Krefeld: „Pudelpunk Song Contest“, Jörg Wockenfuß und Nicolas Schwarzbürger

© Matthias Stutte

Was verbindet Goethes Faust, den Eurovision Song Contest und Punkmusik? Gar nichts, mag man spontan denken, doch seit gut einem Monat läuft im Theater Krefeld der Pudelpunk Song Contest. In dieser Uraufführung steckt der Komponist Rolf Kugel, einst Mr. Grandprix genannt, in einer Schaffenskrise. Für einen letzten großen Hit würde er sogar seine Seele verkaufen. Plötzlich erscheint ihm Iggy Pop, auch bekannt als Godfather of Punk. Im Tausch gegen seine Seele würde er Kugel zu einem weiteren Erfolg verhelfen. Nachdem der Komponist in seiner Verzweiflung auf das Angebot eingeht, beginnt eine wilde Club- und Zeitreise, die die beiden zunächst ins legendäre New Yorker CBGB’s des Jahres 1973 führt. Dort verliebt sich Kugel auf der Stelle in die deutlich jüngere Debbie Harry, Sängerin der berühmten New-Wave-Band Blondie. Kugel bittet daraufhin Iggy Pop, ein Date für ihn zu arrangieren. Weitere Stationen der Reise sind das Londoner Roxy und der Ratinger Hof in Düsseldorf. Begleitet wird die Reise, deren Personenkonstellation ohnehin frei nach Goethes Faust gestaltet ist, entsprechend auch von einem Chor der Engel. In Person von Katja Ebstein, Deutschlands wohl erfolgreichster Grand-Prix-Teilnehmerin, sorgt dieser im Laufe des Abends für zahlreiche Anspielungen auf die Geschichte des Eurovision Song Contest.

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Musikalisch treffen beim Pudelpunk Song Contest Welten aufeinander, was dramaturgisch geschickt genutzt wird, wenn sich Punksongs und deutsche Schlager eine Art Kampf um den wahren Nr. 1 Hit liefern. Da die Songauswahl selbst einen nicht unwesentlichen Reiz des Abends ausmacht, soll an dieser Stelle auch nicht zu viel verraten werden, aber es ist schon sehr amüsant, wenn Kugel den Godfather of Punk mit einem lauten „Hossa“ unterbricht, um seine Fiesta Mexicana anzustimmen. Die Autoren Jörg Wockenfuß und Nicolas Schwarzbürger streuen zudem immer wieder kleine Erinnerungen an die ESC-Geschichte in die Handlung ein – von ABBA über Udo Jürgens und Guido Horn bis zum letzten Sieg für Deutschland durch Lena Meyer-Landruts Satellite. Ein weiteres Highlight ist am Ende eine ganz eigene Version von Ein bisschen Frieden, so dass neben der musikalischen Unterhaltung auch eine zeitlose Botschaft über dem Abend steht. Zwar geht der eigentlichen Geschichte zum Ende hin etwas die Luft aus, dennoch gelingt Schauspieldirektor Christoph Roos eine unterhaltsame Inszenierung, die die vielen Songs des Abends in den Mittelpunkt stellt und den Saal mehr als einmal zum Kochen bringt.

© Matthias Stutte

Dafür sorgt auch das glänzend aufgelegte Schauspielensemble des Hauses, stellvertretend seien hier nur die Hauptrollen Adrian Linke (Rolf Kugel / Faust), Esther Keil (Iggy Pop / Mephisto) und Naima Laube (Debbie Harry / Margarete) genannt. Besonderer Dank gilt an dieser Stelle auch der Regieassistentin Alla Bondarevskaya und dem ehemaligen Ensemblemitglied Michael Ophelders, die auf Grund einer Erkrankung kurzfristig einsprangen und die komplett ausverkaufte Vorstellung am gestrigen Abend vor einer Absage bewahrten. Das Publikum zeigte sich am Ende hocherfreut, und angesichts der weiteren, zum Teil fast ausverkauften Vorstellungen kann man wohl ohne Übertreibung sagen, dass dem Theater Krefeld-Mönchengladbach mit dieser neuen musikalischen Produktion des Schauspiel-Ensembles wieder einmal ein echter Publikumserfolg gelungen ist. Kürzlich wurden drei Zusatzvorstellungen in den Spielplan aufgenommen, so dass es derzeit wieder möglich ist, sich seinen Wunschplatz zu reservieren.  Oder um es passend mit den Ramones zu sagen: „Hey ho, let’s go“.

Markus Lamers, 17. März 2024


Pudelpunk Song Contest
Musikalische Komödie nach Goethes Faust
von Jörg Wockenfuß und Nicolas Schwarzbürger

Theater Krefeld

Premiere: 17. Februar 2024
Besuchte Vorstellung: 16. März 2024

Inszenierung: Christoph Roos
Musikalische Leitung: Jörg Wockenfuß

Trailer

Weitere Aufführungen: 22. März / 31. März / 2. April / 4. April / 1. Mai / 12. Mai / 20. Mai / 16. Juni