Wenn im Foyer des Düsseldorfer Opernhauses wieder reges Treiben herrscht und die Stationen des Digitalen Foyers, allen voran der Zauberspiegel, mit dem die Besucher verschiedene Kostüme „anziehen“ können, besonders stark frequentiert sind, dann steht mit großer Wahrscheinlichkeit wieder eine Aufführung der Junge Opern Rhein-Ruhr auf dem Spielplan der Deutschen Oper am Rhein. In Zusammenarbeit mit dem Theater Dortmund, dem Theater Bonn und dem Aalto-Musiktheater Essen entstand das jüngste Werk dieser Kooperation: Die Reise zu Planet 9. Basierend auf Jacques Offenbachs Die Reise zum Mond schufen Librettist Paolo Madron und der renommierte Komponist Pierangelo Valtinoni eine ebenso skurrile wie fantasievolle Familienoper, für die Regisseurin Cordula Däuper und ihr Team mit vergleichsweise einfachen Mitteln verspielte Bilderwelten entwarfen. Die Uraufführung fand am 20. März 2024 an der Oper Dortmund statt, derzeit ist das Werk in Düsseldorf zu sehen.
Auf der Erde befindet sich das Königreich Abholzhausen, das von König Krax regiert wird. Leider war der Bau der neuen Rakete so teuer, dass die Arbeiterinnen und Arbeiter nicht mehr bezahlt werden können. Überhaupt ist das Land hoch verschuldet, weil der König das Geld mit vollen Händen ausgegeben hat. Statt sich dem Problem zu stellen, flieht der König, angestachelt vom Erfinder Megapfiffikuss, mit der Rakete ins Weltall, um den bisher unbekannten, aber sagenumwobenen Planeten 9 zu finden. Dort soll ein Schatz verborgen sein, der sowohl dem König als auch dem Erfinder gut zu Gesicht stehen würde. Auch Prinzessin Lunatick hat sich an Bord des Raumschiffs geschlichen, doch zuvor verspricht sie den Erdenbewohnern noch, dass sie ihr Geld zurückbekommen werden. Im Weltall entdecken die drei tatsächlich den unbekannten Planeten 9. Hier feiern die Ninurianis, wie sich die Bewohner des Planeten nennen, gerade den Kindertag. An diesem Tag darf Quyokuma, der Sohn der beiden Wächter des Planeten, entscheiden, was er will. Die Erdbewohner und die Ninurianis begegnen sich zunächst sehr skeptisch, doch Lunatick und Quyokuma freunden sich schnell an, was zu einigen unvorhergesehenen Verwicklungen führt.
Die Geschichte kommt als intergalaktisches Abenteuer sehr kindgerecht daher. Themen wie Klimawandel, Krieg und Pandemien werden dezent angesprochen, aber immer leicht verständlich und ohne erhobenen Zeigefinger. Handlung und Text sind auch für Kinder gut nachvollziehbar. Ab und zu mischt sich etwas Jugendsprache in das Libretto, was auch auf Erwachsene eher amüsant wirkt, da es gut in die jeweilige Szene passt und der Einsatz wohl dosiert erscheint. Es ist sehr schön zu beobachten, wie die Kinder gespannt der Handlung folgen und ihren Eltern während der Vorstellung immer wieder kluge Fragen stellen. Einen großen Anteil daran hat Cordula Däuper, die mit ihrer humorvollen Inszenierung genau den Nerv der jungen Zuschauer trifft. Dabei verzichtet sie bis auf wenige Ausnahmen auf Mitmachaktionen. So wird beispielsweise der Countdown für den Raketenstart von den Kindern fleißig heruntergezählt, während auf den Kartons auf der Bühne die jeweilige Zahl erscheint. Allgemein gut gelungen ist das Bühnenbild von Friedrich Eggert, das vor allem aus liebevollen Bastelarbeiten besteht. In Anlehnung an eine Fantasiewelt, die sich leicht im Kinderzimmer selbst erschaffen lässt, sind viele Kartons bunt bemalt und verschiedene Gegenstände aus Pappe ausgeschnitten. Das klingt einfach, hat hier aber eine große Wirkung. Das gilt auch für die fantasievollen Kostüme von Sophie du Vinage. Besonders zauberhaft ist Oropax, ein ganz besonderer Bewohner des Planeten 9. Als Puppe wird er von Franz Xaver Schlecht in bester „König der Löwen“-Manier gespielt.
Auch musikalisch ist Die Reise zu Planet 9 gelungen. Die Musik ist leicht und eingängig, durch die großen Melodiebögen fühlt man sich oft an epochale Filmmusik erinnert. Unter der Leitung von Koji Ishizaka, Kapellmeister der Oper Dortmund, spielen die Düsseldorfer Symphoniker frisch auf. Auch die Darsteller wissen in ihren Rollen zu gefallen, besonders David Fischer hinterlässt als Quyokuma einen bleibenden Eindruck. Mit Die Reise zu Planet 9 ist eine neue Familienoper entstanden, die in rund 80 Minuten gute Unterhaltung und vor allem eine ganz wunderbare Musik bietet, die man sowohl Kindern als auch Erwachsenen empfehlen kann.
Markus Lamers, 19. November 2024
Die Reise zu Planet 9
Familienoper im Rahmen von „Junge Opern Rhein-Ruhr“ von Pierangelo Valtinoni
Deutsche Oper am Rhein, Opernhaus Düsseldorf
Premiere Düsseldorf: 31. Oktober 2024
besuchte Vorstellung: 17. November 2024
Inszenierung: Cordula Däuper
Musikalische Leitung: Koji Ishizaka
Düsseldorfer Symphoniker
Weitere Aufführungen: 4. Dezember / 8. Dezember / 22. Dezember