten will, verliebt sich unsterblich in den zu Besuch seienden Prinzen Sou Chong und folgt ihm, trotz aller Warnungen, ins ferne China, als er überraschend aus Wien abberufen wird. In China freundet sie sich mit Mi, der Schwester des Prinzen an, bringt ihr viel Westliches bei, was dem gestrengen Oheim Tschang gar nicht gefällt und als Sou Chong, drei Frauen heiraten soll und will, weil dies hier in China so Sitte ist, hält es Lisa nicht mehr aus, das Heimweh und die Schmach in China als Mätresse behandelt zu werden sind zu tief und zu schmerzhaft. Sie will Sou Chong verlassen, der sie jedoch nicht gehen lassen will. Der inzwischen in China angereiste Graf Gustl, hat einen kleinen Flirt mit Mi, die dies viel ernster nimmt als er, aber sie verhilft trotzdem Lisa und Gustl zur Flucht. Diese wird jedoch entdeckt und der Prinz beweist sein großes Herz und seine Liebe für Lisa und lässt sie mit Gustl zurück in die Heimat nach Wien ziehen. Er selbst bleibt mit seiner Schwester Mi, die ebenfalls todtraurig ist, zurück und das leise wehmütige Lied „Denn wies da drinnen aussieht, geht niemand was an“, ist der Schlusspunkt der unglücklichen Liebe. Ja, wieder einmal eine der ganz wenigen Operetten, bei denen viele Damen im Publikum (vielleicht auch einige Herren?) mit Tränen in den Augen aus der eigentlich fröhlichen Operette gehen. Aber das Leid und der Schmerz wird halt hier gar zu schön zu Gehör gebracht – und man kann so toll bei der einzigartigen wunderschönen Musik mitleiden.
Hanbyul Jeung-Michael Weiland
Prinz Sou Chong wird von dem südkoreanischen Tenor Wonjong Lee gesungen und gespielt, der vor zwei Jahren schon beeindruckend den Zarewitsch interpretiert hatte. Damals eine tolle Leistung, aber an diesem Abend setzt er dem Ganzen noch die Krone auf. Er hat in der Rolle des chinesischen Prinzen eine Traumrolle gefunden und so interpretiert er sie auch. Mit leuchtendem strahlendem Tenor, der keinerlei Höhenunsicherheiten kennt, der metallisch zu glänzen in der Lage ist, aber auch warm und gefühlvoll sich zurücknehmen kann, ist er der Inbegriff einer Interpretation vom Feinsten, die in dieser Form sehr selten sein dürfte. Frenetischer Beifall zeugt davon, dass auch das Publikum von dieser mehr als rollendeckenden Darstellung beeindruckt ist und viele Bravorufe zeigen ihm, wie sehr das Publikum seine exzellente Interpretation anerkennt. Beim Zarewitsch war er sehr gut, heute beim Prinzen ist er außergewöhnlich. In dieser Form wird er seinen Weg problemlos weitergehen können, ich jedenfalls würde ihn sehr gerne wiedersehen und hören. Seine angebetete Lisa wird von der gebürtigen Grazerin Dorit Machatsch verkörpert, sie ist nicht nur ein optischer Hingucker, der das Herz so manches männlichen Operettenbesuchers etwas schneller schlagen lässt, sie kann auch mit ihrem klangvollen, feurigen und jede Situation meisternden Sopran nicht nur das Herz des Prinzen betören, sondern auch das des Publikums. Temperamentvoll, feurig und leidenschaftlich durchlebt sie die Rolle der Lisa von „himmelhochjauchzend bis zu Tode betrübt“ in allen Facetten eindrucksvoll. Ihr weiches zartes und dennoch durchsetzungsfähiges gefühlvolles Timbre weiß zu überzeugen und das Publikum belohnt es mit großen Beifallsbekundungen. Nicht nur in den Soli weiß sie zu überzeugen, auch in den Duetten, vor allem mit ihrem Prinzen ist sie eine Ausnahmeerscheinung. Als Prinzessin Mi ist erstmalig auf einer Theaterbühne Hanbyul Jeung zu erleben. Und ich habe nach der Aufführung bei ihr nachgefragt, weil ich es einfach nicht glauben konnte, aber es ist so. Die kleine zierliche Südkoreanerin agiert auf den Brettern, die die Welt bedeuten, als wenn sie dies schon jahrelang tun würde. Ihr warmer, sehr beweglicher und ausdrucksstarker, quirliger Sopran weiß in jeder Sekunde voll zu überzeugen, dazu kommt ein leidenschaftliches Spiel, welche die Person der Mi, die ja immer etwas zurückhaltend angelegt ist, weiter aufwertet. Sie sprüht eine schier überbordende Lebensfreude aus und ist ein weiterer hervorragender Aktivposten in dieser Aufführung. Wenn dies ihr erster Auftritt war, dann möchte ich sie einmal in ein, zwei Jahren erleben und sehen, wie eine Steigerung von einer bereits über dem Durchschnitt liegenden Leistung noch möglich ist. Ein ganz großes Bravo an diese blutjunge reizende Sopranistin, von der ich gerne mehr hören möchte.
