CD: „Schumann, Sinfonien Nr. 3 / 4“, Marin Alsop

Nach der von Depression geprägten zweiten Sinfonie fand Robert Schumann mit seiner dritten Sinfonie wieder in die Freude zurück. Die sog. „Rheinische“ ist keine Programmsinfonie. Schumann dachte an keinen Beinamen.

Erst im Nachhinein hat sein Freund und späterer Biograph Wilhelm Joseph von Wasielewski sie so genannt, da sie kurz, nachdem Schumann von Dresden nach Düsseldorf gezogen war, entstanden ist. Es war eine glückliche Zeit in Schumanns Leben, und das ist diesem Werk anzumerken. Natur, Poesie, Religion und Ernst prägen die Klänge dieser Sinfonie. Kaum zu glauben, dass sie Schumann in einem einzigen Schaffensrausch von gut einem Monat niederschrieb.

Groß sind darin die Kontraste, wie tänzerische Ländlerweise oder der tiefe Ernst im vierten Satz. Ist es, wie so viele mutmaßen, ein musikalisches Abbild des Kölner Doms? Gut möglich, die erhabenen Posaunen türmen wunderbar feierliche Akkorde übereinander.

Robert Schumanns vierte Sinfonie wurde ursprünglich kurz nach seiner ersten komponiert. Zunächst gab es darüber Verwirrung bei den Zeitzeugen, denn die Ur-Version war zunächst einsätzig komponiert, was irritierend auf die Zuhörer wirkte. So kam es zu mehreren tiefgreifenden Überarbeitungen, die die Sinfonie schlussendlich zu dem besonderen Meisterwerk machten, das wir heute kennen. 

Wie schon in der Naxosaufnahme der beiden ersten Schumann-Sinfonien, so wählte Dirigentin Marin Alsop die Fassungen von Gustav Mahler. Mahlers subtile Änderungen der Orchestrierung wurden wegen der Neuerungen einiger Instrumente und der zunehmenden Größe von Sinfonie-Orchestern am Beginn des 20. Jahrhunderts vorgenommen. Faszinierend, wie einfühlsam Mahler dabei vorging, ohne die kompositorische Originalität zu schmälern. Schumann ist hier ganz in der Obhut von Gustav Mahler anzutreffen.

Das ORF Radio-Symphonieorchester Wien ist hier voller Spielfreude und großem Engagement zu erleben. Alsop realisiert ein transparentes Klangbild, welches den strukturellen Verlauf der Partitur gut aufschlüsselt. Rhythmisch pointiert weiß sie überzeugende Akzente zu setzen. Mit Ruhe und treffsicherem Timing gelingen ihr spannungsreiche Übergänge, wie z.B. im dritten zum vierten Satz in der vierten Sinfonie

Der warme Klang des Wiener Musikvereins ist authentisch und weiträumig eingefangen. Das Beiheft enthält wissenswerte Details zu den Werken und den Ausführenden.

Eine wichtige Ergänzung in der Schumann-Diskografie, die ein lohnenswertes Hörerlebnis bietet.

Dirk Schauß, 28. Januar 2023


Robert Schumann

Sinfonie Nr. 3 Es-Dur op. 97 „Rheinische“

Sinfonie Nr. 4 d-moll op. 120

Bearbeitung: Gustav Mahler

ORF Radio-Symphonieorchester Wien

Marin Alsop, Leitung

Naxos: 8.574