Heldritt: „Gasparone“

Carl Millöcker in Heldritt

Schön, dass die Coburger Sommeroperette weiterhin Operette spielt und ihr Musicalausflug nur eine Eintagsfliege war. Diesmal steht „Gasparone“ auf dem Spielplan. Eine Operette von Carl Millöcker, die wunderschöne Melodien beinhaltet, aber unbegreiflicherweise nur selten aufgeführt wird. Dass dies ein Fehler ist, sieht man an der schwungvollen und stimmigen Inszenierung von Thomas Mittmann. Die Produktionsleitung liegt wieder in den Händen von Adelheid Frankenberger, die bei der Auswahl des Stücks erneut ein gutes Händchen gehabt hat. Man merkt dies, wenn man sich die Gesichter der Menschen, die nach der Vorstellung nach Hause strömten anschaut. Man sieht ihnen richtig an, dass ihnen die vergangenen zwei Stunden ausgesprochenen Spaß gemacht haben. Und das muss Operette sein, sie muss Freude bereiten, sie muss Lust auf mehr machen und sie muss vor allem ernst genommen werden. Und dies gelang auf der wunderschönen Naturbühne in Heldritt auf das trefflichste. Die Zuhörer und – schauer waren begeistert, und so soll es sein.

Ein kleiner Nachteil – aber leider nur für meine Figur – ist, dass man vor Beginn der Vorstellung den schmackhaften Köstlichkeiten der Region ausgesetzt ist. Auch dies ist eine Besonderheit und hebt Heldritt von anderen Spielorten hervor. Italienisches Flair wurde versucht auf die Heldritter Bühne zu bringen – und es gelang vorzüglich. Man fühlte sich in die sizilianische Welt versetzt, wenngleich es leider nicht ganz so warm war. Dies war aber zu verschmerzen, denn die Musik Millöckers heizte gut ein.

Gesungen wurde überwiegend hervorragend. Ganz ausgezeichnet mit voll erblühtem warmem und ausdrucksstarkem Sopran wartete Constanze Meijer als Charlotta auf, eine ganz hervorragende Leistung. Markus Gruber war Conte Erminio und hier hatte ich dieses Jahr meine Probleme. Gruber, der im letzten Jahr noch in „Viktoria und ihr Husar“ glänzte und zu den Besten zählte, hatte für mich – jedenfalls in der von mir besuchten Aufführung einige Probleme. Er sang für mich zu verhalten, mit gebremstem Schaum, mir fehlten das Feuer und die strahlenden Töne. Vielleicht lag auch eine nicht angesagte kleine Indisposition vor. Vom spielerischen und in den stillen leisen Passagen war er jedoch ebenfalls wieder sehr gut. Ausgezeichnet auch Beate-Maria Vorwerk als Zenobia, die Vertraute der Gräfin Charlotta. „Es gibt ja keine Männer mehr“ singt sie, und das so ausdrucksstark, das man ihr das fast glauben konnte. Ein ausgezeichnetes Paar geben Dirk Mestmacher als Benozzo, dem Wirt und Chef der Schmugglerband und Verena te Best als seine Frau Sora. Verena te Best ist nicht nur reizend anzusehen und spielt quicklebendig, sondern besitzt auch einen sehr schönen feinen aber dennoch durchschlagenden Sopran, der gut zu der geläufigen tenoralen Gurgel von Dirk Mestmacher passt. John Sweeney macht aus der Rolle des Bürgermeister Nasoni, dem es einfach nicht gelingen will, Gasparone zu fangen, ein kleines Paradestück. Der Bassbariton, dessen schönes Material positiv auffällt, überzieht meiner Meinung nach etwas. Ein bisschen weniger wäre wohl mehr gewesen, aber das ist ein ganz subjektiver Eindruck von mir. Dem Publikum gefällt es und der Beifall will gar nicht aufhören. Alexander M. Helmer, von dem man gerne mehr sehen und hören möchte, wenn er nicht den totalen Deppen spielen muss, ließ durch seine gefühlvolle und ausdruckstarke Stimme aufhorchen.

Dem Orchester der Coburger Sommeroperette unter der Leitung von Ivan Boldog, merkt man richtig an, wie sie in der wunderschönen Musik von Carl Millöcker schwärmen können. Auch der Chor und das Ballett laufen zur Höchstform auf und lassen ein glückliches Operettenpublikum nach Haus. Insgesamt eine ausgezeichnete Aufführung, die wiederrum Lust auf mehr macht. Ich hoffe, dass man dann wieder eine so tolle Operette aus dem Hut zaubert und nicht unbedingt erneut ein Musical. Dafür gibt es andere Spielorte als die Coburger Sommeroperette.

Manfred Drescher