Pemiere am 26.01.13
Die musikalische Welt gedenkt des zweihundertsten Geburtstages des Komponisten Richard Wagner. Da steht auch das Kieler Opernhaus nicht zurück und hat dessen frühe Oper „Der Fliegende Holländer“ auf den Spielplan gesetzt. Eine Oper, die dem Anschein der Premiere nach nur noch ältere Musikfreunde interessiert. Schade, wer nicht gekommen ist, hat eine abgerundete und werktreue Inszenierung des Venezolaners Carlos Wagner versäumt Erfreulicherweise nichts von dem neumodischen Schnickschnack, mit dem neuerdings selbst in der Provinz die Regisseure die Musikfreunde zu verstören pflegen.
Richard Wagner hat eine Wandersage in Musik gesetzt. Aber mutet er nicht in dem nun rund eindreiviertel Jahrhundert alten Werk seinen Zuhörern eine durchaus abenteuerliche und alten Wertvorstellungen widersprechende Handlung zu? Da ist der Frachtschiffer Daland (Petro Magoulas). Den hat der Sturm in eine einsame Bucht nahe seinem Heimathafen verschlagen. Am nächsten Morgen stellt er erstaunt fest, dass er einen Nachbarn bekommen hat. Sein Steuermann (Fred Hofmann) hat dessen Ankunft von seiner Liebsten träumend schlicht verpennt.
Der Kollege (Kammersänger Jukka Rasilainen als Gast) prahlt mit seinem Reichtum und bittet um Quartier für einen Abend. Daland ist eilfertig bereit, seine Tochter Senta (Orla Boylan als Gast) zu verschachern. Der Kollege – von dem wir erst am Schluss der Oper erfahren, dass er der Fliegende Holländer ist – beklagt sein Schicksal, seit langer Zeit verdammt zu sein, auf dem Meer umher zu irren. Nur eine Frau, die ihm in den Tod folgen will, kann ihn erlösen. Und er ist bereit, ein solches Opfer anzunehmen. Senta aber hat seit ihrer Jugend davon geträumt, den Holländer zu erlösen. Dies, obwohl sie mit dem Jäger Erik (Sung Kyu Park) verlobt ist.
Die sich aus dieser Konstellation ergebenden Konflikte arbeitet der Regisseur sorgfältig heraus. Dabei nimmt er in Kauf, dass seine Solisten sehr statuarisch agieren. Nur der verstärkte Chor (Einstudierung Barbara Kler) der Seeleute und der Spinnerinnen bringt Leben in die Handlung Vor allem das Fest der Seeleute wird zum Musterbeispiel gekonnter Personenführung. Schade nur, dass der Text vom Wein spricht, während Daland und seine Seeleute mit Bierdosen fuchteln.
Großartig an diesem Abend das Philharmonische Orchester, das fein abgestimmt unter der Leitung des Generalmusikdirektors Georg Fritsch um einen rechten Wagner-Sound bemüht ist. Das Bühnenbild von Rifail Ajdarpasic ist geheimnisvoll mit sich drehenden Mühlen, Kraft übertragenden Seilen und Rädern, die an die Stelle der Spinnräder treten. In die runde Ensembleleistung der Stammsängerinnen und -sänger fügen sich die renommierten Gäste – deren saubere Aussprache beeindruckt – nahtlos ein.
Ein großer Abend, der begeistert vom Premierenpublikum geiert wird.
Horst Schinzel
Fotos Olaf Struck