Werke von Pärt, Mozart und Bruckner
Nach dem Eröffnungskonzert im Dom fanden an jedem Tag der Karwoche und den Ostertagen jeweils in einer der vielen Kirchen Münsters Konzerte im Rahmen des Musica-sacra-Festivals für geistliche Musik statt. Besonderer Höhepunkt vom Werk und der Aufführung her war am Ostersonntag die der „Grossen Messe in h-moll“ von Johann Sebastian Bach durch die Gaechinger Cantorey – entstanden aus dem früheren Bach-Collegium und der damaligen Gächinger Kantorei Stuttgart – unter Leitung von Hans Christoph Rademann. Durchsichtiger Gesamtklang wurde erreicht durch die kleine Besetzung des Chors – jeweils fünf Sänger für jede Stimmlage – und barocke Aufführungspraxis unter Verwendung von Barockinstrumenten. Letzteres zeigte sich auch optisch etwa durch die drei langen Trompeten, das Jagdhorn (corno da caccia) zur Begleitung der Baßarie „Quoniam tu solus sanctus“ und vor allem durch die Truhenorgel, einem originalen Nachbau aus der Orgelwerkstatt Gottfried Silbermanns.
Dieses Konzert fand nicht in einer Kirche statt, sondern im Theater Münster, ebenso wie das Abschlußkonzert am 3. April 2018, wie das Eröffnungskonzert ausgeführt durch das Sinfonieorchester Münster unter Leitung von GMD Golo Berg.
Es begann mit einem „Mein Weg“ genannten Werk des estnischen Komponisten Arvo Pärt für vierzehn Streicher (Geigen Bratschen,Celli, Kontrabässe) und Schlagzeug, der Umarbeitung eines früheren Orgelwerks. Durch das bei Pärt übliche akustische An- und Abschwellen erreicht durch Wechsel von Lautstärke und Einsatz der einzelnen Streichinstrumente sollte ein wellenförmiger Lebensweg dargestellt werden. Für sakrales Flair sorgte dabei die bei Pärt auch häufige Verwendung von Glockentönen des Schlagzeugs.
Da freute man sich, daß es lebhafter wurde mit der folgenden zum Lob der Jungfrau Maria komponierten Motette „Exsultate, jubilate“ KV 165 von Wolfgang Amadè Mozart. Golo Berg wählte passende Tempi für die drei Sätze, es wurde das mittlere „Larghetto“ nicht zerdehnt und das abschliessende „Alleluja“ nicht übereilt – „Allegro non troppo“ schreibt Mozart vor. Die Sopranistin Kathrin Filip verfügte mit hellem Sopran über die für die Koloraturen notwendige stimmliche Geläufigkeit, besonders in den Kadenzen und deutlich hörbaren Trillern der Ecksätze. Auch die über bis zu eineinhalb Oktaven bis in tiefe Lagen reichenden Stimmsprünge gelangen – die Motette war nämlich 1773 ursprünglich für den Kastraten geschrieben., der die Hauptpartie in Mozarts „Lucio Silla“ sang. Im „Alleluja“ erfreute die Sopranistin zum Schluß mit einem strahlenden hohen C.
Hauptwerk des Abends war dann Anton Bruckner´s populäre VII. Symphonie in E-Dur. Gewidmet König Ludwig II, von Bayern und im zweiten Satz eine Trauermusik für Richard Wagner paßte sie nicht unbedingt in den Rahmen von „musica sacra“, aber irgendwie sind ja alle Werke Bruckners „dem lieben Gott zugeeignet“, wie er es für seine unvollendete IX. Symphonie verfügte.
Golo Berg dirigierte das Riesenwerk auswendig weder besonders schnell noch übermässig langsam wie etwa Celibidache. Mit 21 Minuten für den ersten und 24 Minuten für den zweiten Satz und einer Gesamtdauer von etwas über einer Stunde bewegte er sich etwa im Rahmen der Aufnahme von Eugen Jochum.
Schon innerhalb des ersten Satzes wurden die dynamischen Unterschiede etwa zwischen dem ersten Themenkomplex mit dem zuerst vom Solo-Horn mit Celli-Begleitung gespielten „heldischen“ Hauptthema und den beiden ruhigeren zweiten und dritten Themen deutlich, die dann in der Durchführung deutlich hörbar miteinander und gegeneinander erklangen. Bei letzterer und Übergang zur Reprise gebührt der Solo-Flötistin besonderes Lob.
Höhepunkt der Symphonie ist bekanntlich das Adagio – sehr feierlich und sehr langsam – eine Trauermusik für den sterbenden und während der Komposition verstorbenen Richard Wagner. Ganz sonor erklangen das Wagner-Tuben-Thema und von den Geigen ausdrucksvoll auf der G-Saite gespielt das Thema aus Bruckners „Te deum“ zu den Worten „Non confundar“ (Ich werde nicht untergehen) Klug disponierte Golo Berg die gewaltige Steigerung, ließ in den Violinen die „Wagner-Sextolen“ deutlich gegen die Bläser hörbar werden, verweigerte dem Publikum aber beim Super-Höhepunkt den Schlag von Becken und Triangel. Ganz ergreifend geriet der Schluß mit dem Gesang der ersten Violinen und dem fast nur gehauchten pp bzw. ppp von Hörnern und Tuben.
Schroff erklang der Beginn des „Scherzo“ mit dem markanten Rhythmus der Streicher und dem signalartigen Solo der 1. Trompete. Da Bruckner als Tempo „sehr schnell“ angibt, hätte vielleicht noch rascher gespielt werden können. Der Kontrast dazu, der Gesang der Streicher im Trio – vorbereitet durch das pp- Paukensolo – gelang dann entspannt lyrisch. Das für Bruckner recht kurze Finale bestach durch exaktes Spielen des immer wiederkehrenden durch alle Instrumentengruppen sich bewegenden punktierten Rhythmus, bis das wiederkehrende Hauptthema des ersten Satzes für den feierlichen Schluß sorgte.
Das Publikum im fast ausverkauften Theater begann direkt nach dem letzten fff-Akkord mit grossem Applaus, auch mit Bravos. Allerdings schien es ebenfalls erschöpft, der Beifall hätte nach dieser monumentalen Symphonie eigentlich etwas länger dauern können…
Bilder (c) Der Opernfreund
Sigi Brockmann 4. April 2018