Hamburg: Symphonie Nr. 8

Musikalische Höchstleistung in der Elbphilharmonie

Die Symphonie Nr. 8 Es-Dur von Gustav Mahler ist ein Brocken. Nicht ohne Grund trägt sie den (allerdings nicht vom Komponisten stammenden) Beinamen „Symphonie der Tausend“. Das Orchester ist mit über 130 Musikern besetzt, dazu zwei Chöre, ein Kinderchor und acht Solisten. Eliahu Inbal hat für den erkrankten Kent Nagano die musikalische Leitung übernommen. Ihm gelingt es, das Philharmonische Staatsorchester Hamburg, den Chor der Staatsoper (in der großartigen Einstudierung von Eberhard Friedrich), den Staatschor Latvija (nicht minder präzise von Mãris Sirmais vorbereitet), die Hamburger Alsterspatzen und die Solisten zu einer musikalischen Höchstleistung anzuspornen. Die Struktur des zweiteiligen Werkes mit dem alten lateinischen Pfingstgesang „Veni creator spiritus“ im ersten und den Schlussworten aus Goethes „Faust II“ im zweiten Abschnitt wird mit ihrem Wechsel zwischen intimen Momenten und bombastischer Monumentalität von Inbal perfekt umgesetzt. Die Symphonie ist durchgängig durch Gesang geprägt. Wenige Passagen sind rein instrumental, wie etwa der Beginn des zweiten Teils. Hier gelingt Inbal eine wunderbare, geradezu „romantische“ Klangverdichtung – und er lässt das Orchester in purer Schönheit musizieren. Bei den Solisten haben die Damen einen leichten Vorsprung: Die Stimmen von Sarah Wegener, Jacquelin Wagner, Heather Engebretson, Dorottya Lang und Daniela Sindram überstrahlen leuchtend und mühelos den riesigen Apparat. Burkhard Fritz führt seinen robusten Tenor sehr schlank und lyrisch, Kartal Karagedik und Wilhelm Schwinghammer gestalten ihre Arien mit viel Intensität. Nur bei der Textverständlichkeit mangelt es bei allen. Das Finale schließlich gerät in seiner Steigerung zu überwältigendem Klangrausch gleichzeitig zum Höhepunkt des Konzerts.

Begleitet wird die Musik mit einer Lichtinstallation der Künstlerin rosalie (bürgerlich Gudrun Müller). Sie hat u. a. beim Bayreuther „Ring“ 1994-1998 Bühne und Kostüme entworfen. Die Aussage in der Konzertankündigung, man würde „einer klar strukturierten skulpturalen Form, im Sinne einer Landschaft aus Licht – ins Heute gedacht“ begegnen, ist allerdings etwas vollmundig. Die säulenartigen, von der Decke hängenden Objekte werden dabei zwar in immer neue Farben und Muster getaucht. Ein Vergleich mit Kirchenfenstern drängt sich auf. Das ist durchaus dezent und ganz hübsch anzuschauen, aber letztendlich auch überflüssig.

Wolfgang Denker, 01.05.2017