Münster: „Die Zauberflöte“

Premiere am 30. November 2013, Wiederaufnahme am 1. Oktober 2016

Drei Lichtjahre später

TRAILER

Bei einem kleinen Theater wie dem in Münster erwecken Wiederaufnahmen häufig wenig Interesse beim Publikum. Das war und ist ganz anders mit der Inszenierung von 2013 der „Grossen Oper“ von Wolfgang Amadè Mozart „ Die Zauberflöte“ auf den Text von Emanuel Schikaneder, die seit der Premiere ununterbrochen auf dem Spielplan stand. Jetzt wurde sie unter der musikalischen Leitung von GMD Fabrizio Ventura wieder aufgenommen. Bei Regisseur Kobie van Rensburg und Bühnenbildnerin (neben Kobie van Rensburg) Kerstin Bayer spielte die Handlung im Ambiente von star-wars und „Raumschiff Enterprise“ Ein Lauftext über den Sonnenkreis als Streitobjekt zwischen Sarastro und der Königin der Nacht erzählte eine Vorgeschichte. Ganz unabhängig, ob es sich um die Adagio- oder Allegro-Teile der Ouvertüre handelte, sie war Begleitmusik zu einem Video der Fahrt Taminos in seinem Raumschiff durchs Weltall zum Ort der Handlung, auf dem er mit einem Fallschirm landete. Auch später war der Text den Erfordernissen des Spielortes ein wenig angepaßt. Freudige Erinnerung kam besonders bei jüngeren Besuchern wieder auf, wenn sie etwa bei der Königin der Nacht einen Darth-Vader-Kopfschmuck sahen, Jedi-Ritter und Ewoks auftraten, der kleine Roboter R2D2 Zauberflöte und Glockenspiel brachte oder der erste Priester mit Mr.-Spock-Ohren („faszinierend“) auftrat ( Kostüme Dorothee Schumacher und Lutz Kemper) Als mit seinem Glockenspiel (Celesta Sergio Fundaró) Papageno den bösen Monostatos und die Projektionen der Jedi-Ritter zum Tanzen verleitete, gab es Applaus nur für dieses Bild, sehr selten heute! Dies alles wurde bereits im Bericht von der Premiere vom 2. 12. 2013 ausführlich beschrieben.

Zwei der Hauptdarsteller traten auch schon vor drei Jahren in diesen Rollen auf:

Noch gesteigert hat sich Youn-Seong Shim als Tamino. Die Stimme klang, durch alle Lagen hindurch kerniger, die Spitzentöne schienen unangestrengt, sein Legato auch im p war besonders in der Bildnisarie vorbildlich.

Als Pamina war ihm Henrike Jacob eine ebenbürtige Partnerin. Besonders gelang ihr die verzweiflungsvolle Arie „Ach ich fühls“ mit den expressiven Koloraturen bis hin zum hohen b. Wenn nötig fand sie auch dramatischeren Stimmausdruck..

Neu gegenüber der Premiere war Antje Bitterlich als Königin der Nacht. Exakt sang sie die schwierigen Koloraturen ihrer beiden grossen Arien bis hin zu genau getroffenen Spitzentönen. Weniger lag ihr der klagende Teil ihrer ersten Arie „Zum Leiden bin ich auserkoren“.

Neu war auch Sebastian Campione als Sarastro. Der salbungsvolle Ton dieser Partie geriet ihm gut bis zu den extrem tiefen Tönen, die er alle gut hörbar traf. Dabei wurde seine Stimme zum Schluß kräftiger, sodaß die „heiligen Hallen“ ein Höhepunkt wurden.

Eine der sympathischsten Rollen der Opernliteratur hatte Gabriel Urrutia mit dem Papageno übernommen. Zur Begeisterung besonders der jüngeren Zuschauer spielte er ihn bis in die kleinste Gebärde überzeugend und sprach deutlich und gut verständlich seinen Text. Stimmlich steigerte er sich im zweiten Akt, besonders beim „Mädchen oder Weibchen“ Auch seine spätere Verzweiflung klang echt, leider stand er vor der ersten Zuschauerreihe, während die Projektion des Baums, an dem er sich aufhängen wollte, hinten auf der Bühne zu sehen war. Wieder war Eva Bauchmüller seine zuerst schräpige alte dann kecke junge Papagena.

Den Monostatos im Darth-Maul-Kostüm sang jetzt Boris Leisenheimer, sonst eher für Operetten zuständig, besonders in seiner Arie „Alles fühlt“ im geforderten schnellen Tempo beweglich und rhythmisch exakt.

Neu war von den drei Knaben Annabel Schirrmeister. Sie sowie Laura Goblirsch und Naomi Schicht sangen auch aus der grossen Höhe ihres vom Luftschiff getragenen Korbes herab in den etwas unbequemen Kostümen künftiger Jedi-Ritter exakt und fehlerfrei, selbst im raschen vom Dirigenten geforderten Tempo des letzten Allegros. Ihre Szene mit Pamina geriet zu einem Höhepunkt des Abends.

Stimmlich gekonnt sangen sich im Rhythmus der Musik bewegend wiederum Sara Rossi Daldoss, Lisa Wedekind und Suzanne McLeod die drei Damen.

Alle anderen Partien waren wie in der Premiere besetzt, wobei Gregor Dalal auffiel, wie er etwas gekonnt übertrieben einen selbstbewußten Sprecher und 1. Priester darstellte, auch mit der etwas abgeänderten Frage an Sarastro betreffend Tamino „Wenn nun sein Geist ihn verliesse und er dem harten Kampf unterläge? – Er ist Tenor“! und Sarastro wie vorgeschrieben antwortete „Noch mehr – er ist Mensch“

GMD Fabrizio Ventura wählte wie schon erwähnt teils sehr schnelle Tempi. Man staunte, daß etwa im abschliessenden Presto des I. Aufzugs Solisten, Chor und Extrachor in der Einstudierung von Inna Batyuk da fehlerfrei mithalten konnten. Besonders bei Ritardandi des Dirigenten gab es hier und da kleine Unstimmigkeiten zwischen Orchester und Bühne, die bei folgenden Aufführungen sicher verschwinden werden.

Das für Mozart höher gesetzte Sinfonieorchester Münster spielte wieder klangschön und etwa im wiederum rasch gespielten Fugato der Ouvertüre thematisch durchhörbar. Prima gelangen die Soli, vor allem die der namensgebenden Flöte, aber auch von Fagott, Oboe und Klarinette. Rund und voll klangen die berühmten Bläserakkorde.

Das Publikum im fast ausverkauften Haus mit vielen jüngeren und sehr jungen Besuchern applaudierte schon während er Aufführung nach jeder Arie. Zum Schluß gab es Riesenapplaus mit begeisternden Pfiffen bis sich der eiserne Vorhang senkte, nicht schlecht für eine Oper, die ziemlich genau vor 225 Jahren uraufgeführt wurde – nämlich am 30. September 1791 unter Leitung des Komponisten.

Sigi Brockmann 4. Oktober 2016

Fotos (c) Theater Münster / Oliver Berg