Braunschweig: Liederabend „Bella Italia“

Erfreulich

Louis-Spohr-Saal

An mittleren und kleineren Häusern kann man kaum noch Liederabende erleben; umso erfreulicher ist es, dass sich das Staatstheater darum bemüht, weiterhin eine kleine Reihe von Liederabenden im Louis-Spohr-Saal aufrechtzuerhalten. In der laufenden Spielzeit haben sie jeweils spezielle Themen zum Inhalt; diesmal war es Italien, das drei Sänger aus dem Ensemble gemeinsam mit dem Studienleiter des Hauses unter dem Titel „Bella Italia“ präsentierten. Wie sich aus der inhaltlich wertvollen, aber leider zu schnell gesprochenen Moderation der Musiktheaterdramaturgin Theresa Steinacker ergab, war beabsichtigt, vor allem unbekanntes Liedgut aus Italien vorzustellen – und das war rundum gelungen: Es begann mit zwei Liedern von Mozart („Ridente la calma“) und Beethoven („In questa tomba oscura“), um sich dann in einem größeren Liedblock italienischen Komponisten zuzuwenden (Bellini, Verdi, Resphigi, Zandonai und Tosti). Anschließend gab es ein schlichtes Lied von Michael Glinka, dem mit den Petrarca-Sonetten von Franz Liszt schwere Kost folgte. Den Abschluss des Liederabends mit wirklich abwechslungsreichem Programm bildeten Lieder von Rossini aus seiner Zeit in Paris, als er sich bereits vom Musiktheater zurückgezogen hatte. Mit dem etwas verhalten gesungenen Mozart-Lied begann der als erkältet angesagte Tenor Kwonsoo Jeon, bei dem man im Laufe des Abends nichts mehr von seiner Indisposition merkte. Er entwickelte mit technisch fundiertem Singen schönen tenoralen Glanz, wo es passte, wie z.B. im Loblied auf die „schönste aller Nymphen“ von Ottorino Respighi oder in der differenziert gestalteten „L’ultima canzone“ von Francesco Paolo Tosti, bei der sich der koreanische Tenor hörbar wohlfühlte. Mit dem düsteren Beethoven-Lied begann der russische Bass Valentin Anikin, der sich anschließend an drei belkantistischen Liedern von Vincenzo Bellini versuchte. Dabei wurde wie später auch beim berührenden „Gotteslob“ von Michail Glinka deutlich, dass der junge Sänger seine große Stimme mit den röhrenden Tiefen den Dimensionen des doch eher kleinen Saals leider nicht anpassen konnte. Franz Liszt hat drei Sonette von Francesco Petrarca gleich dreimal vertont, zunächst für hohe Stimme und Klavier, dann in den berühmten „Années de Pèlerinages“ nur für Klavier und später für tiefe Stimme und Klavier. Beide Sänger interpretierten nun jeder mit ausgesprochen opernhafter Dramatik die ersten beiden der drei Sonette in ihrer Stimmlage – ein hochinteressanter Vergleich. Mit den großen Anforderungen, die der Liedgesang an Sänger stellt, kam Ekaterina Kudryavtseva mit ihrem allmählich ins jugendlich-dramatische Fach wechselnden Sopran am besten zurecht. Wie sie die Verdi-Romanze „Ad una stella“ und die drei gehaltvollen Lieder von Riccardo Zandonai mit geradezu perfekter Stimmführung (z.B. wunderbares „Mezza di voce“) intensiv ausdeutete, das hatte beachtlich hohes Niveau. Zum Schluss erklangen aus den von Rossini selbst so genannten „Péchés de viellesse“ („Alterssünden“) und den „Soirées musicales“ das Duett der beiden Sänger „I Marinari“ sowie das von der russischen Sängerin charmant dargebotene „La fioraja Florentina“ und der brillant mit blitzsauberen, perlenden Koloraturen von ihr servierte Rausschmeißer „La danza“. Am Klavier war Alexis Agrafiotis ein zuverlässiger, die pianistischen Finessen u.a. bei Liszt, im „Fischer“-Duett oder bei „La danza“ mühelos meisternder Begleiter. Für den starken Beifall des begeisterten Publikums bedankten die Künstler sich mit einem Duett von Sopran und Tenor, der „Serenade“, aus Rossinis „Soirées“.

Foto: © Staatstheater Braunschweig

Gerhard Eckels 9. März 2020