Die Wiederaufnahme in der musikalischen Komödie ist einfach nur „reine Unterhaltung“ – und was will man mehr…
besuchte Aufführung: Wiederaufnahmepremiere am 24. Mai 2014
Man hat sich in der musikalischen Komödie Leipzig einen Gefallen getan und nach drei Jahren Pause wurde „Der Waffenschmied“ wieder im Spielplan aufgenommen. Bei der ersten Vorstellung am 24. Mai saß ich voller Erwartung im Zuschauerraum und freute mich auf einen unbeschwerten heiteren Abend. Und genau dies wurde es, ein unbeschwerter Abend, der nur einen Zweck verfolgte, das Publikum zu unterhalten. Ja und nach den unzähligen, fürchterlichen Aufführungen in der ganzen Welt, wo überforderte, von der Musik keinerlei Ahnung habende Regisseure versuchen sich selbst zu verwirklichen, ohne auf das Publikum und ohne auf das Stück einzugehen, und die eigenartigerweise auch noch vielfach gefeiert werden, anstatt man sie schnellstens zu einem Psychiater schickt, war es erfrischend, eine herrlich konventionelle Aufführung des Waffenschmiedes mitzuerleben. Eine klare, gradlinige Inszenierung, bei der man wusste, um was es ging von Stefan Petraschewsky. Die Zeit des Biedermeier wird plastisch aufgezeigt, die Rollenzuweisungen, die festen gesellschaftlichen Regeln, die es in dieser Zeit der Restauration gab. Ein klares, buntes und ansprechendes Bühnenbild von Paul Zoller, welches immer in Bewegung ist, mit erfrischend leuchtenden, einfach schön anzusehenden Kostümen von Annette Braun, die es verstanden hat die Biedermeierzeit mit den damals üblichen Handerabeiten zu mischen und so eine eigene Kostümschöpfung zu erstellen, die alles etwas überzeichnet, dadurch aber besonders eindrucksvoll wirkt. Ein toll agierender Chor, der von Mathias Drechsler auf den Punkt einstudiert wurde und eine musikalische Gesamtleitung von Peter Sommerer, der die wunderschöne Musik Lortzings aufblühen lies, sein Orchester mit straffer, fordernder Hand führte, es aber auch zurücknahm, um den Sängern den notwendigen Raum zu geben, um zu brillieren. Ein Abend zum genießen. Und was kann man eigentlich Schöneres über eine musikalische Aufführung sagen. Und wie singt der Waffenschmied: „Es war eine köstliche Zeit“.
Soll man die Handlung groß erzählen. Sie dürfte im Großen und Ganzen bekannt sein. Der Waffenschmied Hans Stadinger lädt zum Fest. Seine Gesellen sind Konrad und Georg, wobei Konrad der Graf von Liebenau ist, der sich in Marie die Tochter Stadtingers verliebt hat. Deshalb hat er mit seinem Knappen Georg bei ihm angeheuert. Als Ritter weiß er, dass er bei Marie keine Chance hat, da der Vater alle Ritter hasst, ist doch einst seine Frau mit einem solchen durchgebrannt. Konrad will nun in seiner Doppelrolle als Geselle und Graf die Treue Maries auf die Probe stellen. Er geht davon aus, dass Marie treu ist, wenn sie nur den Gesellen liebt, sollte sie auch den Ritter lieben, wäre sie seiner Meinung nach untreu. Marie besteht den Treuetest, doch Konrad fühlt sich als Ritter gedemütigt. Der Waffenschmied, bei dem unsicher ist, ob er überhaupt Mariens Vater ist, überlegt, ob nicht Georg Marie heiraten solle, denn er versteht etwas vom Handwerk und kann später sein Geschäft übernehmen. Irmentraut, die Erzieherin Maries, berichtet entsetzt, dass Marie vom Ritter entführt, von Konrad jedoch gerettet worden sei. Deshalb sei man ihm zu Dank verpflichtet und solle ihm Marie zur Frau geben. Stadinger will davon nichts wissen, denn er hat Georg als Mann im Sinn. Der Rat der Stadt verlangt nun von Stadinger, dass er Marie Konrad zur Frau geben solle und Stadinger gibt sich zähneknirschend geschlagen. Konrad und Marie werden vermählt. Zum Empfang des Grafen erkling ein pompöser Marsch und Stadinger, aber auch seine Tochter Marie wollen ihren Augen nicht trauen, als sie im Grafen den Gesellen Konrad erkennen. Soweit im Schnellverfahren der Inhalt. Doch nun zu den Sängern und hier kann man durchweg nur Positives vermelden.
Als Hans Stadinger, Waffenschmied und Tierarzt kann Michael Raschle brillieren. Der gepflegte Bass-Bariton hat eine klangvolle, durchschlagskräftige Stimme, die er entsprechend einsetzt. Auch vom Schauspielerischen her kann er effektvoll brillieren, insgesamt gesehen eine mehr als rollenfüllende Leistung. Neben ihm Nora Lentner als seine Tochter Marie. Sie verzaubert mit girrendem, klaren, höhensicheren Sopran, der auch zart zu vielen Facetten fähig ist. Sie war nicht nur reizend anzuhören, sondern auch anzusehen. Besonders erfreut hat mich natürlich, mit ihr eine ehemalige Stipendiatin der Deutschen Johann Strauss Gesellschaft wieder zu hören, deren Pressereferent ich ja seit einigen Jahren bin. Rundherum eine exzellente Leistung und ich habe noch nicht so oft ein so schönes „Wir armen armen Mädchen“ gehört, wie von Nora Lentner. Ich bin überzeugt, dass sie noch einen großen Weg vor sich hat. Als Ritter Graf von Liebenau aka Geselle Konrad war mit profundem Bariton Kostadin Arguirov zu hören. Er fügte sich sicher in das Ensemble ein, ebenso wie der junge Tenor Jeffery Krueger als sein Knappe Georg. Sicherlich noch ausbaufähig ließ er mit klarem sicheren Tenor aufhorchen und wurde ebenso zu einem Teil des ausgezeichneten Ensembles. Carolin Masur als Irmentraut, Maries Erzieherin konnte mit vollem kräftigen Mezzosopran, der auch zu leisen zarten Tönen fähig war, ebenfalls voll überzeugen. In den weiteren Rollen gab es keinerlei Ausfall und so war Milko Milev als Ritter Adelhof aus Schwaben ebenso ein positiver Teil der Aufführung wie Andreas Rainer als Gastwirt Brenner und Stadingers Schwager. Zu erwähnen seine auch noch Peter Waelsch als Schmiedegeselle und Tobias Latte als Pfarrer. Es war wieder einmal eine Aufführung, aus der man mit fröhlichem Gesicht und „Wir armen armen Mädchen“ pfeifend oder singend herausging. Und das ist das, warum wir diese Spezies der Musik so lieben, sie macht uns das Leben auf jeden Fall etwas schöner – und was will man eigentlich noch mehr.
Manfred Drescher, 21.6.14
Bilder von Andreas Birkigt