Alois Walchshofer – Wonjong Lee – Dorit Machatsch
Als Graf Gustl ist der gebürtige Wiener Bariton Michael Weiland zu sehen und zu hören. Mit vollmundigem, kräftigem und beweglichem Bariton gibt er der Rolle die nötige Würze und kann auch, vor allen in den Duetten mir Hanbyul Jeung punkten. Eine Leistung ohne Fehl und Tadel. Der aus Linz in Oberösterreich stammende Bariton Alois Walchshofer ist sowohl als Graf Ferdinand, der Vater von Lisa, als auch als Oheim des Prinzen zu sehen und zu hören. Wenn er auch an diesem Abend nicht zum Singen kam, verkörperte er die beiden Sprechrollen doch mit der ihm eigenen Art, jede Pointe sitzt, die Übergänge werden transparent gemacht, er ist einfach ein Charmeur der alten Schule, dem das Theaterblut aus jedem Knopfloch lacht. Er ist bei jedem Auftritt eine Bereicherung. Eine Bereicherung wie auch der Tausendsassa Wolfgang Dosch. Auch er, neben der Inszenierung, an diesem Abend in zwei Sprechrollen. Einmal gestaltet er Fu-Li, den Sekretär der chinesischen Gesandtschaft und zum anderen mit einer riesigen Bühnenpräsenz den Obereunuch am Hofe des chinesischen Prinzen. Viele Worte über das Multitalent zu verlieren ist nicht notwendig, denn er ist in jeder seiner Rollen perfekt und ich habe ihn ja schon zu Beginn meines Artikels entsprechend gewürdigt. Wolfgang Dosch wird jeder Rolle gerecht – und was kann man Schöneres über einen Künstler sagen. Ein Abend, der Freude auf den nächsten Tag macht.
Wonjong Lee – Alois Walchshofer -Dorit Machatsch – Michael Weiland – Hanbyul Jeung
Am nächsten Abend trifft man sich im Königlichen Kurhaus. Dort steht eine Operettengala mit dem Untertitel „Aus der goldenen Zeit der Wiener Operette“ auf dem Programm. Und dieser Abend im bis zum letzten Platz ausverkauften Saal bietet ein wahres Feuerwerk der guten Laune. Die Künstler des Vorabends legen noch eine Schippe drauf und begeistern das Publikum mit der herrlichen Musik von Johann Strauss und Johann Strauss III, dem Enkel von Johann Strauss Vater sowie von Carl Zeller. Der zweite Teil nach der Pause ist ganz Carl Michael Ziehrer zu seinem 175. Geburtstag gewidmet. Und dazwischen der Abschieds-Walzer von Constanze Geiger. Schwungvoll beginnt Christian Simonis den heutigen Abend wie er den gestrigen beendet hat, nämlich temperamentvoll, feurig und leidenschaftlich. Er spielt mit den Bad Reichenhaller Philharmonikern die Ouvertüre aus „Der Zigeunerbaron“ von Johann Strauss. Er stimmt damit das Publikum so richtig auf die kommenden Ereignisse ein. Allein mit seinen Mannen spielt er noch die Schlau-Schlau Polka von Johann Strauss III. Nach der Pause noch die Ouvertüre aus „Die Landstreicher“ von Zeller und den Walzer „Samt und Seide“. Dazwischen moderiert er gekonnt, führt durch den Operettenabend und auch dies tut er genauso leidenschaftlich wie es sein Dirigat ist. Auch lässt er wieder einmal seinen ganzen Charme spielen und auch davon hat er eine ganz große Portion abbekommen. Ich wiederhole gerne, was ich bereits einmal geschrieben habe: „Prof. Hans Swarowsky sagte einmal über Simonis ‚Eine wienerische Urbegabung‘, und dem habe ich nichts hinzuzufügen.