Dortmund: Mozart-Matinée

Ein wenig Mozart, dafür Tschaikowski und Beethoven

Württembergische Philharmonie Leitung F. Haimor – J. Moog Klavier

Mit einem wenn auch kurzen Werk des Namensgebers der Veranstalterin eröffnete die Württembergische Philharmonie Reutlingen unter Leitung ihres seit 2017 in dieser Position tätigen amerikanischen Dirigenten Fawzi Haimor die Mozart-Matinée am vergangenen Sonntag im bis zum obersten Rang ausverkauften Konzerthaus Dortmund. In grosser Orchesterbesetzung wurde die Ouvertüre zu Don Giovanni gespielt. Kräftig erklangen die Anfangsakkorde, deutlich wurde das Crescendo der chromatisch ansteigenden und abrupt ins p zurückgenommenen Moll-Tonleitern. Das folgende Allegro wurde zügig aber nicht zu hastig gespielt.

Mozart´s Don Giovanni bezeichnete Peter Iljitsch Tschaikowski als die größte alle Opern. Das merkt man nicht unbedingt in seinem im Konzertprogramm folgenden populären ersten Konzert für Klavier und Orchester in b-moll op. 23. Während das wichtigste Ziel der Mozart-Matinéen in der Nachwuchsförderung besteht, indem junge Stipendiaten die Möglichkeit erhalten, solistisch mit professionellen Orchestern aufzutreten, wurde jetzt mit Joseph Moog ein früherer Stipendiat (2008) engagiert, der inzwischen eine erfolgreiche Karriere absolviert hat. Das hörte man gleich an der Wucht, mit der er die einleitenden Des-Dur Akkorde des ersten Satzes begleitet durch das volle Orchester spielte, auch im Tempo passend zur Satzbezeichnung molto maestoso.

Danach gelangen ihm donnernde Oktavketten, perlende Läufe und behende die Klaviatur herauf- und heruntergespielte gebrochene Akkorde. Geheimnisvoll bereiteten die Bläser das auf den letzten beiden von drei Triolentönen springende Thema vor – angeblich das Lied eines russischen Bettlers. Daß er auch ausdrucksvoll lyrisch spielen konnte, zeigte – wieder nach Bläservorbereitung – das zweite Thema dolce e molto espressivo. Beide pianistischen Fähigkeiten konnte er dann in der grossen Kadenz zu Ende des ersten Satzes verbinden. Auch der zweite Satz beginnt ja gesanglich. Zu den sordino-pizzikato spielenden Streichern blies die erste Flötistin ausdrucksvoll das melodiöse Hauptthema, bevor das Klavier dieses fast ebenso melodiös übernahm, wie es später auch zu getupften Akkorden des Klaviers von zwei Solocellisten gespielt wurde. Im prestissimo – Mittelteil, angeblich über ein französisches Volkslied, konnte der Pianist dann wieder sein technisches Können vorführen. Dies galt natürlich auch oder noch mehr für den letzten Satz, der fast mehr Presto con fuoco als wie vorgeschrieben Allegro con fuoco erklang.Trotzdem klappte wie schon vorher das Zusammenspiel zwischen Pianist und Orchester, auch dank häufigen Blickkontakts zwischen den beiden. Das häufig wiederkehrende Thema dieses Satzes soll an russische Tänze erinnern. In Zwischenspielen nutzte der Pianist die Möglichkeit, brillant durch die auf den Tasten tanzenden Finger tänzerische Klänge darzustellen. Nach dem pompösen Schluß – fff für das Klavier – gab es natürlich riesigen Beifall, für den sich Joseph Moog mit einer étude tableau von S. Rachmaninoff bedankte, dies, obwohl er noch am selben Tage im Konzerttheater Coesfeld ein Solo-Konzert immerhin mit u.a. Liszt´s h-moll Sonate und Ravel´s Gaspard de la nuit vor sich hatte.

Mit einer vom Vater unser abgeleiteten für 2020 geltenden ironischen Bitte um unseren täglichen Beethoven begann die Wiener Zeitung das Neue Jahr. Beim gestrigen Konzert war es dessen dritte Sinfonie in Es-Dur op. 55 die Eroica, die dem Orchester in einer ausgefeilten Darstellung gut gelang, dies, ohne durch interpretatorische Mätzchen oder aussermusikalische Einflüsse wie etwa durch wechselnde Beleuchtung auffallen zu wollen. Nach den wuchtigen zwei Orchesterschlägen zu Beginn erklang die Dreiklangsmelodie des ersten Satzes beschwingt – er steht ja im Dreivierteltakt – aber nicht überhastet. So konnte dann nach dem ruhigeren zweiten Thema die grosse Steigerung zu den vielen rhythmisch exakt gespielten sf-akkorden zum dramatischen Höhepunkt werden. Dank sei den Hörnern, daß man deren von Beethoven komponierten zu frühen Einsatz des Hauptthemas vor der eigentlichen Reprise deutlich hörte. Nach den abschliessenden Tutti-schlägen des Orchesters brauchte es eine Pause, bis die Violinen mit ganz zurückgenommenem pp das erste Thema des berühmte Trauermarsches spielten, das dann von der Oboe so ausdrucksvoll aufgenommen wurde.

Das Tempo war so gewählt, daß man sich langsames Schreiten vorstellen konnte. Die fanfarenartigen Höhepunkte und der dem Beginn entsprechende pp-Schluß beeindruckte offenbar das Publikum sehr, man vernahm überhaupt kein Husten. Zu Beginn des dritten Satzes – Scherzo – dauerte es einige Takte, bis sich die Streicher zum pp-staccato zusammenfanden, aber dann klappte es umso besser. Wieder waren es die Holzbläser, die die rasche Bewegung thematisch ergänzten. Dagegen konnte im Trio das Hörnerterzett mit wohltönenden Jagddreiklängen überzeugen. Im Finale beeindruckte zunächst der dynamische Gegensatz zwischen p-pizzicato der Streicher und ff-Schlägen des ganzen Orchesters. Genau zu hören waren später die polyphonen und Fugato-ähnlichen Entwicklungen des Hauptthemas. Beeindruckend gelang dann der Übergang zum langsameren Abschnitt, wo wiederum die Holzbläser das verbreiterte Thema ausdrucksvoll hören liessen. Nachdem im abschliessenden Presto dieses Thema triumphal und hymnisch die Sinfonie beendete, setzte spontaner starker Beifall des Publikums ein, berechtigter Dank an Orchester und Dirigent für diese die Vorlieben vor allem des älteren Publikums erfüllende Matinée.

Sigi Brockmann 20. Januar 2020

Fotos Melanie Graas Fotodesign