10.11.2018 im MuTh
Oper von Kindern für Kinder mit den Wiener Sängerknaben und Michael Schade
© Lukas Beck/MuTh, Bearbeitung: Christian Tabakoff
1997 schrieb der spätere Künstlerische Leiter der Wiener Sängerknaben, Gerald Wirth, eine Kinderoper nach der Erzählung „Der kleine Prinz“ von Antoine de Saint-Exupéry, die 1943 erstmals erschienen war. Libretto: Kirk Miles.Die zeitlosen Gedanken, die Saint-Exupéry zum Ausdruck bringt, haben Kinder wie Erwachsene seit jeher fasziniert. Auch Wirths Kinderoper über den Weltenbummler, der sich aufmacht, um Freunde zu finden und die Erwachsenen allesamt sonderbar findet, ist seit der Uraufführung 1997 eines seiner beliebtesten und meistaufgeführten Werke.
2018 holt er das Stück wieder hervor und reichert es um einen Erzähler an, den Flieger, der in der Wüste notlanden muss und dem kleinen Prinzen begegnet. Am 9.11. 2018 also die „Uraufführung in dieser Fassung“ im „MuTh“, dem Konzertsaal der Wiener Sängerknaben im Wiener Augarten.
Dieser Erzähler ist der deutsch-kanadische Welttenor Michael Schade. Für ihn, der in den größten Opernhäusern der Welt „zu Hause“ ist, bedeutet es eine glückhafte Fortsetzung der Zusammenarbeit mit den Wiener Sängerknaben, die in Kanada mit einem Konzert begann und mit „Carmina Austriaca“ eine Fortsetzung fand.
Derangiert, hektisch gestikulierend stolpert er als „Pilot“ durch den Zuschauerraum auf die Bühne, hat damit sofort alle Aufmerksamkeit der Kinder, kluger Schachzug des Wiener Regisseurs Philipp M. Krenn. Er, ehemaliger Wiener Sängerknabe mit Schauspielstudium bei Elfriede Ott und Inszenierungserfahrungen bei Regisseuren wie Sven Eric Bechtolf, Robert Carsen und selbstverantwortlicher Regisseur u.a. bei der österreichischen Erstaufführung von Manfred Trojahns Oper „Orest“ in der Neuen Oper Wien (die im März 2019 im Haus am Ring von Marco Arturo Marelliin Szene gesetztwird), hat auch ein gutes Händchen bei Musiktheater für Kinder.
Gekonnt hält er die vielen Kinder im Publikum in Bann. Wem es gelingt, 70 Minuten absolute Aufmerksamkeit und Konzentration aufrecht zu erhalten, der hat schon was los. Freilich, der Salzburger Ausstatter Christian Tabakoff mit Referenzen von der Semperoper Dresden bis zur Bayerischen Staatsoper und der Osttiroler Bernd Kranebitter (mit tollen Videoprojektionen und Computeranimationen bei den Tierzeichnungen von Schaf, Schlange und etlichen Weltsehenswürdigkeiten vom Eiffelturm bis zur New Yorker Freiheitsstatuze) gaben insgesamt ein perfektes Österreicher-Team ab. Tempo, Farbigkeit, Poesie begeisterten. Eine coole Asteroiden-Landschaft! Immer wieder geschickt gesetzte eye-catcher! Es gab viel zu schauen – sogar Papierflieger segelten vom Balkon kommend in den Zuschauerraum herab! Geschmackvolle, modisch-flotte Kostüme (beim Erwachsenen-Theater bekommt das schön langsam Seltenheitswert) kleiden die kindlichen und jugendlichen Singdarsteller vortrefflich (insgesamt 82 an der Zahl!).
Gerald Wirth gibt der berührenden Reise des kleinen Prinzen die immer interessant und spannend bleibende Mischung aus vielen musikalischen Stilelementen von suggestiven Unisono-Chorstellen gregorianischer Tradition über jazzartig empfundene Sequenzen, Momente von rapartigem Sprechgesang, wie er fast von Falco sein könnte und schräge, schwierig zu meisternde Tonfolgen, vor allem für den Titelhelden bis hin zum abschließenden Ohrwurm „Man kannnur mit dem Herzen richtig sehen. Für unsere Augen ist das Wesentliche unsichtbar.…“. Dieser hat Mitsing-Charakter – und es würde einen nicht gewundert haben, hätten welche im Publikum im Gefühlsüberschwang mit Feuerzeugen zu schwenken begonnen!
Eine begeisternde Leistungsschau eines begeistert singenden und agierenden Kollektivs! Der kleine Prinz (ich denke, es war Nathan) meisterte die musikalischen Klippen seiner Rolle sehr respektabel und hatte vor allem die perfekte sanfte Bühnen-Ausstrahlung dieses nachdenklichen Knaben von einem „anderen Planeten“, der „die Menschen finden muss“. Astronom, Rose, Eingebildeter, König, Geschäftsmann, Laternenanzünder, Geograf und Fuchs: Alle die Begegnungen des kleinen Prinzen waren hervorragend (Solisten der Wiener Sängerknaben, der Musikvolksschule der Sängerknaben, des Chorus Juventus – das ist der Chor des Oberstufenrealgymnasiums).
Michael Schade war mit all seiner Bühnenpersönlichkeit der fesselnde Erzähler, der sich gleichwohl nicht in den Vordergrund spielte. Er war vor allem im Zusammenspiel mit der Titelfigur von berührender Einfachheit.
Der musikalische Leiter Manolo Cagnin und das Ensemble der Schubert-Akademie rundeten diesen gelungenen Abend mit feinen Instrumentalfarben trefflich ab.
Brausender Jubel am Premierenabend. Der Schlussrefrain wurde – wie bei Musicals – von allen noch zweimal vor dem Vorhang angestimmt, und da sang ein Teil des Auditoriums bereits mit. Strahlende Gesichter bei Kindern wie Erwachsenen.
Karl Masek 10.11.2018
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