“ Seine Musiker sind voll bei der Sache, zurückhaltend, aufbrausend, so wie es gerade gefordert ist und sängerdienlich zurückhaltend, wenn es den Gesangssolisten hilft. Man sollte an dieser Stelle vielleicht auch einmal erwähnen, dass in diesem Jahr die Bad Reichenhaller Philharmoniker auf eine 150-jährige Orchestergeschichte zurückblicken können. Ein ganz großer Glückwunsch an diesen einmaligen Klangkörper, der immer wieder zu neuen Höhen aufbricht. Im ersten Teil gibt es noch etwas Besonderes, den Abschieds-Walzer op. 9 von Constanze Geiger, den das Orchester brillant wie gewohnt spielt. Die Besonderheit dabei ist, dass die 1835 geborene Constanze Geiger im Jahr 1848 den Abschieds-Walzer op.9 komponierte, der für Klavier editiert war. Professor Dr. Norbert Linke (ehemaliger Vorsitzender der Deutschen Johann Strauss Gesellschaft und jetziges Ehrenmitglied) erwarb diese Ausgabe bei einem Wiener Antiquar. Sie bestand aus vier Nummern (zu je 2 Melodien) mit Trio und Coda. Nach vergeblicher Suche nach Orchesterstimmen instrumentierte Norbert Linke diese schöne Walzerfolge – in derselben Formation wie die Flora-Quadrille von Johann Strauss Vater. Er ergänzte sie um die Introduktion und erweiterte die Coda, um sie für den Konzertsaal vorzubereiten, die Instrumentierung vollendete er im Januar 2014. Nach der tollen Wiedergabe durch die Philharmoniker kann auch Norbert Linke auf der Bühne den begeisterten Applaus des Publikums entgegennehmen.
Hanbyul Jeung – Christian Simonis – Alois Walchshofer
Im ersten Teil beginnt Wonjong Lee mit dem Auftrittslied des Barinkay „Als flotter Geist“ aus dem „Zigeunerbaron“. Strahlend, stimmkräftig, voller Feuer und Leidenschaft kann er den langen verdienten Applaus des Publikums entgegennehmen. Ebenso wie Dorit Machatsch, die als Saffi aus dem Zigeunerbaron mit ihrem Zigeunerlied brillieren kann und mit ihrem schönen warmen Sopran das Publikum verzaubert. Ja und dann kann Alois Walchshofer auch zeigen, dass er singen kann – und wie. Mit vollem rundem stimmschönem Bariton bringt er das Auftrittslied des Zsupan „Ja, das Schreiben und das Lesen“ und er erhält reichen vollverdienten Applaus des begeistert mitgehenden Publikums. Das Duett Saffi, Barinkay „Wer uns getraut“ vereint nochmals die schönen Stimmen von Dorit Machatsch und Wonjong Lee. Beide können auch hier die gebannt lauschenden Zuhörer mitreißen. Aus dem „Vogelhändler“ von Carl Zeller bringt, nein zelebriert Hanbyul Jeung das Auftrittslied der Briefchristel „Ich bin die Christl von der Post“. Und sie brennt hier ein wahres Feuerwerk ab, welches zu langanhaltenden Beifallsstürmen des Publikums führt. Wie ein Wirbelwind fegt sie über die Bühne, kokettiert mit dem Publikum, bringt mit klangvoller silbrig glänzender und angenehm weicher Stimme eine Christl der Sonderklasse auf die Bühne. Sie versetzt sich richtiggehend in die Christl und man kann ihr die Spiel- und Sangeslaune förmlich vom Gesicht ablesen. Keiner der anwesenden Gäste hätte es geglaubt, dass dies erst der zweite Bühnenauftritt der zarten zierlichen