Premiere: 19. 8. 2016
40-jähriges Jubiläum „Innsbrucker Festwochen der Alten Musik“
Eine der vielen komödiantischen Szenen der Oper „Le nozze in sogno“ (Foto: Rupert Larl / Innsbrucker Festwochen der Alten Musik)
Im Rahmen ihres 40-Jahr-Jubiläums warteten die „Innsbrucker Festwochen der Alten Musik“ mit einer besonderen Opern-Ausgrabung auf: „Le nozze in sogno“ („Die Hochzeit im Traum“) vonAntonio Cesti. Diese Commedia civile genannte Oper wurde erst kürzlich von italienischen Musikwissenschaftlern als Werk des einstigen Innsbrucker Hofkomponisten Cesti erkannt und wurde im Innenhof der Theologischen Fakultät Innsbruck als Koproduktion mit der Universität Mozarteum Salzburg und in Zusammenarbeit mit dem Teatro di Buti / Pisa aufgeführt.
Antonio Cesti (1623 – 1669), der den Franziskanern angehörte, zählte zu den berühmtesten Musikern seiner Zeit. Er war Domkapellmeister in Volterra und wurde 1652 Kapellmeister in Innsbruck, ehe er zehn Jahre später Vizekapellmeister am Hof in Wien wurde. Seine erste Oper L’ Orontea, die 1649 in Venedig herauskam, wurde vor zwei Jahren in Innsbruck mit großem Erfolg wiederaufgeführt und von Alan Curtis, einem Pionier der Alten Musik, der am 15. 7. 2015 in Florenz verstarb, dirigiert. Aus diesem Grund fand die Innsbrucker Aufführung von Le nozze in sogno In memoriam Alan Curtis statt.
Die Handlung der dreiaktigen Karnevalsoper, die 1665 in Florenz uraufgeführt wurde und deren Libretto von Pietro Susini stammt, in Kurzfassung: Aus wirtschaftlichen Gründen will ein Kaufmann aus Livorno seine Nichte mit einem wohlhabenden Mann verheiraten. Das wissen jedoch zwei junge Schlitzohren zu verhindern. Sie bringen das Hochzeitsfest durch unheimliche Statuen, die sich plötzlich zu bewegen beginnen, zum Abbruch. Einer der jungen „Dienerfiguren“ fädelt eine weitere Hochzeit ein, in der die Nichte des Kaufmanns mit ihrem wirklichen Geliebten vereint wird. Damit die Alten dieser Heirat zustimmen, werden sie mit einem Rauschmittel in Halbschlaf versetzt, wodurch sie die Hochzeit im Traum erleben.
Regisseur Alessio Pizzech, der noch mit Alan Curtis die Oper erschlossen hatte, inszenierte das Werk im Sinne einer „Karnevalsoper“ sehr humorvoll und spritzig, wobei er allerdings des Öfteren leider zu sehr in die Nähe des Klamauk driftete. Meiner Meinung nach war der Beginn, als das Ensemble das Karnevalsfest mit Popmusik und Rockgesang einleitete, ein Stilbruch und passte nicht zur traditionellen „Commedia dell’arte“.
Das einfach gehaltene Bühnenbild, das den Hafen von Livorno trefflich symbolisierte, und die farbenfrohen Kostüme gestaltete Davide Amadei, für die Beleuchtung, die auch den Innenhof und den Festsaal der Theologischen Fakultät oftmals anschaulich und auf kreative Weise ins Bild setzte, zeichnete Julian Paget verantwortlich.
