Bremen: „Cabaret“, John Kander

Das Cabaret von war schon immer ein Dauerbrenner in der Musical-Landschaft und hat angesichts der AfD-Ergebnisse und des europaweiten Rechtsrucks eher noch an Aktualität gewonnen. Es spielt in den 30er Jahren und thematisiert die drohend heraufziehenden Zeichen des Nationalsozialismus. Es hat viele Inszenierungen mit beklemmenden Wirkungen und Gänsehautmomenten gegeben. So ist in Bremen die von Helmut Baumann aus dem Jahr 2001 unvergessen.

© Jörg Landsberg

Aktuell hat jetzt Regisseur Andreas Kriegenburg eine Neuinszenierung vorgelegt. Er hat spürbar viel Arbeit und Mühe in die Produktion investiert, aber das Ergebnis ist zwiespältig ausgefallen. Kriegenburg wollte den Unterhaltungscharakter des Stücks bewahren, überschritt dabei aber häufig die Grenze zwischen Witz und Albernheit. Für kaum einen der Darsteller konnte er ein stimmiges Persönlichkeitsprofil entwickeln, fast alle wirken wie Comic-Figuren, die sich oft in alberner Sprechweise bis hin zu einer Art Micky-Maus-Sprache artikulieren. Obwohl die Aufführung eigentlich in deutscher Sprache mit englischen Übertiteln ist, gibt es immer wieder Passagen in genau umgekehrter Weise.

Viele Szenen blieben hinter ihren Möglichkeiten zurück. Die skurrile Passkontrolle gehört dazu oder auch die Episode zwischen dem ältlichen Fräulein Schneider (Susanne Schrader) und dem jüdischen Obsthändler Herrn Schultz (Guido Gallmann). Sie ist eigentlich der stille Kontrapunkte zur Glamour-Welt des Kit Kat Clubs, was erst im zweiten Teil etwas mehr zum Ausdruck kommt. Die Nazi-Bedrohung wird auch nicht prägnant genug herausgearbeitet, selbst das vaterländische Lied „Der morgige Tag ist mein“ verpufft. Das Marschieren der SA-Truppen durch an Stangen befestigte Stiefel zu verdeutlichen, die auf den Boden gestampft werden, war allerdings ein glänzender Einfall. Auch der am Ende wachsende Kleiderberg war ein gelungener Hinweis aufkommendes Grauen. Die Choreografie von Tomas Bünger war durchgängig lebendig, wenn auch oft nur hektisch wuselndes Gerenne. Warum zwischendurch Nebelschwaden versprüht wurden, erschloss sich nicht.

© Jörg Landsberg

Das Bühnenbild von Harald Thor wurde von einem Gerüst beherrscht, auf dem hoch oben die famose achtköpfige Band (Musikalische Supervision Yoel Gamzou) thronte. Gespielt wurde in der Fassung von Chris Walker.

Das Publikum sollte offenbar stärker als sonst üblich mit einbezogen werden. Deshalb gab es im Bühnenhintergrund Tische, an denen einige Zuschauer platziert wurden. „Cabaret de luxe“ heißen diese Plätze. Aus diesem Grund wurde wohl die Rolle des Conférenciers zwischen Martin Baum und Mirjam Rast aufgeteilt, um alle Zuschauergruppen hautnah zu erreichen. Der Conférencier ist eigentlich eine hintergründige, diabolische Figur. Martin Baum spielte zwar engagiert, entsprach vom Typ her der Rolle aber gar nicht. Dafür konnte aber Lieke Hoppe als Sally Bowles sehr für sich einnehmen. Ihr Song „Maybe this time“ gehörte zu den großen Momenten der Aufführung. Levin Hofmann als Clifford Bradshaw, Christian Freund als Ernst Ludwig und Nadine Geyersbach als Fräulein Kost gestalteten ihre Rollen im Rahmen der regiebedingten Vorgaben.

Trotz der Einwände zeigte sich das Publikum begeistert, womit der Erfolg der Produktion gesichert sein dürfte.

Wolfgang Denker, 4. Mai 2025


Cabaret
Musical von John Kander

Theater Bremen

Premiere am 3. Mai 2025

Inszenierung: Andreas Kriegenburg
Musikalische Supervision: Yoel Gamzou
Bremer Philharmoniker

Weitere Vorstellungen: 7., 10., 15., 18., Mai,  3., 6., 19., 20., 22., 28. Juni 2025