Südkoreanerin ist, nach der Mi des Vortages. Ich hoffe, dass sich diese junge sympathische Sängerin nicht verheizen lässt, ihre Karriere behutsam aufbaut, dann kann eine große Karriere auf sie warten Ein ganz großes Bravo des Rezensenten an „seine Christl“. Vor der Pause erfreuen dann noch Wolfgang Dosch und Michael Weiland mit dem Duett „Ich bin der Prodekan“ aus dem „Vogelhändler“. So voller Humor, voller Leidenschaft und voller Hingabe, hat man dieses Duett selten gehört. Beide gehen förmlich darin auf und machen es zu einem kleinen Paradestück. Wolfgang Dosch hat ja im letzten Jahr bereits in Mörbisch in derselben Rolle großen Applaus und eine tolle Presse erhalten. Er, der Tausendsassa der Operette kann heute auch seine Sprechrolle des Vortags mit Bravour zur Seite legen. Nach der Pause dann wieder Dorit Machatsch mit dem Lied „Liebe, schöne Donaustadt“ aus der Operette „Der Fremdenführer“, welches, wie alles nach der Pause von dem wundervollen Komponisten Carl Michael Ziehrer ist und in dem sie alle Schönheit ihres weichen runden und vollen Soprans ausschöpfen kann. Dazwischen immer wieder die interessanten und kurzweiligen Informationen von Christian Simonis. Ebenso wie zuvor die Briefchristl wirbeln jetzt Wolfgang Dosch und Alois Walchshofer mit dem Ensemble „Wir kommen von Marokko“ aus den „Landstreichern“ über die Bühne. Beide Vollblutprofis der Bühne, beide mit einer riesigen Erfahrung, beide mit Theaterblut vom Feinsten und beide mit dem wohlverdienten Applaus des begeisterten Publikums. Alois Walchshofer punktet dann auch noch mit dem sehr sentimentalen, rührend und zurückhaltend vorgetragenen Lied „Das Herz ist nur ein Uhrwerk“ aus der Operette „Das dumme Herz“. Hier kann er seine ganze Erfahrung einbringen, in ein stilles, besinnliches Ziehrerlied, welches zu Herzen geht und welches auch aus dem Herzen kommend interpretiert wird.
Wolfgang Dosch
Ja und dann kann Wolfgang Dosch Beifallsstürme auf sich ziehen, weil er in gekonnter und exzellenter Form aus „Drei Wünsche“ das Couplet „So dünn, dünn war die Leopoldin“ zu Gehör bringt. Und so, wie er es bringt, darstellt und mit unnachahmlichem Humor würzt, bringt ihn zu weiteren Beifallsstürmen, so wie heute alle Künstler – zu Recht – vom Publikum gefeiert werden. Den Abschluss machen das Duett und Quartett aus „Drei Wünsche“ „Freundlich leuchten unsere Sterne“. Hier vereinen sich die Stimmen aller sechs außergewöhnlichen Künstler, die voller Leidenschaft über die Bühne fegen. Ja, heute hat man viel zu schauen. Fast nicht enden wollender Applaus des restlos begeisterten und zufriedenen Publikums bringen das gesamte Ensemble noch zur Zugabe von „Das ist der Zauber der Montur“, wiederrum aus „Die Landstreicher“. Das Publikum will die Künstler gar nicht mehr von der Bühne lassen, aber jeder, auch noch so schöne Abend muss einmal leider zu Ende gehen. Fröhliche Gesichter beim nachhause gehen zeugen von einem Abend, der nicht nur zufriedengestellt, sondern begeistert hat. Viel Applaus, viel Zustimmung und eine tolle Leistung von allen, die auf der Bühne ihr Publikum verzaubert haben.
