Düsseldorf: „Der Ring des Nibelungen“

Arbeitsbericht vor der Rheingold-Premiere

6.6.2017

Alles war schon einmal da, ABER…

In Düsseldorf laufen die Proben zum Auftakt des neuen Ringes derzeit auf Hochtouren. Auf was darf der Opernfreund sich hierbei freuen? Einen ersten kleinen Vorgeschmack in die gut gehüteten Pläne, lieferte die Rheinoper nun ab und gewährte erste Einblicke in „Das Rheingold“ und die folgenden drei Tage aus Richard Wagners Mammutwerk.

Wie nähert man sich nun dem „Ring des Nibelungen“, einem der bekanntesten Werke der deutschen Musikgeschichte und wohl dem Werk schlechthin, zu dem jeder etwas sagen kann? Dieses Problem ist auch Regisseur Dietrich W. Hilsdorf merklich bewusst. So weiß er anzumerken, dass bei dieser Oper jeder immer alles weiß, schlimmer noch, jeder weiß alles Besser und bei jeder scheinbar neuen Idee, kommt der Einwand, dass dies so oder zumindest so ähnlich schon da gewesen sei. Und wie auf Kommando wird auch gleich Ort und Datum der Produktion nachgereicht. Kaum einer erinnert sich an sämtliche Inszenierungen des fliegenden Holländers, anders beim Ring. So berichtet Hilsdorf weiterhin schelmisch, dass er keinen Kollegen kennt, der von sich aus auf die Idee kommen würde, doch mal den Ring neu zu inszenieren. Dieser Wunsch wird in aller Regel durch die musikalische Leitung geäußert und so scheint auch hier das Lächeln auf dem Gesicht von Generalmusikdirektor Axel Kober durchaus zustimmender Natur zu sein. Dieser freut sich auf jeden Fall sehr auf die Arbeit mit den zwei unterschiedlichen Orchestern und die vier Werke die jeweils einzustudieren sind.

Unmengen an Büchern sind zu Richard Wagner und dem „Nibelungen-Ring“ nicht zuletzt noch im Jubiläumsjahr erschienen, alles scheint bis auf das letzte Detail analysiert und beleuchtet zu sein und so setzte sich nach Unmengen von Lektüre bei allen Beteiligten der Gedanke durch, dass man dem Werk keinesfalls hinterherlaufen darf, sondern es in die Zange nehmen muss. Unter diesem Gesichtspunkt kristallisiert sich dann ein Bild heraus, befreit man die Oper von vordergründigen Riesen und Göttern, bei dem sich in der Entstehungszeit des Werkes schon große Krisen wirtschaftlicher und sozialer Art anbahnten, die in die Idylle des Bürgertums förmlich einzubrechen drohten und die Wagner durchaus auch zum Anlass nahm, diese mit den vielen bekannten Sagen-Figuren auszuschmücken.

Unter diesem Gesichtspunkt steht auch das Bühnenbild von Dieter Richter, dessen Ausgangspunkt eine Art kammerspielartiger Salon ist, gestaltet als durchaus bürgerlicher Raum in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Natürlich bleibt auch in Düsseldorf (und später auch in Duisburg) „das fabelhafte der Oper erhalten“, verspricht Richter, doch man darf gespannt sein, in welcher Form dieses in die geschilderte Welt hereinbricht. Einige Bühnenbildentwürfe versprechen hier sehr interessante Ansätze und lassen bereits erahnen, dass unter anderem die Riesen Fasolt und Fafner eifrige „Goldgräber“ zu sein scheinen. Ein erster Blick auf die Kostüme von Renate Schmitzer gewährten die drei Rheintöchter Woglinde (Anke Krabbe), Wellgunde (Maria Kataeva) und Flosshilde (Ramona Zaharia).

Zurück zum Regiekonzept, das Gesamtwerk des Ringes ist sicherlich eines der größten künstlerischen Projekte des 19. Jahrhunderts. Fokussiert auf die Bezüge zur damaligen realen Gegenwart landet man schnell bei Emile Zolas Rougon-Macquart-Zyklus, einem Gesamtwerk von 20 Bänden in denen der Franzose die Zeit der Industrialisierung anschaulich in allen Facetten schildert. So lassen sich im Zusammenhang dieser beiden großen Werke zumindest einige deutliche Gemeinsamkeiten finden, die für das Kreativteam „schlüssige Bilder“ liefern. Hier darf man nun auf die Premiere am 23.06.2017 gespannt sein. Spätestens hier werden alle Opernfreunde erfahren, was sich das „Institut zur Ringerforschung“, wie Hilsdorf die Rheinoper fortan umbenannt wissen will, zumindest für die Götterdämmerung hat einfallen lassen.

Bühnenbildentwurf: © Dieter Richter

Fotos: © Susanne Diesner

Ring-Karrikatur (c) DER OPERNFREUND, Peter Klier

Markus Lamers, 07.06.2017