Duisburg: „Geisterritter“

Premiere: 19.06.2019, besuchte Vorstellung: 07.07.2019

Es spukt im Opernhaus

Mit den „Junge Opern Rhein-Ruhr“ haben sich die Opernhäuser Düsseldorf/Duisburg, Dortmund und Bonn zusammengeschlossen, um neue Familienopern zu schaffen, die den Vergleich mit großen Produktionen nicht scheuen müssen. Im Gegenteil, die Kostüme sind in allen Fällen sehr phantasievoll und detailliert geschaffen und das Bühnenbild nutzt oft alle Möglichkeiten, die eine große Bühne zu bieten hat. Hinzu kommen große Kompositionen, wie sie heute ja leider viel zu selten neu geschaffen werden. So konnten Produktionen wie „Vom Mädchen, das nicht schlafen wollte“, „Ronja Räubertochter“, „Die Schneekönigin“ oder auch „Gullivers Reise“ bislang neben den ganz jungen Theaterbesuchern auch stets das erwachsene Publikum begeistern. Große Vorfreude kam auf, als bekannt wurde, dass man sich mit „Geisterritter“ nun die Rechte an einem Buch der Erfolgsautorin Cornelia Funke sichern konnte. Die Premiere fand im Dezember 2017 am Theater Bonn an, zum Ende der Spielzeit 2018/19 fanden nun einige wenige Aufführungen in Duisburg statt, ehe die Produktion ab dem 20.09.2019 am Opernhaus Düsseldorf zu sehen sein wird.
Und leider ist es dann wie so oft im Leben, wenn man sich ganz besonders auf etwas freut und die Erwartungen entsprechend hoch sind, dann wird es schwer diese zu erfüllen. So auch im Fall der „Geisterritter“, welche die Qualität der Vorgängerproduktionen leider nicht ganz erreichen konnten. Dies liegt wohl vor allem an der Komposition. Doch bevor ich hier zu Einzelheiten komme und damit kein falscher Eindruck entsteht: für etwas ältere Kinder sind die „Geisterritter“ noch immer ein großer, zum Teil auch sehr, sehr gruseliger Spaß. Dennoch will sich die ganz große Begeisterung anders als bei den bisherigen Werken nicht einstellen.

Doch zuerst kurz zur Geschichte: Jon Whitcroft wird von seiner Mutter und seinem Stiefvater ins Internat nach Sailsbury geschickt, wo er sich mit Angus und Stu nun ein Zimmer teilt. Während einer Geschichtsstunde bei Mr. Rifkin platzt plötzlich der Geist von Lord Stourton samt seiner dämonischen Gehilfen herein, die allerdings nur von Jon gesehen werden. Die übrigen Mitschüler halten Jon dagegen für verrückt, rennt er doch wie wild durchs ganze Klassenzimmer. Nur Ella glaubt ihm und nimmt Jon mit zu Ihrer Großmutter Zelda. Hier finden die beiden heraus, dass Lord Stourton 1557 gehängt wurde, da er William Hartgill getötet hat. Seitdem will er sich an allen männlichen Hartgills rächen, zu denen auch Jon gehört, da seine Mutter eine geborene Hartgill ist. In der Kathedrale von Sailsbury treffen Jon und Ella auf die Statue des Ritters William Longspee, die plötzlich zu leben erwacht. Longspee verspricht die beiden im Kampf gegen Stourton zu unterstützen, wenn sie ihm im Gegenzug helfen sein Herz zu finden, welches an falscher Stelle begraben liegt. Hieraus entwickelt sich die Geschichte, die in der Oper leider sehr schnell voranschreitet, bleiben hier ja auch nur zwei Mal rund 50 Minuten Zeit. Sehr schön anzusehen sind hierbei die gelungenen Kostüme von Kristopher Kempf.

Die Komposition von James Reynolds wirkt dagegen leider recht unschlüssig. In den Szenen mit den Geistern kann die Musik auf Grund der erzeugten Stimmung durchaus punkten, ansonsten wirkt es leider oft so, als ob man nicht so recht wusste, wohin die Richtung gehen soll. Dies gilt leider auch für das Libretto von Christoph Klimke. Großmutter Zelda zur Seite stehen beispielsweise drei Kröten, die hier in der Oper zu drei „coolen“ Schülern werden, die rappender Weise den Kindern erläutern, dass Mathe doof aber Sport cool ist. Hier wäre weniger mehr gewesen, indem man diese absolut überflüssigen Rollen samt Hip-Hop-Exkurs komplett streicht. Ähnliches gilt für einen schnulzigen Popsong, der sich der „Liebe“ zwischen Jon und Ella widmet und zu viel Zeit für die eigentliche Geschichte wegnimmt. Für Jons familiäre Hintergründe bleibt somit leider keine Zeit mehr übrig. Grundsätzlich mag ich es ja sehr, wenn sich verschiedene Stilformen passend ergänzen, im Fall der Geisterritter wirkt der Einsatz verschiedener Genres aber doch etwas sehr konstruiert.

Die Inszenierung von Erik Petersen bringt das Märchen durchaus gelungen auf die Bühne. Hierbei werden vor allem immer wieder recht hübsche comic-hafte Videoanimationen von fettFilm verwendet, die in diesem Bereich sicherlich zu den absoluten Größen im Theaterbereich zählen. Leider ist nur der Beginn der Oper sehr verwirrend, was dann auch gleich aufgegriffen wird, indem gesagt wird, dass kein Zuschauer versteht was hier gerade vor sich geht und man daher nun von vorne mit der Erzählung beginnt. Gerade im Bereich der Familienstücke wäre es meiner Meinung nach besser, wenn insbesondere die Kinder gleich von der ersten Minuten an mitgenommen werden. Die Darsteller machen allesamt eine gute Figur, in der besuchten Vorstellung übernahmen Cornel Frey und Anke Krabbe die Rollen von Jon und Ella, die im ersten Moment vielleicht fast schon zu alt wirken, sich aber hervorragend in die Rollen versetzten. Besonderen Eindruck hinterließen aber vor allem Bernhard Landauer als Lord Stourton und David Jerusalem als William Longspee. Auch Susan Maclean gab eine liebevolle Großmutter ab. Patrick Francis Chestnut leitet bei dieser Produktion nicht nur den Chor, sondern auch die Duisburger Philharmoniker souverän durch die Vorstellung.

Alles in allem ist Geisterritter trotz der erwähnten Schwächen insbesondere für Familien mit Kindern zu empfehlen, sofern diese nicht zu ängstlich sind. Einige Effekte sind hier wahrlich nichts für schwache Nerven. Allen erwachsenen Operngänger der Deutschen Oper am Rhein empfehle ich, lieber auf die Wiederaufnahme von Ronja Räubertochter im Mai 2020 zu warten, da sie dort die musikalisch bessere Oper erwarten wird.

Markus Lamers, 14.07.2019

Bilder: © Birgit Hupfeld