Kopenhagen: „Maria Stuarda“, Gaetano Donizetti

© Camille Winther

Nach Rossinis „Barbier“ folgte am Kopenhagener Opernhaus die Aufführung einer weiteren italienischen Oper, bei der es sich gar um die dänische Erstaufführung handelte, denn Donizettis Vertonung des Dramas um Elizabeth I. von England und die schottische Königin Mary Stuart war in dem skandinavischen Land noch nie gegeben worden.

Die hier besprochene Vorstellung war die letzte einer Serie, deren Premiere im Jänner stattgefunden hatte. Die Regie war der Französin Mariame Clément anvertraut, der es gelungen ist, sich in ein Publikum hineinzuversetzen, das mit den Bühnengegebenheiten einer Belcanto-Oper weniger vertraut ist, will heißen, eventuell Schwierigkeiten mit einem statischen, nur auf den Gesang konzentrierten Geschehen hat. Sie beließ die Handlung in der dieser entsprechenden Epoche, wobei die für Bühnenbild und Kostüme verantwortliche Julia Hansen insofern freie Hand hatte, als einerseits eine stimmungsvolle Bühne (was vor allem für das Aufeinandertreffen der beiden Königinnen im grünen Park von Fotheringhay, schon bei Schiller eine bewusste Geschichtsfälschung, gilt). Bei den Kostümen genügte ein karierter Überwurf, um die Stuart als Schottin zu charakterisieren, Elisabeth hingegen gab sich männlich-forsch in knappem Wams und mit Stiefeln, später trug sie den Oberteil einer vergoldeten Rüstung, ein überzeugendes Symbol für ihre Bereitschaft, den ihr zustehenden Thron zu verteidigen. In dieser Inszenierung ist sie bis zum Schluss präsent (gesanglich hat sie ja nur mehr zu Beginn des 2. Aktes zu tun, denn Clément zeigt die Zweifel und Selbstvorwürfe, denen sie wegen des Befehls zur Hinrichtung von Maria Stuart ausgesetzt ist. Wir wissen aus der Geschichte, dass Elisabeth für alle ihre Taten eine Berechtigung konstruierte – das wird in dieser Produktion sehr schön gezeigt. Ebenso ihr Komplex gegenüber Heinrich VIII., wenn ihr Berater Cecil, der absolut Marias Hinrichtung will, im Kostüm dieses ihres Vaters auftritt. Auch Elisabeth als kleines Mädchen und der kleine Sohn Marias treten flüchtig auf, was aber nie aufgepfropft wirkt, sondern sich überzeugend in den Fluss der Handlung fügt, ebenso wie die höfischen Tänze oder eine Festtafel als durchaus nicht störendes Detail während einzelner Szenen der Protagonisten. Clément fügt einige unnötige Requisiten ein, vermutlich, um nicht aus dem Kreis pseudomoderner Regisseure ausgestoßen zu werden: Talbot und Cecil tragen ostentativ gezeigte Armbanduhren, Marias Hinrichtung wird gefilmt und der Befehl dazu per Telefon mit Wählscheibe durchgegeben. Aber das sind zwar überflüssige, aber nicht weiter störende Kleinigkeiten.

© Camille Winther

Musikalisch waren es zwei Künstler, die dem Abend ihren Stempel aufdrückten. Am Pult des Orchesters des Hauses hielt Paolo Arrivabeni die Fahne des italienischen Belcantos hoch und bot eine über Korrektheit hinausgehende Interpretation. Hochinteressant war die Elisabetta der Elisabeth Jansson, die mit hellem, aber durchschlagskräftigem Mezzo eine Charakterstudie der englischen Königin auf die Bühne brachte und dabei den Belcanto Gesang nicht vergaß. Die Titelrolle wurde von Gisela Stille mit Stilgefühl und guter Technik gesungen. Allerdings fehlte ihr die Persönlichkeit für das Herzstück der Oper, Marias Angriff „Figlia impura di Bolena“ im dramatischen Höhepunkt des Werks. Der amerikanisch-mexikanische Tenor Galeano Salas, als einziger nichtzum Ensemble gehörig, brachte viel mediterranes Flair in die Vorstellung. Sein Leicester, vom Libretto her eine eher unglückliche Figur, gewann durch einen schön timbrierten ausdrucksvollen Tenor, dem angesichts seiner Ausflüge in dramatischere Gefilde zu raten wäre, sich derzeit, wie hier, noch mit einem lyrischen Repertoire zu begnügen. Der für Maria sprechende Talbot, fand einen überzeugenden Vertreter in Henning von Schulman, während Theodore Platt als Ankläger Cecil stimmlich etwas blass blieb. Korrekt die Leistung des von Steven Moore einstudierten Chors des Hauses.

Herzlicher Beifall seitens des gut gefüllten Hauses.

Eva Pleus, 17. Februar 2025


Maria Stuarda
Gaetano Donizetti

Operaen Kopenhagen

8. Februar 2025

Inszenierung: Mariame Clément
Musikalische Leitung: Paolo Arrivabeni
Det Kongelige Kapel