Las Palmas de Gran Canaria: „Don Giovanni“, Wolfgang Amadeus Mozart

Don Giovanni in der Zeitmaschine

Die Amigos Canarios de la Ópera – ACO setzten nun mit einer eigenen Neuinszenierung von Daniele Piscopo mit Don Giovanni von Wolfgang Amadeus Mozart ihre 58. Temporada fort, die in ihrem Titel stets den Namen von Alfredo Kraus führt, dem großen Sohn der Stadt. Der Regisseur versteht die Geschichte des legendären Don Juan in Form einer Art Zeitmaschine, also stimmigerweise ein über alle Zeiten hinweg gültiges Phänomen. So werden wir auf dem Bühnenvorhang zum Vorspiel zum 1. Akt mit seinen stilisierten Video-Einblendungen Zeuge von Don Giovannis Eroberungsversuchen in den verschiedensten Epochen. Und immer wieder ist eine antike goldene Uhr zu sehen, deren Zeiger unaufhaltsam weiterrasen. Das war einmal ein sinnhafter Versuch, ein Vorspiel auch optisch ganz im Sinne der Werkaussage zu thematisieren und nicht gleich wieder eine ganz andere Geschichte zu erzählen, die bisweilen sogar vom eigentlichen Thema ablenkt, statt in das Stück einzuführen – wie so oft im Wagnerschen Regisseurstheater nördlich der Alpen…

© Nacho González Oramas / ACO

Und das leading team setzt dieses Regiekonzept konsequent auch dramaturgisch um. Denn bis zum Ende des 1. Aufzug erleben wir das Stück in den typischen und ausnehmend geschmackvollen und farbintensiven Kostümen (Claudio Martín) aus der Zeit Mozarts, während es im zweiten Aufzug im Heute und den dazu passenden Alltagskostümen unserer Zeit weitergeht, Don Giovanni nun also im Business-Anzug oder Dinner-Jacket auftritt und das Ganze in einem nüchternen boxartigen Bühnenraum von Riccardo Roggiani weitergeht. Das die Handlung stets wirkungsvoll in Szene setzende Licht steuerte Jesús Díaz bei. Damit hat Piscopo eindrucksvoll die Allgemeingültigkeit des Phänomens Don Juan unterstrichen und dieser Inszenierung eine interessante Note gegeben. Diese wurde auch darstellerisch von den Sängern bei einer sehr guten Personenregie äußerst lebhaft und authentisch umgesetzt.

© Nacho González Oramas / ACO

Aber auch sängerisch hatte diese Premiere viel zu bieten. Es war wieder ein Ensemble auf der Bühne, das sich an allen größeren Häusern Mitteleuropas sehen lassen konnte. Carlos Álvarez als Don Giovanni war schlicht hervorragend. Man kennt ihn als total souveränen Sängerdarsteller mit großer Spielplane. Er hat die Rolle des Don Giovanni völlig internalisiert und singt sie mit einem klangschönen und allen Herausforderungen gerecht werdenden Bariton. Rubén Amoretti war sein Leporello mit einem kraftvollen Bass, der schon Wagner-Optionen erahnen lässt. Die beiden spielten phantastisch miteinander und lebten sich in ihren Rollen völlig aus. Donna Anna war Giuliana Gianfaldoni, eine perfekte Mozartstimme, klangrein mit wunderbarer Intonation, auch herrliche Höhen meisternd und mit einem strahlenden Timbre ausgestattet. Man könnte fast sagen, eine perfekte Donna Anna. Selene Zanetti als Donna Elvira präsentierte hingegen, gut zu Gianfaldoni abgestuft, einen etwas schwereren Sopran, auch mit mehr Tiefe und Breite. Die beiden waren also bestens aufeinander abgestimmt und – wie so oft bei den ACOs in las Palmas – hervorragende Sängerinnen.

© Nacho González Oramas / ACO

Don Ottavio war Marco Ciaponi, ein Mozart-Tenor der auch allen Regeln der hier geforderten Kunst entsprach und besonders viel Applaus bekam. Alexandra Zamfira war eine liebliche Zerlina mit einem sehr gut klingenden leichten Sopran, auch in der Darstellung mit Masetto und Don Giovanni einnehmend. Max Hochmuth war mit seinem Rollendebut Masetto und bewies einmal mehr, dass dieser Bariton sicher eine Karriere machen wird. Vittorio de Campo war ein Commendatore mit sehr dunklem Bass und hier auch einmal sehr gut präsentiert. In dieser sehenswerten Inszenierung gab es eben auch noch diesen berühmten Handschlag mit dem Ende Don Giovannis und seinem Abgang in die Hölle unter entsprechenden Licht- und Nebeleffekten! Es war hier vieles von dem zu sehen, und überhaupt nicht antiquiert wirkend, was Lorenzo da Ponte in sein Stück hineingeschrieben hat, und um die man bei der letzten Produktion bei den Salzburger Festspielen einen so großen Bogen machte. Auch der Schluss hatte es in sich: Nachdem die Zurückgebliebenen in holder Eintracht den Epilog gesungen haben, geht hinten die Bühne auf und man sieht noch einmal Don Giovanni, wie er sich über alle kaputtlacht und sie in der Hölle empfängt.

© Nacho González Oramas / ACO.

Leonardo Sini dirigierte mit viel Feingefühl das Orquesta Filarmónica de Gran Canaria und den von Olga Santana bestens einstudierten Coro del Festival de Ópera.Auch musikalisch wurde der Abend so zu einem guten Premierenerlebnis im schmucken Teatro Pérez Galdós. Von der Inszenierung her war dieser Don Giovanni ein launiges, unterhaltsames und auch spannendes Spektakel – eine Produktion, die mühelos Abnehmer in anderen Häusern Europas finden würde, ja müsste.

Klaus Billand, 30. April 2025


Don Giovanni
Wolfgang Amadeus Mozart

Las Palmas de Gran Canaria/Teatro Pérez Galdós

Besuchte Vorstellung: 8. April 2025

Regie: Daniele Piscopo
Musikalische Leitung: Leonardo Sini
Orquesta Filarmónica de Gran Canaria