CD: „Der wilde Sound der Zwanziger“, 1929

Die CD „Der Wilde Sound der Zwanziger“ bei BR-Klassik ist eine faszinierende musikalische Reise in eine Zeit, die von gesellschaftlichen Umwälzungen, politischem Aufbruch und kulturellem Wandel geprägt war. Die 1920er Jahre waren ein Jahrzehnt, in dem die Welt in vielerlei Hinsicht in Bewegung war, und die Musik spiegelte diese Veränderungen wider. Mit dieser Aufnahme können wir eintauchen in den „Wilden Sound der Zwanziger“ und zwei bemerkenswerte Kompositionen erleben.

Eduard Künnekes „Tänzerische Suite“ ist ein hervorragendes Beispiel für die Verschmelzung von traditioneller Suite und modernem Jazz. Sein Concerto grosso in fünf Sätzen wurde speziell für Jazzband und großes Orchester komponiert und fängt die damaligen Tanzstile, darunter Foxtrott, Blues, Tango und Valse Boston, meisterhaft ein. Die Aufnahme präsentiert diese Komposition in all ihrer Pracht. Dabei überzeugt sie durch eine erregende Rhythmik und ein reichhaltiges Klangspektrum, das dank der solistischen Einlagen von Instrumenten wie Geige und Saxophon besonders facettenreich ist. Künneke gelang es, die Anmut einer alten Suite mit modernen Elementen zu vereinen. Das Ergebnis ist eine fesselnde Jazz-Symphonie auf höchstem Niveau.

Die Interpretation dieser Suite auf der vorliegenden CD ist schlichtweg beeindruckend. Das Münchner Rundfunkorchester unter der Leitung von Ernst Theis erweist sich als hoch kompetent und verleiht dem Stück eine mitreißende Lebendigkeit. Die Jazzband, die sich der Aufführung anschließt, sorgt für ein authentisches Jazz-Flair und bringt die Jazz-Elemente der Suite auf beeindruckende Weise zur Geltung. Ein besonderes Lob gebührt Tomasz Tomaszewski, der mit seiner Solovioline eine herausragende Leistung abliefert und maßgeblich zur musikalischen Brillanz dieser Aufnahme beiträgt.

Hanns Eislers Kantate „Tempo der Zeit“ ist ein weiteres spannendes Werk auf dieser CD. Die Kantate, die 1929 für Soli, Sprecher, Chor, Bläser und Schlagzeug komponiert wurde, fängt den typischen Soundspiel-Sound dieser Epoche ein. Die Verwendung eines reinen Bläserensembles und Schlagwerks verleiht dem Stück einen authentischen Charme. Doch es ist nicht nur die Musik, die beeindruckt. Eisler nutzte das moderne Medium des Rundfunks geschickt, um seine tiefgreifende Kritik an der blinden Technikbegeisterung seiner Zeit einem breiten Publikum näherzubringen. Dieser Ansatz verleiht „Tempo der Zeit“ eine besondere historische Bedeutung. Die Liveaufnahme aus dem Münchner Prinzregententheater fängt die Atmosphäre des Konzerts auf packende Weise ein. Der Madrigalchor der Hochschule für Musik und Theater München, unter der einfühlsamen Einstudierung von Martin Steidler, sowie die herausragenden Solisten Ruth Volpert, Christopher Dollins und Clemens Nicol leisten erstklassige Arbeit. Die Live-Aufnahme vermittelt die Begeisterung und die Energie, die in dieser Aufführung spürbar war, und lässt den Hörer hautnah an diesem besonderen Moment teilhaben.

Die CD „Der Wilde Sound der Zwanziger“ bei BR-Klassik eine mitreißende Sammlung von Musikstücken, die die Vielfalt und Lebendigkeit der 1920er Jahre einfängt. Die Aufnahmen, sowohl die Studioaufnahme als auch die Liveaufnahme, sind gelungen und bieten einen faszinierenden Einblick in die Musik dieser bewegten Zeit. Diese CD ist ein absolutes Muss für Liebhaber der 1920er-Jahre-Musik und Jazzenthusiasten. Sie ermöglicht es, die kulturelle und musikalische Pracht dieses Jahrzehnts in all ihrer Vielfalt zu erleben und zu schätzen.

Dirk Schauß, 3. November 2023


Der wilde Sound der 20er
1929
Hanns Eisler und Eduard Künneke

Münchner Rundfunkorchester
Ernst Theis, Leitung

BR-Klassik, 900 350