featuring ALICE SARA OTT
Wolfgang Amadeus Mozart
Konzert C-Dur für Klavier und Orchester, KV 467
Gustav Mahler
Sinfonie Nr. 5 cis-Moll
Mozartglück und Mahler-Perfektion
Edo de Waart (* 1. Juni 1941 in Amsterdam) ist nach Bernhard Haitink der international bekannteste niederländischer Dirigent. Zu Unrecht steht er in der Reihe der noch lebenden Giganten immer noch in der "zweiten Reihe".
Immerhin kann der jetzt 77-Jährige eine große Vergangenheit vorweisen. Nicht nur war er einst Assistent von Leonard Bernstein bei den New Yorker Philharmonikern. Schon 1967 wurde er Chefdirigent der Rotterdamer Philharmoniker, denen er außerdem von 1973 bis 1979 als musikalischer Direktor diente. Nennen wir das San Francisco Symphony Orchestra ab 1975 Gastdirigent und von 1977 bis 1985 der musikalische Direktor. 1986 bis 1995 war er Chefdirigent des Minnesota Orchestra. Von 1989 bis 2004 war de Waart musikalischer Direktor des Philharmonischen Radioorchesters Holland; Chefdirigent und künstlerischer Berater des Sydney Symphony Orchestra von 1995 bis 2004. Von 1999 bis 2004 immerhin Chefdirigent der Nederlandse Opera. Seit 2004 ist er musikalischer Leiter und Chefdirigent des Hong Kong Philharmonic Orchestra. Na wenn das kein Gigant ist? De Waart dirigierte die Premieren der meisten Werke von John Adams und machte Plattenaufnahmen von Kompositionen Adams als auch von Steve Reich
Daß ein solcher Maestro mit Mahlers 5. keine Schwierigkeiten haben würde – immerhin hat er mit dem Netherlands Radio Philharmonic schon eine Gesamtedition heraus gebracht – war voraus zu sehen, aber das es ein so brillanter Abend wurde ist ein Glücksfall für die Besucher gewesen und eine Sternstunde für Mahler-Fans weit und breit. Dabei kann sich seine Interpretation und die großartige Leistung der Königlichen Philharmonie Flandern durchaus mit den Größten messen und ich würde sie persönlich in eine Reihe mit Abbado, Bernstein und Chailly setzen. Eine fulminante Darbietung, wobei das wunderbare Adagietto wirklich zu Tränen rührt. Anmerkung für unsere jüngeren Freunde "Dieses Stück ist keine Filmmusik (Tod in Venedig, 1971) und nicht von Visconti geschrieben worden – aber kongenial in seinem Jahrhundertfilm eingebaut!"
Daß man im ersten Teil das allseits beliebte und vielgespielte Konzert C-Dur für Klavier und Orchester immerhin mit dem Shooting Star Alice Sara Ott quasi als friedvolles Präludium eingeplant hatte, ist sicherlich nicht nur der relativen Kürze des Mahler Opus von "nur" 70 Minuten geschuldet, sondern zeigte eine Weltklasse Künstlerin mit bescheidener Bodenständigkeit bezaubert. Ihre Natürlichkeit geht soweit, daß sie (lt. Interview) am liebsten immer statt in High Heels barfuss spielen würde. Daß sie immerhin mit 22 schon den ECHO Preis gewonnen hat, sagt heute – auch nachdem dieser so in Misskredit geraten ist – doch noch Einiges aus.
Ein Kollege sprach einst von "feinster artikulatorischer Nuancierungskunst" und "Mozart als pures Glück". Dem würde ich mich klaglos anschließen. Im aktuellen Rahmen der kurzröckig blitzenden Showbiz Klaviersternchen eine Ausnahmeerscheinung par excellence. Eine wirklich tolle Künstlerin.
Bilder (c) Pro Arte Konzerte / Theater Essen
Peter Bilsing 17.5.2018