Barcelona: „Lohengrin“, (Kurzbericht) Richard Wagner

Der lange in Barcelona erwartete neue Lohengrin in der Regie von Katharina Wagner – er wurde wegen der Pandemie bis jetzt verschoben – war einmal mehr ein bisweilen krampfhaft wirkender Versuch, das Regisseurs-Theater in den Exzess zu treiben. Ähnlich wie bei Jossi Wieler, Sergio Morabito und Anna Viebrock bei ihrem Salzburger Lohengrin, den der Wiener Staatsoperndirektor trotz seiner Überzeugung, dass im Musiktheater das, was man im hässlichen Neudeutsch als Neulesung oder gar Überschreibung bezeichnet, nicht gehe, an das Haus am Ring geholt hat, wird hier die Geschichte auf den Kopf gestellt.

 © Antoni Bofill

In dem musikalisch so herrlich zur Einstimmung auf das Stück angelegten Vorspiel wird gleich fast ein ganzer Akt hinzugefügt, der zunächst Elsa und Gottfried im Wald in geschwisterlicher Eintracht zeigt, bis Lohengrin in Jeans auftaucht und Gottfried langsam, aber sicher im Teich ertränkt. Diesmal ist also anders als in Salzburg und Wien nicht Elsa sondern sogar Lohengrin der Mörder – man kann es kaum fassen! Ein schwarzer (mechanischer) Schwan beobachtet die Mordtat und ist im weiteren Verlauf immer wieder zu sehen, ein von Lohengrin logischerweise verhasster Zeuge seiner Tat. Das bringt dem Schwan sogar einmal das Verschwinden in einer Kiste ein, von denen 40 bis 50 immer wieder vom Chor rumpelnd auf der Bühne hin und her manövriert werden, zum Abwinken!

Manches wirkt da schon wie Slapstick, wenn nicht Lohengrin während der Gralserzählung erst den Schwan liebkoste, der anstelle Telramunds unter dem Leichentuch hervorkommt, ihn dann aber noch während der Erzählung mit drei Messerstichen tötet. Das sei nun ein Beispiel für viele Momente und „Ideen“, wie massiv gegen das Stück und den Text inszeniert werden, und last but weiß Gott not least, noch heftiger gegen die Musik. Katharina Wagner macht hier mit ihrem Dramaturgen Daniel Weber eigentlich ein Theaterstück namens „Lohengrin“ und scheint selbst als Urenkelin Richard Wagners dabei zu vergessen, dass es sich um die Kunstgattung Musiktheater handelt, bzw. blendet das bei der insgesamt auch letztlich unstimmigen Dramaturgie aus. Im Vordergrund stand wohl wieder einmal der Versuch, etwas ganz „Neues“, oder wie man am Hügel oft gehört, Spannendes zu machen. Allein, es wirkte bisweilen gar langwellig!

Ein Buhorkan selbst des ansonsten nicht so sehr dafür bekannten Publikums von Barcelona war die Folge, den Katharina Wagner mit dem leading team natürlich lachend entgegennahm. In Deutschland wäre das sicher noch viel mehr gewesen, aber hier war die Ablehnung selbst bei dieser Regie und Ästhetik wirklich überraschend.

Das Sängerensemble war im Prinzip und naheliegenderweise eine Bayreuth-Auslese. Exzellent in der Titelrolle wie immer Klaus Florian Vogt mit dem für den in A-Dur agierenden Lohengrin passenden Timbre; sehr gut Miina-Liisa Värelä als Premieren-Ortrud (später singt das Irène Theorin); eindrucksvoll und souverän Günther Groissböck als König Heinrich; gut, aber nicht überragend Elisabeth Teige als Elsa und stimmlich mehr Alberich als Telramund Ólafur Sigurdarson, der auch wie Alberich behandelt wurde und eher ins Charakterfach weist, mit viel Sprechgesang. Roman Trekel als Heerufer ist weit über seinen Zenit. Ein sehr gut singender, aber schlecht choreografierter Chor unter Pablo AssanteJosep Pons sorgte mit dem Orquestra Simfònica del Gran Teatre del Liceu für einen weitgehend guten Lohengrin-Sound.

Klaus Billand, 18. März 2025

Video Poadcast live direkt nach der Premiere

Komplette Kritik 29. März


Lohengrin
Richard Wagner
Barcelona, Gran Teatre del Liceu

Premiere am 17. März 2025

Regie: Katharina Wagner
Dirigat: Josep Pons
Orquestra Simfònica del Gran Teatre del Liceu