Am Vormittag des letzten Tages des Strauss Festivals gibt es eine weitere Überraschung. In der Konzertrotunde am Kurpark steht eine „Hommage á Nico Dostal“ auf dem Programm unter anderem mit einer Uraufführung. Christian Simonis hat an diesem Vormittag, bei der er die einleitenden Worte spricht, seinen Taktstock an den aus einer Tessiner Musikerfamilie stammenden Graziano Mandozzi abgegeben. Der erfahrene Dirigent kommt mit den Philharmonikern ohne Probleme zurecht und führt sie, auf einem kleinen Hocker sitzend, durch das nicht ganz so leichte Programm. An den Anfang stellt er die Uraufführung einer Sinfonischen Suite von Nico Dostal mit den Teilen Sostenuto-Vivace, Andante assai moderato, Allegro assai vivace und Adagio-Allegro. Das Orchester folgt seinem Taktstock penibel, genau und sehr aufmerksam, Das Werk selbst, obwohl mit viel Beifall bedacht, ist mir eigentlich zu schwer, zu traurig, zu voluminös für einen leichten Operettenvormittag, von dem ich eigentlich ausgegangen war. Genau die Hälfte der kompletten Programmdauer wird für diese Suite hergenommen, mir ist dies des Guten etwas zu viel, so gut es auch gespielt ist und so sehr man sich natürlich auch über die Uraufführung eines solchen Werkes freut. Aus meiner Sicht hätte man dafür jedoch einen anderen Rahmen wählen sollen. Diese Meinung hat im Gespräch nach dem Konzert eine ganze Reihe der Besucher mit mir geteilt.
Graziano Mandozzi-Yvonne Prentki
Die in Düsseldorf geborene Koloratursopranistin Yvonne Prentki bringt danach den Koloraturfoxtrott „Lach mein Herz“ zu Gehör. Dieses mit Koloraturen nur so gespickte textlose Stück wird von ihr mit klarem hohem blitzendem Sopran virtuos dargeboten. Sie setzt eine Koloratur nach der anderen in den Raum, man könnte meinen wie Perlen, die an einer Kette aufgereiht werden. Völlig problemlos meistert sie das gesanglich nicht leichte Stück mit Bravour und kann zu Recht starken, teilweise frenetischen Beifall ernten. Ihr letzter blitzender Ton, den sie messerscharf flirrend als Schlusspunkt setzt, ist ein S, wie anschließend Maestro Mandozzi dem staunenden Publikum erklärt. Nach diesem fulminanten Ereignis wird das Programm mit Rondo Romantico für Oboe, Vibraphon und Orchester fortgesetzt. Leidenschaftlich vom Orchester dargeboten, gewinnt es durch den Einsatz der Oboe ein ganz besonderes Flair. Susann Král, die in Nürnberg geborene Oboistin beherrscht ihr Instrument aus dem ff. Virtuos wird der besondere Klang der Oboe hier durch das Orchester hervorragend in den Vordergrund gestellt und zu einem weiteren Höhepunkt des Vormittags. Mit dem Heimatlied aus der Operette „Monika“ und dem Lied „Ich bin verliebt“ aus der Operette „Clivia“ setzt Yvonne Prentki nochmals ihre Marken und kann für die gefühlvolle Interpretation zu recht viel Beifall erhalten, ebenso wie Maestro Mandozzi mit den Philharmonikern, die gefühlvoll den Walzer „Salzburger Dirndl“ interpretieren. Mit Herz und Leidenschaft endet das dreitägige Programm des Strauss Festivals von Bad Reichenhall. Es war wieder ein besonderes Ereignis mit vielen Höhepunkten und nur kleinen unwesentlichen Einwänden. Drei Tage, die sich wieder einmal vollstens gelohnt und die das musikalische Leben jedes einzelnen Besuchers mit Sicherheit bereichert haben. Und so freuen wir uns auf das nächste Jahr, wenn im September wieder zum Strauss Festival eingeladen wird. Ich bin auf jeden Fall mit Begeisterung wieder dabei.
Manfred Drescher 20.09.2018
Bilder (c) Der Opernfreund / Manfred Drescher