Valencia: „Turandot“

Palau de les Arts Reina Sofia – WA-Premiere am 10.06.2014

Ganz anders die traditionelle Inszenierung von Puccinis letzter Oper (die der Erinnerung an den am selben Morgen achtzigjährig verstorbenen Rafael Frühbeck de Burgos gewidmet war): Chen Kaige, mit seinem mehrfach preisgekrönten Film „Leb wohl, meine Konkubine“ berühmt geworden, setzte, wie schon viele Filmmacher vor ihm, auf eine üppige Ausstattung (Bühnenbild: Liu King, Kostüme: Chen Tong Xun), die manchmal den Kitsch streifte, aber das Auge doch auch sehr erfreute. Den (wieder prachtvoll singenden Chor unter Francesc Perales) führte der Regisseur geschickt. Interessant war es, den Henker (ein Tänzer auf Kothurnen) bei seinen zeremoniellen Vorbereitungen zur Hinrichtung des Prinzen von Persien zu beobachten, und ganz neu war die Interpretation von Altoum als dekadenter Sack à la römischer Kaiser der Spätzeit des Imperiums, der sich vor lauter mit Genuss geleerten Gefäßen kaum mehr auf den Beinen halten konnte. Ansonsten business as usual in der von Allex Aguilera betreuten Wiederaufnahme einer Produktion aus dem Jahr 2008, will man nicht auch Liùs Tod dazuzählen, denn sie erwürgt sich (nicht eben sehr glaubwürdig) mit einem Timur gehörenden langen Tuch.

Lise Lindström, mir als sehr eindrückliche „Walküre“-Brünnhilde in Palermo in Erinnerung, hat nicht die ideale Stimme für die Titelrolle, dazu fehlt ihr eine breiter aufgestellte Mittellage, aber sie kommt über das entfesselte Orchester gut hinweg. Was sie, eine ausgezeichnete Schauspielerin, an dieser statuarischen Rolle reizte, blieb mir schleierhaft. Jorge de León sang den Kalaf mit beträchtlichem Kraftaufwand und nicht immer frischer Stimme (aus Vorsicht verzichtete er auch das von Puccini als Optional geschriebene „C“ im 2. Akt nicht). Recht anonym in Stimme und Auftreten war die Liù von Jessica Nuccio. Alexánder Tsymbalyuk war ein Timur wie gehabt, Javier Agulló übertrieb die Dekadenz des Altoum ein wenig. Germán Olvera gab einen wohltönenden Ping, umrahmt von Pablo García López (Pong) und Valentino Buzza (Pang). Dem Mandarin verlieh Ventseslav Anastasov Autorität. Auch die Kinder der Escolania de la Mare de Déu dels Desemparats unter Luis Garrido kamen mit schönem Klang ihrer Aufgabe nach.

Ovationen für Zubin Mehta und das Orchester, die eine glanzvolle Leistung geboten hatten, wobei die standing ovations samt Flugblättern den Maestro anflehten, seinen Entschluss, Valencia zu verlassen, rückgängig zu machen: Er sieht sich durch politische Querelen um das Haus nämlich nicht mehr in der Lage, ein Repertoire nach seinen Vorstellungen aufzubauen.

Eva Pleus 16.6.14

Photo Credit: Tato Baezza