Nachtrag zur Vorstellung vom 1. Dezember:
Ein zweiter Besuch dieser selten gespielten, meisterhaften Oper Schnittkes hat sich mehr als gelohnt (leider war es bereits die Derniere, und so wie man den Opernbetrieb in Zürich kennt, werden Produktionen zeitgenössischer Opern in den folgenden Spielzeiten kaum je wieder aufgenommen). Das Publikum im ausverkauften Haus (ok, es war halt eine Volksvorstellung mit deutlich reduzierten Eintrittspreisen) jedenfalls zeigte seine Begeisterung mit enthusiastischem Beifall, zu Recht. Beim zweiten Besuch konnte ich mich stärker auf die Musik und die vokale Ausgestaltung konzentrieren – und war fasziniert von Schnittkes augenzwinkernder Polystilistik, welche Jonathan Stockhammer und die mit grossartiger Durchörbarkeit des Klangs aufspielende Philharmonia Zürich aus dem Graben und den Parkett-Logen ertönen liess. Die Protagonisten und der grandiose Chor der Oper Zürich waren allesamt bestens disponiert und hatten deutlich wahrnehmbar Spass an ihren diffizilen Partien. Das war logischerweise alles viel lockerer und noch souveräner ausgestaltet als an der Premiere, was dem Werk durchaus gut bekam. Die Besetzung der Partien war identisch (Susanne Elmark, Bo Skovhus und Matthew Newlin allesamt erneut herausragend). Nur die stumme Rolle des Idiotendoubles wurde diesmal vom Choreografen der Produktion, Evgeny Kulagin, höchstselbst interpretiert – selbstredend eindrücklich und mit der natürlichen Unbefangenheit des Nacktseins. Alvin Scheiwiller trat an diesem Abend in der Rolle von “Ich als Kind” auf. Der Knabe spielte den berühmten Tango auf seiner Violine mit einer Reinheit der Intonation und einer Wärme des Klangs, die bass in Erstaunen versetzte. Was für ein Talent!
Kaspar Sannemann, 3. Dezember 2024
Leben mit einem Idioten
Alfred Schnittke
Opernhaus Zürich
1. Dezember 2024
Regie, Bühnenbild und Kostüme: Kirill Serebrennikov
Leitung: Jonathan Stockhammer
Philharmonia Zürich