Münster: „Sinfonieorchester Münster“, Arvo Pärt / Anton Bruckner

In der numerischen Reihenfolge führt das Sinfonieorchester Münster unter Leitung des GMD Golo Berg alle Sinfonien Anton Bruckners auf und kombiniert sie mit einem zeitgenössischen Werk. Aufführungsort ist die Mutterhauskirche der Franziskanerinnen in Münster-St.Mauritz, zum einen wegen der für Konzerte aussergewöhnlich guten Akustik (Schuhkarton) zum anderen passen Bruckners Werke ja immer in einen geistlichen Raum.

Am vergangenen Samstag wurde nun Anton Bruckners dritte Sinfonie d-moll – bekanntlich Richard Wagner gewidmet, daher von ihm „Wagner-Sinfonie genannt – in der von Bruckner  besonders um Motive  von Wagner gekürzten Fassung von 1889 aufgeführt.  Davor erklang – erst recht passend zum Kirchenraum – von Arvo Pärt das „Te Deum“ von 1985 für drei Chöre (Frauenchor, Männerchor und gemischten Chor), Streichorchester, präpariertes Klavier und Tonband, ein Auftragswerk des WDR von 1985.

Das „Te Deum“ begann mit dem sonoren dunklen Klang der über Tonband zugespielten Windharfe (Thorsten Schmid-Kapfenburg) Die drei Chöre bestritten der Opernchor des hiesigen Theaters (Einstudierung Anton Tremmel) sowie der Konzertchor Münster (Einstudierung Marion Wood)

(c) Wikipedia

Die Chöre waren platziert auf der drei Seiten des Kirchenraum umgebenden Empore, der Damenchor links, der Herrenchor rechts vom Orchester und der gemischte Chor über der Rückseite. Da Damen- und Herrenchor die einzelnen Teile des „Te Deum“ jeweils a-capella im Stil der Gregorianik begannen, wurde so ein eindrucksvolles akustisches Erlebnis vermittelt, insbesondere, wenn dann von hinten der gemischte Chor hinzukam und alle drei Chöre gleichzeitig sangen. Bei den Soli des Herrenchors konnte man vielleicht auch Einflüsse byzantinischer Kirchenmusik heraushören. Das Streichorchester begleitete teils die Chöre, teils wurde sehr deutlich hörbar, besonders in den orchestralen Zwischenspielen, die Kompositionsweise von Arvo Pärt betreffend „Tintinnabuli“ (Glöckchen). Die besteht vereinfachend gesagt darin, dass eine eher schlichte dem Text entsprechende Melodie immer wieder unterstützt, und umgeben wird von passenden kurzen Dreiklängen. Die wurden dann an ausgewählten Stellen auch gespielt vom insofern präparierten Klavier, dass der Klang der angeschlagenen Saiten durch aufgesetzte Schrauben blechern klang (Matthias Maier) Insgesamt steigerte sich das „Te Deum“ mit allen angeführten musikalischen Mitteln zu einem Höhepunkt, um dann nicht mit „Amen“ sondern mit „sanctus“ wieder ganz zurückgenommen zu enden, wieder wie am Anfang mit den dunklen Klänge der Windharfe.

Auf dieses eindrucksvolle fast schon metaphysische Erlebnis folgte ohne Pause Bruckners dritte Sinfonie beginnend mit der über die Quint fallenden Oktave des ersten d-moll Themas, ähnlich, wie sie Beethoven in seiner neunten Sinfonie verwendet. Dieser Motivpartikel wird auch als „Te Deum“ bezeichnet, womit der Bezug zum ersten Stück hergestellt wurde. Gewaltig folgte dann die Steigerung zum vollen Orchesterklang des markanten Hauptmotivs. Dazu stand im Gegensatz das ruhige Motiv der Streicher. Es folgte die kunstvolle thematische und harmonische Durchführung der Themen. Erfreulich war, dass die gewaltigen Klänge der Blechbläser besonders in diesem und auch im letzten Satz nie Streicher und Holzbläser übertönten, die akustische Balance also gewahrt blieb. Von der grossen Vielfalt der gelungen gespielten thematischen, dynamischen und harmonischen Entwicklungen der Sinfonie seien hier nur einige erwähnt. Im zweiten Satz „Adagio“ war ein Höhepunkt wie nach dem ersten Thema der Streicher die Dynamik bis zum ppp zurückgenommen wurde, um dann sich wieder zu einer Art Choral zu steigern, in dem erst Holzbläser, dann Hörner mit rundem Klang ihr Können hören ließen, bevor Trompeten und Posaunen hinzukamen. Im dritten Satz, dem Scherzo, beginnend im stampfenden Rhythmus, befolgten Golo Berg und das Orchester Bruckners Vorschrift „Ziemlich schnell“  fast ohne das „Ziemlich“,  eindrücklich kontrastiert zum wiegenden Tempo des folgenden „Ländlers“ Dies gelang passend auch im ähnlichen Tanzrhythmus des mittleren Trios, bevor  der erste Teil gefühlt noch schneller wiederholt wurde.  Im letzten Satz erfreute neben dem choralartigen Hauptthema eine im passenden Tempo gespielte tänzerische Episode. Auch hier wurden in der Durchführung die thematischen Verflechtungen der Themen in Streichern, Holz- und Blechbläsern deutlich hörbar.

(c) Opernchor des Theaters Münster

Hörbar war auch eine Unisono-Stelle, wo Bässe der oberen Stimme direkt nachschlagen, als wenn nicht zusammengespielt würde – so hat Bruckner es gewollt. Nach dem grandiosen Erklingen des Hauptthemas aus dem ersten Satz – aber jetzt in D-Dur – riss es das Publikum im fast ausverkauften Raum sozusagen von den Kirchenbänken zu begeistertem und andauerndem Applaus und zahlreichen Hervorrufen für den Dirigenten, die Bläser und das gesamte Orchester. Erfreulicherweise wurden alle Sänger und Instrumentalisten im Programmheft namentlich erwähnt. Bedauert werden muss, dass dieses so gelungene Konzert nur dieses eine Mal zu hören war.

Sigi Brockmann, 28. Mai 2023


Münster

Mutterhauskirche der Franziskanerinnen

27. Mai 2023

Arvo Pärt: „Te Deum“

Anton Bruckner: Sinfonie Nr. 3 d-moll

Opernchor des Theaters Münster

Konzertchor Münster

Sinfonieorchester Münster

Dirigent: Golo Berg