Wien: „Indigo und die 23 Räuberinnen“, nach Johann Strauss

Im Rahmen des „Johann Strauss 2025 Wien“ und dem “Wir sind Wien. Festival“ tourt derzeit die erste aufgeführte Operette von Johann Strauss jun., im Originaltitel “Indigo und die 40 Räuber“, durch alle 23 Wiener Bezirke, bei freiem Eintritt und unter freiem Himmel. Veranstalter ist das Wiener Volksbildungswerk. Unter den zahlreichen Bearbeitern des kruden, auf dem Märchen „Ali Baba und die 40 Räuber“ aus „Tausendundeine Nacht“ beruhenden, Librettos war Richard Genée federführend. Uraufführung war am 10. Februar 1871 im Theater an der Wien. Die Handlung spielt im 19. Jahrhundert auf der Insel Makassar. Das heutige Makassar ist keine Insel, sondern die Hauptstadt der indonesischen Provinz Südsulawesi und liegt an der südwestlichen Küste der Insel Sulawesi. Für eine passende Aufführung als „Tourneeproduktion“ hat Anna Katharina Bernreitner gemeinsam mit der Dramaturgin Marie Huber den Text bearbeitet und vor allem das Personal der Operette auf vier Hauptdarsteller reduziert. Übrig blieben Ali Baba, Indigo, Janio und Fantasca. In der Fassung der Regisseurin strandet ein Wiener Liebespaar auf der exotischen Insel von König Indigo. Fantasca gerät in seinen Harem, während sich ihr Geliebter Janio als Ratgeber bei Indigo beliebt macht. Dessen Reich steht am Rande eines Defizitverfahrens, denn die Armee ist schwach und die Vorratskammer leer und zu allem sollen im Wald noch „Räuber*innen“ [ärgerlicherweise gegendert, sonst gäbe es wohl keine Fördermittel] ihr Unwesen treiben. Fantasca sorgt dafür, dass Indigo eine Belohnung zur Ergreifung der Räuber aussetzt und wie beim Sängerstreit auf der Wartburg bietet sie völlig uneigennützig ihre eigene Hand zum Preis an. Während sich Indigo zum Gott erheben will, lassen sich die als Räuber verkleideten Haremsdamen von Janio gefangen nehmen.  Zufällig kommt dann ein Schiff Richtung Wien vorbei, nach welchem die vor der Spielfläche knieenden Kinder aufgeregt Ausschau halten, und nimmt das Liebespaar und alle des Insellebens überdrüssig gewordenen Bewohner, an Bord. Ende gut alles gut! In der Titelrolle gefiel ob seiner großen schauspielerischen Darstellung der Tenor Alexander Kaimbacher mit profunder Stimme in allen Lagen. Wolfgang Resch unterlegte seinen eher hohen Bariton spielfreudig der Rolle des Eseltreibers Ali Baba, den Johann Strauss für Tenor komponiert hatte. Die aus Osttirol stammende Sopranistin Anita Giovanna Rosati, noch sehr gut in Erinnerung in der Hosenrolle des Jemmy in „Guillaume Tell“ 2018 am Theater an der Wien in der Regie von Thorsten Fischer, veredelte die Fantasca mit ihrem schlanken höhensicheren Sopran. Lukas Karzel, ein ehemaliger Wiener Sängerknabe, war darstellerisch ein prächtiger Liebhaber Janio, den er auch bemüht mit seinem luftigen Tenor auszufüllen suchte. Sopran Barbara Maria Angermaier überzeugte in der Rolle des Esels mit stimmlicher wie darstellerischer Ausdruckskraft. Den Wermutstropfen bildete, der von Michael Grohotolksky einstudierte, Kammerchor, der völlig uneinheitlich sang, wobei eine der Sängerinnen immer wieder besonders laut und mit falschen Tönen herausstach. Die gesamte praktikable Ausstattung besorgte Katarina Ravlić, die Arrangements Leonard Eröd, wobei mir der Schlussmonolog des Esels „Ich habe einen Traum“, angelehnt an den Titel der berühmten Rede des Pfarrers und Bürgerrechtlers Martin Luther King „I have a dream“, die dieser am 28. August 1963 beim Marsch auf Washington für Arbeit und Freiheit vor mehr als 250.000 Menschen vor dem Lincoln Memorial in Washington, D.C. hielt, besonders gut gefallen hat. Freilich waren an diesem Abend im Arenbergpark vielleicht nur geschätzte 150 Personen anwesend, von denen die Wenigsten noch wissen, wer dieser bedeutende Afroamerikaner war… Das Wiener KammerOrchester wurde von dem jungen aus Sopron stammenden Dirigenten Simon Erdei umsichtig und schwungvoll geleitet. Nach rund 80 pausenlosen Minuten ging dieses höchst vergnügliche Spektakel unter großem Applaus des zahlreichen Publikums zu Ende. Bravo an alle Mitwirkenden!

Harald Lacina, 5. Juni 2025


Indigo und die 23 Räuber*Innen   
Das Originalwerk von Johann Strauss junior
heißt „Indigo und die 40 Räuber“

Johann Strauss 2025 Wien“ und „Wir sind Wien. Festival im Arenberpark“ 
Premiere: 1. Juni 2025 im Stadtpark

Inszenierung: Anna Katharina Bernreitner       
Dirigat: Simon Erdei     
Wiener KammerOrchester undWiener Kammerchor