Wuppertal: „Ein Maskenball“

Besuchte Premiere am 24.02.13

Oper nach Libretto

Der Wuppertaler Beitrag zum Verdi-Jahr ist Johannes Weigands Inszenierung von "Ein Maskenball", vielleicht ist es nicht sonderlich originell eine Operninszenierung gänzlich ohne Deutung nach Antonio Sommas Libretto durchzustellen, doch beim Publikum kam die konventionelle Zurschaustellung sehr gut an. Dabei gab es eigentlich so gut wie kein Bühnenbild, jedenfalls nach "normalen" Vorstellungen, doch gerade das erweist sich als Stärke dieser Aufführung, denn Moritz Nitsche nutzt zusammen mit Operndirektor Weigand nur die leere Bühne samt ihren Maschinerie-Möglichkeiten: da wird die Unterbühne hochgefahren, eine schwarze Treppe, vielleicht ein gerafftes Tuch, wenige Möbel, doch immer sehr schön beleuchtet (Licht Fredy Deisenroth) und die konkrete Atmosphäre der jeweiligen Szene gut eingefangen. Den meisten Eindruck geben dabei Judith Fischers historisch adäquate Kostüme, mit den phantasievollen Perücken im Ballakt. Vielleicht hätte die Personenführung etwas unopernhafter ausfallen können.
Der Haupteindruck jedoch ist die gediegene Musikalität der Aufführung: Florian Frannek gelingt es den Melos Verdis mit dem Sinfonieorchester Wuppertal glänzend einzufangen, er verbindet die romantisch ausschwingenden Melodiebögen voller Emphase mit den spitzigen Rhythmen der doppelbödigen Komik des Sujets. Verdis leidenschaftliche Melodien quasi durch die Brille der französischen Opera Comique betrachtet; die Sänger dabei sicher geleitend. Einen großen persönlichen Erfolg ersingt sich Melba Ramos als Amelia, den Wuppertalern über die Jahre immer wieder die Treue haltend, ist sie von den Koloraturpartien der Mozartopern jetzt zur Verdi-Heroine gereift, singt die Phrasierungen mit starker emotionaler Beteiligung, hat den Ton für die glutvollen Leidenschaften der Mittellage fast ohne Anstrengung bis in die pointierten Spitzentöne. Felipe Rojas Velozo ist als indisponiert angesagt, beeindruckt dabei trotzdem mit strahlenden Stentorklängen, erst gegen Schluss zeigt der Tenor krankheitsbedingte Ermüdungen, die mit Schluchzern garnierte Interpretation a la Gigli passt gut zu dem sentimentalen Charakter des Riccardo, eine mehr als überzeugende Leistung. Ob Kay Stiefermanns Bariton für das dramatische Verdi- (und Wagner) Fach wie den Renato wirklich geeignet ist ? Die ersten zwei Akte überzeugt der Bariton mit chevaleskem Ton, beim "Eri tu" jedoch wird die Stimme mit Druck eingesetzt, kommt der Sänger doch an seine Grenze, wobei er in der Schlusskadenz mit gefühlvollem Piano und betörendem Akuti wieder einzunehmen weiß. Zdravka Ambric überzeugt mich als Ulrica nicht wirklich, zwar sind alle Töne da, doch die Höhe kommt mit recht dramatischem Vibrato, für die tiefen Lagen fehlt die vulkanische Glut eines echten Altes. Elena Finks Oskar kommt szenisch wie vokal funkenschlagend daher. Miljan Milovic singt den Matrosen Silvano mit üppigem Bariton. Von den Verschwörern gefällt mit Olaf Haye mit maskulinem Bariton als Samuel besser, als der etwas mulmig eingesetzte Bass von Martin Js. Ohu als Tom. Die Chöre sind unter Jens Bingert einfach eine Pracht von aufbrausenden Tutti-Stellen bis in die piano gesungenen Verschwörerchöre.
Szenisch kommt der Abend zwar etwas bieder daher, musikalisch überzeugt die Aufführung in ihrer qualitätsvollen Geschlossenheit. Das Wuppertaler Haus hat jedoch einen großen Erfolg, bei dem alle Beteiligten sehr gefeiert werden.

Martin Freitag