
Béatrice et Bénédict, das letzte der insgesamt vier erhaltenen Bühnenwerke von Hector Berlioz, ist eigentlich ein kleines Opernjuwel. Das 1862 in Baden-Baden uraufgeführte Werk (sehr frei nach Shakespeares „Viel Lärm um nichts“) entstand als Auftragskomposition für Edouard Bénazet, den Pächter der dortigen Spielsäle. Nach anfänglich großem Erfolg und rascher Verbreitung verschwand die Oper aber bald wieder aus dem Repertoire. Völlig zu Unrecht, denn musikalisch ist die Ausgrabung absolut lohnend. Berlioz schrieb für diese Komödie eine bezaubernde, leichtfüßige und melodienselige Musik. Aus den fünfzehn Musiknummern ragen besonders das Rosen-Duett zwischen Hero und ihrer Vertrauten Ursula, ein sehr melodisches Nocturne, und das wunderbare, an den „Rosenkavalier“ erinnernde Terzett des zweiten Aktes heraus. Stefan Klingele und die Bremer Philharmoniker brachten diese Musik delikat und aufblühend zum Klingen. Es gelang eine sensible und mit viel Sinn für Feinheiten angereicherte Wiedergabe.
Auch die Leistung des Bremer Opernensembles war hervorragend. Die Mezzosopranistin Ulrike Mayer als Béatrice und der Tenor Oliver Sewell als Bénédict zeigten sich mit sinnlichem Timbre und strahlender Höhe von ihrer besten Seite. Das andere Paar wurde von Elisa Birkenheier und Arvid Fagerfjäll ebenso überzeugend verkörpert. Nathalie Mittelbach glänzte als Béatrices Vertraute Ursula und verströmte im Nocturne reinsten Wohllaut. Der Gouverneur Leonato wurde hier zur Gouverneurin Leonata und von der Schauspielerin Judith Goldberg gespielt. Dem siegreichen General Don Pedro gab Jasin Rammal-Rykala skurriles Profil. Es hätte also eigentlich ein gelungener Abend werden können.

Aber man hat in Bremen eine eigene Fassung geschaffen und die gesamten Dialoge von Nina Maria Metzger neu schreiben lassen. Dabei ist die Geschichte um die beiden Paare Héro und Claudio sowie Béatrice und Bénédict eigentlich sehr simpel: Das erste Paar kann ihre Hochzeit kaum erwarten, während Béatrice und Bénédict absolute Ehegegner sind. Erst eine Intrige bringt beide dazu, sich doch noch zu vermählen. Hier aber wird die Spieldauer auf knapp drei Stunden aufgebläht. Dabei sind die neuen Dialoge oft platt, albern und pseudophilosophisch „angereichert“. Und was Regisseurin Susanne Lietzow unter Humor versteht, dürfte wohl Geschmackssache sein. Banale Aktionen von einer total betrunkenen Hochzeitsgesellschaft bis hin zu der merkwürdigen Chorprobe, bei der Dirigent Klingele aus dem Orchestergraben krabbeln und mit dem Publikum sprechen muss, erdrücken die Musik und machen sie fast zur Nebensache. Zudem hat sie die Rollen der Béatrice und des Bénédict (ohne Gewinn) verdoppelt und ihnen die Schauspieler Mirjam Rast und Christian Freund zur Seite gestellt, um deren innere Konflikte zu verdeutlichen. Das hätte man konsequenterweise auch bei Héro machen können, denn die verweigert sich am Ende ihrer Trauung, um Meeresbiologie (!) zu studieren. Im zweiten Akt kam dann die Musik etwas mehr zu ihrem Recht.
Immerhin kann die Inszenierung mit dem knallbunten und fantasievollen Bühnenbild von Aurel Lenfert punkten, das mit grünem Rasen, riesigen Blumen und einem Flamingo surrealistische Züge hat und durchaus sehenswert ist.
Wolfgang Denker, 10. Februar 2025
Béatrice et Bénédict
Oper von Hector Berlioz
Theater Bremen
Premiere am 9. Februar 2025
Inszenierung: Susanne Lietzow
Musikalische Leitung: Stefan Klingele
Bremer Philharmoniker
Weitere Vorstellungen: 12., 21. Februar, 2., 6., 29. März 2025