Valle d’Itria: „Armida“

Vorstellung im Hof des Palazzo Ducale am 27.07.2014 (Premiere)

Tommaso Traetta (1727 – 1779)

Tags darauf fand, wieder im Hof des Palazzo Ducale, die erste Aufführung in moderner Zeit der ARMIDA des Tommaso Traetta (Bitonto 1727 – Venedig 1779) statt. Bis zur Uraufführung im Jänner 1761 am Burgtheater war die Fassung von Jean-Baptiste Lully auf den Text von Philippe Qinault das Maß aller Dinge für die Vertonung der Episode zwischen der Zauberin und Rinaldo (also dem „Rasenden Roland“) aus Torquato Tassos „Befreitem Jerusalem“ gewesen. Die 1686 zum ersten Mal gegebene tragédie lyrique des (in Florenz als Giovanni Battista Lulli geborenen) naturalisierten Franzosen entsprach rund 70 Jahre später nicht mehr dem Geschmack des italienischen Publikums (und damit auch des Wiener Hofes). Da für die Vermählung von Erzherzog Joseph (des späteren Joseph II.) mit Isabella von Bourbon-Parma ein festliches Werk benötigt wurde, ließ Traetta, der damals Hofkapellmeister in Parma war, von Giovanni Ambrogio Migliavacca Lullys fünfaktiges Werk auf einen einzigen Akt reduzieren (der allerdings immer noch über zweieinhalb Stunden lang war) und ins Italienische übersetzen. Dazu schrieb er eine bereits auf die Wiener Klassik verweisende Musik, in der – wie bei seinem Zeitgenossen Gluck – die Koloratur nicht mehr Selbstzweck war. Nach dem großen Erfolg der Uraufführung wurde die Oper noch 1763 in Neapel und 1767 in Venedig gegeben, verschwand dann aber angesichts der zahlreichen anderen Werke, die sich mit dem Thema befassten (nicht zuletzt Rossinis Oper), in der Versenkung, um nun in der kritischen Ausgabe von Luisa Cosi auf die Bühne zurückzukehren.

Die (von einer Pause zur Halbzeit unterbrochene) Produktion hatte in Diego Fasolis einen Spezialisten zum Dirigenten, der zwar nicht mit seinem Ensemble angetreten war, aber dem Orchestra Internazionale d’Italia die rechten spätbarocken Klänge zu entlocken wusste und den wiederholt nach Mozart klingenden Stellen die ihnen zustehende Bedeutung verlieh. Für die beiden Protagonisten waren Spezialistinnen der Barockoper gewonnen worden: In der Titelrolle zeigte sich die temperamentvolle Sopranistin Roberta Mameli den Ansprüchen musikalisch und szenisch gewachsen, als Rinaldo gefiel die Mezzosopranistin Marina Comparato mit sehr gefühlvollem Gesang. Aufhorchen ließen, wie im Vorjahr, Federica Carnevale (Fenicia) und Leslie Visco (Argene) von der „Accademia del Belcanto“. Der Tenor Mert Süngü und der Sopran Maria Meerovich als Ubaldo bzw. Artemidoro erfüllten ihre Rollen zufriedenstellend, was von dem Tenor Leonardo Cortellazzi (Idraote) nicht gesagt werden kann, denn seine stimmlichen Mittel reichten für die ihm anvertrauten schwierigen Arien nicht aus.

Leider hatte die Regisseurin Juliette Deschamps in der öden, aus Kuben bestehenden Szenerie von Nelson Willmotte keinerlei Einfälle, sodass auch die schönen Kostüme von Vanessa Sannino (mit Ausnahme der Papierkrone von König Idraote, die besser zu Prokofjews „Liebe zu den 3 Orangen“ gepasst hätte) nichts an dem unergiebigen Eindruck zu ändern vermochten. Auch hier wirkte die Fattoria Vittadini in der Choreographie von Riccardo Olivier mit, war aber weniger zwingend eingesetzt als am Vorabend. Ebenso wie am Vorabend am Werk war auch der unter Cornel Groza sehr diszipliniert singende Chor der Staatlichen Philharmonie „Transilvania“ aus Klausenburg

Viel Applaus für die musikalische Seite, Buhs für die Regie.

Eva Pleus, 06.08.2014
Foto Laera