Schweinfurt: „Feuerwerk der Oper“

Aufführung im Theater der Stadt Schweinfurt 03.11.2015

Compagnia d´Opera Italiana di Milano verzückt das Schweinfurter Publikum mit italienischem Arienzauber

Nach dem geglückten Auftakt mit der Operettengala war nun in Schweinfurt die große Oper an der Reihe. Die Compagnia d´Opera Italiana di Milano kommt mit großem Orchester, einer Sopranistin, zwei Tenören, einem Bariton, einem Bass und einem kleinen aber feinen Chor nach Schweinfurt. Großer Aufwand für den Nachmittag, der unter dem Motto „Feuerwerk der Opernmelodien“ steht. Und es wird ein Highlight an das andere gereiht, leider wird weder das Stück noch der Interpret (denn es gibt alternierende) angekündigt. Bei den Stücken ist es noch zu verschmerzen, vor allem wenn man sich das dazugehörige Programm gekauft hatte, aber bei den Solisten wäre schon ein Hinweis recht schön gewesen – und wenn ihn der Dirigent gegeben hätte. Schade, denn so wirkt alles ein bisschen aneinandergereiht, ohne den berühmten roten Faden.

Maria Tomassi, Sopran

Das Orchester der Staatsoper Rousse ist auf der Bühne verteilt und gut aufgelegt. Vladimir Boshnakov leitet es mit sicherer und fester Hand. Insgesamt gesehen eine gute Leistung, auch wenn das italienische Feuer, die alles verzehrende Leidenschaft vom Orchester nicht immer so über die Rampe gebracht wird. In jedem Fall jedoch wird auf die Sänger eingegangen und die Klangwogen etwas zurückgenommen, wenn es erforderlich ist um den Sänger nicht zu überdecken. Das Orchester selbst stellt sich mit dem Preludio des 1. Aktes der Verdioper „La Traviata“ vor und nach der Pause mit dem Preludio des 4. Aktes fortzufahren. „La Traviata“ ist insgesamt gesehen sehr oft vertreten. Von den Sängern beeindruckt mich bei der heutigen Vorstellung die Sopranistin Maria Tomassi am meisten. Ob mit der Arie der Leonora aus Verdis „Troubadour“, der Arie der „Tosca“ von Puccini, ob mit „Madame Butterfly“, ebenso von Puccini, sie überzeugt in allen Rollen. Strahlend stimmschön ihr heller warmer leuchtender Sopran, der jede Regung auf das vortrefflichste übermittelt. Feurig, locker, leicht und durchschlagskräftig setzt sie an diesem Nachmittag Maßstäbe. Zu Recht erhält sie während und vor allem dann auch nach der Aufführung fast nicht endend wollenden Applaus. Eine ganz tolle Leistung an diesem Nachmittag. Eindrucksvoll auch der Tenor Thomas Yun. Er überzeugt neben Maria Tomassi mit der Arie aus „Das Mädchen aus dem goldenen Westen“ von Puccini und den beiden großen Arien des Cavaradossi aus „Tosca“. Sein strahlender Tenor ist belcantosicher, lyrisch zurückhaltend, aber wenn es erforderlich ist auch leidenschaftlich auftrumpfend. Ihm nimmt man das Feuer der Jugend und die Leidenschaftlichkeit in jedem Moment ab.

Luca Bodini, Tenor

Der zweite Tenor an diesem Nachmittag, Luca Bodini, hat die tenoristischen größeren Reißer. Er kann Mit La donna é mobile aus Verdis „Rigoletto“, der Celeste Aida aus „Aida“, ebenfalls von Verdi und natürlich dem unverwüstlichen Nessun dorma aus Puccinis „Turandot“ punkten. Er singt zwar alles sehr überzeugend, mit auftrumpfender höhensicherer teilweise imponierender Stimme, aber irgendwie hat man ein bisschen das Gefühl von „gebremsten Schaum“, es fehlt – jedenfalls mir – die totale leidenschaftliche Verkörperung ohne jedes wenn und Aber. Das Publikum jubelt jedoch bei jeder seiner Arien und auch am Schluss tosender Applaus.

Andrij Shkurhan, Bariton

Eindrucksvoll wirkt auf mich der Bariton Andrij Shkurhan. Mit einem durchdringenden, urgewaltigen aber dennoch weichem und sehr schönem Bariton füllt er mühelos das Schweinfurter Theater bis in den letzten Winkel aus. Mit der großen Arie des Grafen Luna aus „Troubadour“, dem exzellenten Te Deum aus „Tosca“, bei welchem ihn der ausgezeichnete Chor, der nur aus 8 Personen besteht, aber ein Vielfaches an Stimmvolumen aufweist, vorzüglich begleitet, dem wunderschön gesungenen Qual Voce aus „Troubadour“, gemeinsam mit Maria Tomassi und nicht zuletzt dem beeindruckenden Di Provenza aus „La Traviata“ weiß er nicht nur voll zu überzeugen, sondern auch zu begeistern. Der Bass Slavin Peev ergänzt das Quintett überzeugend mit tiefem voluminösen durchdringenden Bass. Er kann mit der Arie Vi ravviso aus Bellinis „La Sonnambula“ glänzen, Ebenso mit der großen Arie des König Philipp aus Verdis „Don Carlos“. Der Chor kann all seine Güte, vor allem erstaunlich bei der kleinen Besetzung, eindrucksvoll bei I Mattadori aus „La Traviata“ und Va pensiero aus „Nabucco“, ebenfalls von Verdi, zeigen. Nicht endend wollender Applaus am Ende des Opernabends lassen als Zugabe dann noch ein weiteres Highlight zu. Spritzig, schwungvoll, das Publikum mitreißend treten alle Solisten nochmals mit „O Sole Mio“ auf und machen aus der Arie ein kleines Kabinettstückchen. Jetzt möchte das Publikum weiteres hören, jetzt ist das italienische Flair übergesprungen, aber auch ein schöner italienischer Abend muss einmal zu Ende gehen und so freut man sich auf das nächste Jahr und die Compagnia d´Opera Italiana di Milano.

Manfred Drescher, 13.11.2015

Fotos: Manfred Drescher