Als Lucinda brillierte die Sopranistin Arianna Vendittelli (Foto: Rupert Larl / Innsbrucker Festwochen der Alten Musik)
Das gut ausgewogene Sängerensemble, das stimmlich zu brillieren wusste, bot auch schauspielerisch eine großartige Leistung. Alle Sängerinnen und Sänger spielten mit sichtlicher Freude ihre Rollen und begeisterten das Publikum. Als Lucinda, die von ihrem Oheim, dem reichen Kaufmann Pancrazio, verheiratet werden soll, wirbelte die italienische Sopranistin Arianna Vendittelli über die Bühne. Ebenfalls sehr quirlig agierte die russische Mezzosopranistin Yulia Sokolik als Emilia, dem Mündel des Geizhalses Teodoro. Beide Damen bewiesen ihr komisches Talent – auch in den Liebesszenen.
Als Pancrazio brillierte der italienische Bass Rocco Cavalluzzi mit seiner tiefen, warm strömenden Stimme und durch sein humorvolles Spiel ebenso wie der amerikanische Tenor Jeffrey Francis in der Doppelrolle des Geizhalses Teodoro und des Magiers Mosè. Der amerikanische Tenor ist seit Jahren eng mit den Innsbrucker Festwochen der Alten Musik verbunden und als Coach der jungen Kolleginnen und Kollegen in der „Barockoper: Jung“ unentbehrlich geworden.
Beindruckend sang und spielte der venezolanische Countertenor Rodrigo Sosa Dal Pozzo die Rolle des in Lucinda verliebten Flammiro, der auch im Frauenkostüm als Celia eine gute Figur machte. Als Lelio, der am Schluss reumütig zu seiner alten Liebe Emilia zurückkehrt, agierte der britische TenorBradley Smith gleichfalls stimmlich wie darstellerisch eindrucksvoll.
Die Rolle des Scorbio, des Dieners Flammiros, stattete der ukrainische Countertenor Konstantin Derri mit komödiantischem Spiel und köstlicher Mimik aus, was die Lachmuskeln des Publikums arg strapazierte. Fronzo, den Diener Pancrazios, gab der deutsche Bariton Ludwig Obst.
Das einfach gehaltene Bühnenbild symbolisierte den Hafen von Livorno (Foto: Rupert Larl / Innsbrucker Festwochen der Alten Musik)
Das dreizehnköpfige Orchester „Ensemble Innsbruck Barock“ – es ging aus dem Barockorchester der Universität Mozarteum Salzburg hervor – brachte unter der Leitung von Enrico Onofri die feinsinnige und einfallsreiche Partitur von Cesti gut zur Geltung.
Das von der Vorstellung begeisterte Premierenpublikum bedachte alle Mitwirkenden und das Regieteam mit nicht enden wollendem Beifall und vielen „Bravi“-Rufen.
Besonderer Dank an unserern Kooperationspartner MERKER-online (Wien)
Das Festival
Innsbruck ist ein Zentrum der Alten Musik. In der Renaissance und im Barock weilten Meister wie Paul Hofhaimer, Heinrich Isaac und Pietro Antonio Cesti als Hofmusiker in der Alpenstadt. Es fanden prunkvolle Opernaufführungen im ersten freistehenden Theater im deutschen Sprachraum statt. Das damalige Innsbrucker Instrumentalensemble bildete später die Stammbesetzung des berühmten vorklassischen Mannheimer Orchesters.
Alessandro de Marchi
© Innsbrucker Festwochen / Vandory
Seit 1976 widmen sich die Innsbrucker Festwochen der Alten Musik der Pflege der Renaissance- und Barockmusik und sind somit das älteste noch bestehende Festival dieser Art. Von 1991 bis 2009 programmierte der Dirigent und Countertenor René Jacobs das Opernprogramm des Festivals, von 1997 bis 2009 war er der künstlerische Leiter der Innsbrucker Festwochen.Seit 2010 leitet Alessandro De Marchi als künstlerischer Leiter die Geschicke der Innsbrucker Festwochen. Die Festwochen finden zeitgleich zu den Salzburger Festspielen statt. Etliche Besucher kommen "mal eben" herüber. Auffällig ist die starke Präsenz von italienisch-sprachigen Festspielgästen.