CD: „Elektra“ an der Oper Stockholm, historisches Dokument (1. Besprechung)

Das schwedische Label Sterling hat in der Vergangenheit stets spannende Opern Live-Aufnahmen mit einheimischen Sängern veröffentlicht. Ein besonderes Dokument ist nun dieser Tage erschienen. Es handelt sich dabei um den Bühnenabschied der dramatischen Sopranistin Laila Andersson-Palme (*1941), die nun 1996 letztmalig an ihrem Stamm-Opernhaus Stockholm, die Elektra sang. Der Weg der Sängerin begann mit Partien wie der Königin der Nacht und endete schließlich bei der Brünnhilde (auch in Berlin) und Elektra. Die Bandbreite ihres Repertoires war groß und enthielt so gegensätzliche Rollen wie die Lulu oder die Marschallin. Andersson-Palme war eine Vollblut-Sängerin, die auch als Darstellerin große Präsenz besaß. Ihre Stimme wirkte zuweilen etwas „weiß“ und gradlinig. Manche verglichen den Klang ihrer Stimme mit jener von Anja Silja. Wie dem auch sei, ihre starke Höhe und das etwas grelle Timbre verliehen der Stimme Unverwechselbarkeit und Charakter.

Gerade davon profitiert ein Bühnenwerk wie die „Elektra“ von Richard Strauss immens. Der im Jahr 1996 aufgezeichnete Abend ist in vielerlei Hinsicht ein besonderes Dokument. Da ist Laila Andersson-Palme eine hingebungsvolle „Elektra“, die noch einmal alle ihre Fähigkeiten bündelt, um diesen Abend einen besonderen Eindruck zu verleihen. Die Vorstellung wird von ihrer intensiven Leistung deutlich getragen. Hier ist eine zutiefst verwundete Seele zu erleben, die nur noch von ihrem Rachegedanken im Leben gehalten wird. Stimmsicher zeigt Andersson-Palme eine souveräne Leistung. Die Höhen sitzen und werden mit viel Glanz gesungen, ebenso die so wichtigen Lyrismen im Duett mit Orest gelingen bewegend. Andersson-Palme zieht den Zuhörer wie eine Lokomotive durch den dramatischen Abend, ohne dass die Kräfte schwinden. Sie weiß genau, was sie singt und setzt auch in der Textgestaltung nachhaltige Akzente. Beeindruckend!

Auch das übrige Ensemble überzeugt und besticht durch eine Geschlossenheit, wie sie nicht oft zu erleben ist. Als Chrysothemis gefällt Anita Soldh mit lichter Sopranfarbe und tadelloser Stimmführung. Die im Jahr 2004 verstorbene Gunilla Söderström als Klytämnestra wertet ihre Rolle mit einer völlig intakten Stimme deutlich auf. Mit kernigem Bariton ist Gunnar Lundberg als starker Orest zu erleben, der seiner Rolle ein klares Profil verleiht. Als Aegisth setzt Lennart Stregard kraftvolleAkzente mit heldischem Stimmklang.

Hoch erfreulich ist die musikalische Leitung dieses emotionalen Abends. Am Pult des Stockholmer Opernorchesters stand der ehrenwerte Siegfried Köhler. Dieser wunderbare Dirigent war ein ausgezeichneter Operndirigent, international anerkannt und geschätzt. Seine Repertoire-Kenntnis war groß. So schätzten viele Theater sein immenses Wissen und Können. Köhler, der große Routinier hatte immer seinen gepackten Koffer parat, denn sehr oft wurde er auch für kurzfristige Einspringen engagiert. In Stockholm wurde er königlicher Hofkapellmeister und war dort sehr verehrt. Davon ist in diesem Mitschnitt viel zu spüren. Mit wissender Hand leitet Siegfried Köhler diesen Opernabend. Richard Strauss und Richard Wagner standen ihm besonders nahe. Das Stockholmer Orchester musiziert mitreißend und hinreichend zupackend. Ein Dirigat, bei dem alles stimmt.

Ein schönes und wichtiges Dokument in guter Tonqualität.

Dirk Schauß, 3. März 2023


Richard Strauss

Elektra

Sterling

Bestell-Nr.: CDA1867