„Ich habe Ihnen in mehreren Besprechungen klar zu machen versucht, dass Sie der Kunst meines Mannes keinen Gefallen tun, wenn Sie in der Jetztzeit sie zu lanciren versuchen – ich werde auch in Zukunft jede von Ihnen geplante Aufführung verhindern.“
How, ich habe gesprochen.
So kann man‘s in einem faszinierenden Dokument nachlesen, das vom Menschlich-Allzumenschlichen der Witwe Wagner zeugt. Denn die alte Dame versuchte in den 70er Jahren – bis heute bleibt rätselhaft, wieso – die Arbeit der im Einsatz für das Opernwerk ihres Mannes gegründeten Gesellschaft zu behindern. Es gelang ihr nicht; eine erste, immerhin konzertante Aufführung des Friedensengels konnte relativ kurz nach Gründung der Gesellschaft in London über die Bühne gehen: mit Friedelind Wagner als Vorsitzende und der Mödl als repräsentative Sängerin.
50 Jahre ISWG – die Arbeit des letzten halben Jahrhunderts wird nun zum einen in einer kleinen Ausstellung auf die wie üblich sorgfältig gemachten Hänger gebracht, zum anderen im wie üblich reichhaltigen Magazin der Gesellschaft ausgebreitet: von den Anfängen in einem Bayreuther Lokal über erste Realisierungen der Siegfried-Wagner-Opern über eine kleine Kunstpause zu den dann häufiger werdenden Produktionen. In einem Punkt muss man der ISWG höchsten Respekt zollen: Sie vermochte es, alle Opern Siegfried Wagners auf Tonträgern einzuspielen und jeweils in der Regel einmal auf die meist kleine Bühne zu bringen; die bloße Statistik der Aufführungsfolgen macht‘s so klar wie die von der ISWG ermöglichten zahlreichen CDs, die sich im Besitz jedes interessierten Opernfreundes befinden sollten, der bei Siegfried Wagner mitsprechen will.
Nein, man muss nicht jedes Opus Siegfried Wagners für das Werk eines „Genies“ halten, wie der jüngst verstorbene, die Geschicke und Geschichte der ISWG jahrzehntelang leitende und inspirierende Peter Paul Pachl einmal behauptete, doch ist es schade, dass es allein die von der ISWG initiierten Produktionen waren, die in den letzten 50 Jahren die Opern auf den Bühnen sichtbar machten. Die Dokumentation betreibt, natürlich, in dieser Hinsicht nicht zu wenig Eigenlob, aber Jubilare dürfen das. Was Ausstellung und Begleitheft leisten, ist ja auch Werbung für einen Komponisten und sein Werk, um das sich sonst, warum auch immer, kein Intendant zu kümmern scheint. Winfried Wagner sollte, das ist böse, auf ihre Weise Recht behalten: ihr Mann kann auch heute nicht als durchgesetzt gelten – aber als dokumentiert.
Dass also in den letzten 50 Jahren Haltbares geschaffen wurde – SW hätte vielleicht gesagt: „und wenn die Welt voll Teufel wär“ – ist schon eine schöne Feier, eine Ausstellung und eine Dokumentation wert.
Bayreuth, RW 21, Dienstag bis Samsabtg, bis zum Ende der Festspielzeit.
Frank Piontek, 5.8.2022