Interview: Maik Frömmrich zum „Broadway Fieber Solingen“

Am Theater und Konzerthaus Solingen wird mit Beginn der neuen Spielzeit nun auch erstmals die Reihe „Broadway Fieber Solingen“ an den Start gehen. Geplant war dieses Projekt bereits im vergangenen Jahr, musste dann aber auf Grund der Corona-Pandemie entsprechend verschoben werden. Der Opernfreund hatte nun die Gelegenheit ein Interview mit Maik Frömmrich zu führen, der als Projektleiter maßgeblichen Anteil an der Entstehung dieser interessanten Reihe hatte.

OF: Maik, vielen Dank, dass Sie sich etwas Zeit nehmen unseren Lesern ihr neues Projekt etwas genauer zu erläutern. Wie kam man in Solingen auf die Idee, dem Musical eine eigene Marke zu verleihen und was genau steckt hinter dem Titel „Broadway Fieber Solingen“?

Maik Frömmrich: Das Musicalgenre ist so vielfältig und lebendig wie kaum ein anderes. Musikalische Einflüsse von Oper, Operette, Jazz, Swing, Tanz- und Unterhaltungsmusik bis hin zu Pop, Rock, Soul, Rap und elektronischer Musik zeigen auf, wie abwechslungsreich Musicals sein können. Mit dem Label „Broadway Fieber Solingen“ wollen wir dem Genre zukünftig einen größeren Fokus in unserem Programm geben und die Vielfalt des Genres aufzeigen. Dabei kooperieren wir mit bekannten Namen aus der Musicalszene sowie der Folkwang Universität der Künste, um bestmögliche Qualität auf unserer Bühne zeigen zu können. Deshalb kann man das Label auch als eine Art Qualitätssiegel sehen. Wir hoffen auch, dass das Genre eine größere Zielgruppe erreicht und wir damit auch Besucher aus der Region nach Solingen locken können.

OF: Oft wird dem Musical ja vorgeworfen, nur der seichten Bespaßung zu dienen. Was würden Sie antworten, wenn Ihnen jemand mit dieser Aussage entgegentritt?

Maik Frömmrich: Ich würde sagen, dass diese Aussage von einer gewissen Unkenntnis zeugt. Natürlich ist ein Großteil der Musicals auch seichte Bespaßung. Man denke an Welthits wie „Cats“, „Disney’s König der Löwen“ oder auch Klassiker wie „Anything Goes“ oder „Kiss me, Kate“. Und ich finde auch, dass das vollkommen in Ordnung ist und durchaus seine Berechtigung hat. Das Genre hat sich aber über die Jahrzehnte immer mehr weiterentwickelt, ist enorm vielfältig geworden und hat herausragende, auch inhaltlich anspruchsvolle Stücke hervorgebracht. Angefangen bei den Werken von Stephen Sondheim über Komponisten wie Michael John LaChiusa und Jason Robert Brown bis hin zu Adam Guettel gibt es durchaus auch herausfordernde Partituren zu entdecken. Ich würde empfehlen in die Castaufnahme von „Marie Christine“ – ein Musical basierend auf Medea – mit der herausragenden Audra McDonald reinzuhören. Mit „Thrill Me“ haben wir in dieser Spielzeit beispielsweise auch einen Musicalthriller im Programm, den ich inhaltlich kaum als seichte Unterhaltung einstufen würde, schließlich entlässt das Stück das Publikum regelmäßig überrascht und schockiert in den Abend.

OF: Eigentlich wollte man ja bereits in der vergangenen Spielzeit starten, leider hat es hier dann nur zu einem, wenn auch wunderschönen, Streaming-Konzert mit Christian Alexander Müller gereicht. Können Sie uns etwas über die Probleme erzählen, mit denen Sie in den letzten Monaten zu kämpfen hatten und wie sich dies auch auf die Planung der Spielzeit 2021/22 ausgewirkt hat?

Maik Frömmrich: Die Planungsunsicherheit hat uns natürlich vor viele Herausforderungen gestellt. Geplante Veranstaltungen mussten abgesagt oder verschoben werden und wir mussten mehr als einmal umdisponieren. Deshalb waren wir ganz glücklich, dass wir zumindest als kleinen digitalen Auftakt unseres neuen Projektes das Konzert mit Christian Alexander Müller produzieren konnten. Wir blieben aber die gesamte Zeit optimistisch und konnten glücklicherweise auch unsere große Musicaleigeninszenierung „She Loves Me“, die erste gemeinsame Produktion vom Kulturmanagement Solingen und der Folkwang Universität der Künste, bis zur Generalprobe fertig produzieren. Und das bereits in dem Bewusstsein, dass wir die Premiere am 05. Mai 2021 nicht spielen können werden. Glücklicherweise konnten wir einen längeren Zeitraum im November freischaufeln, um die Premiere nun am 24. November 2021 zeigen zu können. Ich war einer der wenigen glücklichen Personen im Saal, der sich die Generalprobe anschauen konnte und es ist so ein wunderbar unterhaltsames Stück unter der Regie von Musicalexperte Gil Mehmert geworden, dass es schade wäre, wenn die Inszenierung nicht das Licht der Welt erblicken würde. Also schauen wir optimistisch nach vorne.

