Blu-Ray: „Doktor Faust“, Ferruccio Busoni

Ein Meisterwerk

Die seltene Oper „Doktor Faust“ von Ferruccio Busoni ist ein faszinierendes Werk, das vor nicht langer Zeit in einer eindrucksvollen Inszenierung von Davide Livermoore und unter der musikalischen Leitung von Cornelius Meister auf Blu-Ray und DVD veröffentlicht wurde. Diese Produktion, präsentiert vom Karnevalsfest des Maggio Musicale Fiorentino, bringt eine wenig bekannte, aber äußerst bedeutende Oper auf die Bühne, die zwischen 1916 und 1924 von Busoni komponiert und posthum von seinem Schüler Philipp Jarnach fertiggestellt wurde. Der Mythos von Faust hat Musiker und Künstler schon immer fasziniert und inspiriert, und Busonis Interpretation dieses Stoffes ist keine Ausnahme. Die Rolle des Doktor Faust wird einem Bariton anvertraut, während die des Teufels einem Tenor zugewiesen wird, was eine reizvolle Umkehrung traditioneller Stimmrollen darstellt. Busoni hinterließ das Werk unvollendet, und seine Uraufführung fand 1925 in Dresden statt. Spätere Aufführungen verwendeten hauptsächlich eine Ergänzung von Anthony Beaumont aus dem Jahr 1982, basierend auf Originalskizzen des Komponisten. Die Oper hat sowohl in Deutschland als auch in Frankreich sowie in den Vereinigten Staaten Anerkennung gefunden und wurde von renommierten Opernhäusern aufgeführt.

Die BluRay-Veröffentlichung dieser Inszenierung bietet eine lohnende Gelegenheit, dieses eigenartige Werk kennenzulernen. Das Werk ist in zwei Prologe und einen Epilog gegliedert und präsentiert eine Mischung aus typischen Merkmalen der Zeit, wie der Verwendung von wiederentdeckter Polyphonie, sowie innovativen chromatischen Materialien, die neue und ungewöhnliche Klänge erzeugen. Die Protagonisten, insbesondere der Doktor und Mephistopheles, werden von hingebungsvollen Sängern verkörpert, die sowohl stimmlich als auch schauspielerisch überzeugen. Die Inszenierung von Davide Livermoore, die sich auf das Leben und die Persönlichkeit von Busoni bezieht, ist einfallsreich und ansprechend. Spiegelwände auf der Bühne verleihen dem Geschehen eine zusätzliche Dimension, und die visuellen Effekte sowie das Bühnenbild tragen erheblich zur Atmosphäre des Stücks bei. Die Inszenierung bietet historische Schauplätze des 18. und 19. Jahrhunderts mit gemalten Hintergründen, um einen dreidimensionalen Raum nachzubilden. Dazu gibt es eine riesige LED-Wand, die die Rückseite der Bühne einnimmt und an den Seiten durch Spiegelwände geschlossen wird. Hier sind die sich ständig bewegenden Videobilder von D-Wok, die Architekturen bilden, die schwindelerregende Perspektiven bieten, und die riesige Faust-Bibliothek wird auf diese Weise in virtuelle Umgebungen verwandelt, die eine hypnotische Faszination erzeugen und von höllischen Formen, Flammen, erotischen Bildern und Renaissance-Gemälden bewohnt werden, um die Figuren darzustellen, die im Libretto erwähnt werden. Auf der Bühne gibt es kaum echte Elemente: Stühle, Tische, ein Klavier, auf dem Faust spielt – wie Busoni! – um die Herzogin durch einen gehörnten Satyr zu betören, der aus dem Instrument hervortritt und zur Inkarnation des Mittels der Verführung wird. Der Pakt wird nicht mit Blut auf Pergament unterzeichnet, sondern durch einen Kuss zwischen Faust und Mephistopheles besiegelt. In gleicher Kleidung sind die beiden Protagonisten ein Spiegelbild voneinander und wie die anderen männlichen Charaktere alle Doppelgänger des Komponisten selbst und tragen dieselbe Maske: das Gesicht von Busoni. Ein Spektakel von großer visueller Wirkung, wie es bei Livermore oft zu bestaunen ist. Die musikalische Leitung von Cornelius Meister ist souverän und einfühlsam, wobei das Orchester und der Chor unter seiner Leitung brillieren. Der Chor des Maggio Musicale Fiorentino, unter der Leitung von Lorenzo Fratini, zeigt eine breite Dynamik und gute Präzision, sodass die dramatischen Höhepunkte der Oper vortrefflich gelingen. Ihre kraftvollen und harmonischen Gesänge tragen wesentlich zur Atmosphäre und Intensität der Aufführung bei. Dietrich Henschel als Doktor Faust beeindruckt mit seinem sanften und charismatischen Bariton, der den gequälten Charakter des Doktors einfühlsam darstellt und dem Publikum eine Hoffnung auf Erlösung vermittelt. Daniel Brenna als Mephistopheles gefällt mit seinem kraftvollen Tenor und seiner eindrucksvollen Präsenz auf der Bühne. Seine Interpretation des Teufels ist sowohl faszinierend als auch beunruhigend und trägt wesentlich zum Spannungsbogen der Oper bei. Die ukrainische Sopranistin Olga Bezsmertna brilliert als Herzogin von Parma und bringt mit ihrer klaren und kraftvollen Stimme eine zusätzliche leuchtende Dimension in die Aufführung. Insgesamt ist die Veröffentlichung von „Doktor Faust“ auf Blu-Ray und DVD eine bemerkenswerte Leistung, die es ermöglicht, dieses faszinierende Werk von Ferruccio Busoni in einer herausragenden Inszenierung zu erleben. Eine lohnende Aufführung.

Dirk Schauß, 16. März 2024


Ferruccio Busoni
Doktor Faust

Eine Aufführung des Maggio Musicale Fiorentino
Cornelius Meister, Leitung

Dynamic, 57998