CD: „Max Bruch“, Sinfonie Nr. 1

Max Bruch, der wunderbare Kölner Komponist, litt zeit seines Lebens darunter, dass die Musikwelt ihn lediglich auf nur eines seiner Werke reduzierte: sein erstes Violinkonzert. Dieser Evergreen der Konzertliteratur war bereits zu Lebzeiten des Komponisten ein großer Erfolg, so sehr, dass Bruch zuweilen sehr übellaunig reagierte, wenn er darauf angesprochen wurde. Dabei war sein gesamtes Schaffen überaus groß: vier Opern, drei Sinfonien, zahllose Chorwerke, Lieder und Kammermusik kennzeichnen sein Wirken. Immer noch höchst selten sind Bruchs Sinfonien im internationalen Konzertleben anzutreffen. Auch die Einspielungen der Aufnahmen sind überschaubar. Kurt Masur und James Conlon haben überzeugende Dokumente als klang gebende Plädoyers eingespielt.

Beim Label cpo hat Dirigent Robert Trevino mit den Bamberger Symphonikern alle drei Sinfonien aufgenommen und dazu wertvoll ergänzt mit Auszügen aus Bruchs Bühnenwerken. Groß war seine Verehrung von Johannes Brahms, der durchaus in Bruchs Sinfonien anklingt, zumal Bruch seine erste Sinfonie Brahms widmete. Ein Novum dieser Aufnahme ist das hinzu genommene Intermezzo, welches vor dem Scherzo zu hören ist. Die Sinfonie ist somit in ihrer gesamten Anmutung wesentlich expressiver und kontrastreicher zu erleben. In den beiden anderen Sinfonien berühren die sensible Größe der ruhigen Sätze und die mitreißenden Finali.

Sehr wertvoll sind die Begegnungen mit den Auszügen verschiedener Bühnenwerke von Max Bruch. Auch hier sind überzeugende Beiträge zu erleben, die Bruchs Vorliebe für den orchestralen Mischklang offenbaren und gleichzeitig seinen Theaterinstinkt kennzeichnen.

Aus seinem Bühnenwerk „Hermione“ sind das Präludium, der Trauermarsch und ein Zwischenspiel zu hören. In leichten, schwebenden Melodien ist zu bestaunen, wie gut Bruch seine Kompositionen instrumentiert hat, um die intensiven Farben zum Leuchten zu bringen. Das Vorspiel zu seiner Oper „Loreley“ ist abwechslungsreich und voller musikalischer Überraschungen. Überreich mit musikalischen Ideen gefüllt ist das Vorspiel zu seinem Oratorium „Odysseus“. Anklänge an Wagners „Lohengrin“ sind herauszuhören und auch Felix Mendelssohn, der oftmals auch von anderen Komponisten gerne „zitiert“ wurde, ist hier zu vernehmen. Und doch zeigt sich einmal mehr in diesen Aufnahmen, dass es lediglich Einflüsse anderer Komponisten waren, die Max Bruch geprägt haben. Unzweifelhaft und ebenso erkennbar ist sein ganz eigener Personalstil. Seine Musik ist eigen und unverwechselbar. Die Qualität seiner Werke ist beeindruckend und verdient Beachtung, mehr Präsenz in den Konzerthäusern.

Sehr kantable Musik, welche mit viel Herzblut und großem Können von den Bamberger Symphonikern dargeboten wird. Die üppigen Streicher interagieren trefflich mit den engagierten Holzbläsern und dem strahlenden Blech der Bamberger. Der Vortrag ist von Glanz und Wärme geprägt. Robert Trevino arbeitet zudem gut die Naturstimmungen heraus, weiß aber ebenso überzeugend die Struktur der Partituren aufzuhellen. Instinktsicher treibt er die Musik in ihrem Puls voran und gibt ebenso den ruhigen Satzverläufen die notwendige Weite zur Entfaltung. In den großen Tutti-Effekten überzeugt Robert Trevino mit klaren Akzenten und unermüdlicher Energie. Ein vorzüglicher Interpret für diese so vielschichtige Musik.

Viel Freude und Kurzweil bietet diese überaus gelungene Gesamteinspielung, die cpo mit wertvollen Informationen im Beiheft ergänzt. Die Aufnahmetechnik ist vorzüglich.

Dirk Schauß 12. April 2023


Max Bruch

Sinfonien Nr. 1 Es-Dur op. 28, Nr. 2 f-moll op. 36, Nr. 3 E-Dur op. 51

Ouvertüre, Trauermarsch & Entr’acte aus Hermione op. 40

Loreley-Ouvertüre

Vorspiel zu „Odysseus“ op. 41

Bamberger Symphoniker

Robert Trevino, Leitung

cpo 555 252-2