OF: Zum Glück konnten ja fast alle Produktionen in die neue Spielzeit übernommen werden. Nur „Lieder für eine neue Welt“ findet sich nicht im Spielplan wieder. Besteht hier noch die Hoffnung, dieses wunderbare Werk von Jason Robert Brown in einer kommenden Spielzeit auch in Solingen zu erleben?

Maik Frömmrich: „Lieder für eine neue Welt“ ist wirklich ein ganz wunderbares Stück, welches wir in Zusammenarbeit mit Christian Alexander Müller, der ja auch als erfolgreicher Musicalregisseur tätig ist, präsentiert hätten. Wir beginnen jetzt langsam mit der Planung für die Spielzeit 2022/2023 und müssen einfach mal schauen, was möglich und denkbar wäre. Da wir ein Bespieltheater sind haben wir kein eigenes Ensemble und sind überwiegend auf die „produzierenden Bühnen“ angewiesen. Ich bin aber zuversichtlich, dass wir wieder spannende Produktionen präsentieren werden, insbesondere wenn alle wieder mehr Planungssicherheit haben.

OF: Kommen wir zu dieser Spielzeit, auf was können sich die Zuschauer besonders freuen?

Maik Frömmrich: Ein paar Veranstaltungen habe ich ja schon erwähnt. Den Auftakt macht ein ganz wunderbares Konzert von drei renommierten Musicaldarstellern und -darstellerinnen. Anne Hoth, Karen Bild und Tobias Weis präsentieren am 18. und 19. September mit „Irgendwie anders“ ein ganz besonderes Konzert. Dabei steht nicht nur das Genre Musical im Fokus, sondern es werden schlicht Genregrenzen gesprengt. Da steht die Popballade von Herbert Grönemeyer gleichberechtigt neben der großen Musicalballade oder dem Schlagerhit von Helene Fischer. Alles neu und anders arrangiert, halt „Irgendwie anders“. Mit „Anything Goes“ steht dann auch unsere zweite Musicaleigeninszenierung mit der Folkwang Universität der Künste an, die sicherlich für schwungvolle Stunden sorgen wird. Aber eigentlich lohnen sich alle Produktionen, denn ich glaube wir haben für jeden Geschmack etwas dabei.

OF: Wichtiger Baustein beim „Broadway Fieber Solingen“ ist die bereits angesprochene Kooperation mit der Folkwang Universität der Künste in Essen. Wie kam es hier zu der Zusammenarbeit und ist hierbei eine langfristige Zusammenarbeit geplant?

Maik Frömmrich: Wir hatten jahrelang eine Operneigeninszenierung bei uns im Haus, eine Zusammenarbeit mit der Hochschule für Musik in Köln. Im Rahmen unserer Neufokussierung auf das Genre Musical haben wir überlegt, ob das nicht auch für die Eigeninszenierung der richtige Zeitpunkt wäre, um das Genre zu wechseln und dadurch vielleicht auch etwas frischen Wind ins Haus zu bekommen. Da ich sehr viele großartige Abschlussproduktionen in den letzten rund 20 Jahren von der Folkwang Universität sehen durfte und die herausragende Qualität und die Expertise aller Beteiligten kannte, war das natürlich eine tolle Option und so fragten wir in Essen an. Da wir eine große, technisch sehr gut ausgestattete Bühne haben und mit den Bergischen Symphonikern einen großartigen Klangkörper, war das Interesse einer Zusammenarbeit sehr groß, die wie bereits erwähnt in unserer ersten gemeinsamen Produktion „She Loves Me“ mündete. Wir schauen als gleichberechtigte Partner optimistisch in die Zukunft und ich bin ganz zuversichtlich, dass wir gemeinsam noch tolle Stücke präsentieren werden.

OF: Es ist also auch für die nächsten Jahre noch einiges geplant im Bereich Musical?

Maik Frömmrich: Definitiv, denn das Genre hat so viel zu bieten. Ich hoffe, dass sich weitere Kreative bei uns melden und wir gemeinsam spannende Projekte präsentieren können. Dass wir das Label etabliert haben und offen für Kooperationen sind, spricht sich langsam in der Musicalszene rum. Ich denke, wir werden noch die ein oder andere Produktion präsentieren können, auch abseits von Mainstream-Shows oder Klassikern. Vielleicht gibt es irgendwann auch mal eine Weltpremiere, ich würde mich freuen.

OF: Das klingt auf jeden Fall spannend. Zum Schluss vielleicht noch eine Frage abseits des Theaterhauses. Wenn man als Besucher nach Solingen kommt, um einen schönen Abend im Theater zu verbringen, was sollte man sich bei einem Besuch der Stadt unbedingt noch anschauen?

Maik Frömmrich: Solingen hat einige schöne Ecken zu bieten. Der Stadtteil Gräfrath ist mit seinen alten, traditionellen Gebäuden sehr sehenswert. Schloss Burg und auch den Müngstener Brückenpark sollte man nicht verpassen und da Solingen Klingenstadt ist, kann ich einen Besuch im Klingenmuseum wärmstens empfehlen.

OF: Vielen Dank für das Gespräch Maik und allen Beteiligten viel Erfolg mit dem „Broadway Fieber Solingen“.

Ausführliche Informationen zu den geplanten Musicals und Konzerten findet man online unter https://theater-solingen.de/broadway-fieber/.

Markus Lamers, 31.08.2021