Cottbus: „Die Liebe zu den drei Orangen“, Sergej Prokofjew

Etwas ist faul im Staate Dänemark oder wie auch immer das märchenhafte Königreich heißen mag, in dem ein Thronerbe lebt, der nicht zu lachen vermag. Zwar näher an der Langeweile – oder hypochondrischere Verschleimung, wie der Hofstaat zu sagen pflegt – denn an Todessehnsucht und dennoch Hamlet-gemäß mit Schädel ausgestattet, schickt Tomo Sugao seinen Prinzen auf die Suche nach dem Lächeln und der großen Liebe. Doch was soll diese Geschichte eigentlich werden? Darf es eine Tragödie sein? Oder lieber eine Komödie? Etwas fürs Herz, ein lyrisches Drama? Oder vielleicht doch eher eine Posse? Statt Metaebene und Subtext über Theaterstreit und Machtdramen entscheidet sich der Regisseur für eine überzeichnete Märchenwelt, die den großen Knalleffekt nicht braucht.

© Bernd Schönberger

Von links nach rechts, von rechts nach links, nach hinten, nach vorne, darüber, darunter: Als wahres Wunderwerk erweist sich dabei das äußerst reduzierte und dennoch enorm wandlungsfähige Bühnenbild von Carola Volles, das in großen Teilen nur aus einigen Gerüsten mit goldenen Lamellenvorhängen besteht. Nur wenige Requisiten braucht Volles, die auch für die Kostüme verantwortlich zeichnet, um ihre farbenreiche Welt zu zeichnen. Während die Tragischen, die Komischen, die Lyrischen und die Hohlköpfe in weiß gekleidet sind, erscheinen die Protagonisten in detailverliebten Farbexplosionen. Nur die Königsfamilie ist im zarten Gold gekleidet. Aber da bricht dem Prinzen kein Zacken aus der Krone, auch wenn er diese gerne mal hängen lässt.

Ebenso in Bewegung wie das Bühnenbild sind die Sänger in dieser Inszenierung (Choreografie: Ruben Reniers). Ohne die Spielfreude des Cottbusser Ensembles ist dieses Opernerlebnis kaum vorzustellen. Das größte Lob gilt in diesem Zusammenhang dem Opernchor und dem Extrachor des Staatstheaters Cottbus, die nicht nur höchste Textdeutlichkeit auch in anspruchsvollen Momenten beweisen, sondern auch eine Lust am Spiel und mimische Detailverliebtheit, die locker mit bekannteren Ensembles der nahegelegenen Bundeshauptstadt mithalten kann. Sicher geführt werden Chor und Solisten von Johannes Zurl am Pult des Philharmonischen Orchesters, das insbesondere in den orchestralen Momenten – all voran dem immer wieder aufflackernden berühmten Marschmotiv – aufzublühen weiß.

© Bernd Schönberger

Stimmgewaltig angeführt wird das solistische Ensemble von Philipp Mayer mit sonorem Bass als König. Konstantin Lee zeichnet einen sanft-verzweifelten Prinzen, der eigentlich nur aus dem Elfenbeinturm des royalen Lebens ausbrechen will. Ihnen gegenüber stehen mit ansteckender Lust an der Überzeichnung Rahel Brede als Prinzessin Clarice und Nils Stäfe als Leander. Unterstützt wird die machthungrige royale Verwandtschaft (und solche, die es werden wollen) von Gesine Forberger als Fäden ziehende Fata Morgana und Gloria Jieun Choi als Smeraldina. Dirk Kleinke als ewig animierender Truffaldino, John Ji als Pantalone/Farfarello, Andreas Jäpel als Celio und Ulrich Schneider als Köchin, sowie Isabelle Osenau (Linetta), Mirjam Widman (Nicoletta) und Anne Martha Schuitemaker (Ninetta) als die drei den Orangen entspringenden Prinzessinnen runden die starke Gesamtleistung ab.

Familientaugliche Unterhaltung ist das, was diese Inszenierung am Staatstheater Cottbus liefert. Viel Komödie, ein bisschen Tragödie, die große Liebe und auch ein wenig Klamauk – den größten Lacher in der Lausitz erntet die Tatsache, dass Smeraldina eine Grüne ist, ein Elend” – bietet diese Liebe zu den drei Orangen”. Besonders erfreulich dabei ist – daß nach einigen von der Autorin dieser Zeilen erlebt spärlich besuchten Vorstellungen in Südostbrandenburg – das Publikum in das Jugendstiltheater zurückgekehrt ist. Außer im zweiten Rang sind nur wenige freie Plätze in Paket und Rang zu erkennen. Ein rundum gelungener Sonntagnachmittag für das Staatstheater.

Svenja Koch 1. März 2024
Besonderer Dank an unsere Freunde vom OPERNMAGAZIN


Die Liebe zu den drei Orangen
Sergej Prokofjew

Staatstheater Cottbus

25. Februar 2024

Regisseur: Tomo Sugao
Dirigat: Johannes Zurl
Philharmonischen Orchester