Wuppertal: „Glückliche Reise“

Wuppertaler Premiere am 18.11.12, besuchte Aufführung am 24.11.12

Musik ihrer Zeit

Wie schön, wenn die spärlich gesäeten Operettenaufführungen einmal nicht die ewigen fünfzehn Hits spielen, sondern sich dem "Randrepertoire" widmen, so an den Wuppertaler Bühnen Eduard Künneckes "Glückliche Reise" von 1932 gespielt wird. Eine Operette ganz ohne Adel, sondern aus ihrer Zeit heraus: Brasilienauswanderer, die sich mit Reisebüromädels aus Deutschland schreiben. Nach dem kurzen, exotischen Vorspiel geht es in ein Berlin der Weimarer Republik, wo die recht harmlose Komödienintrige allein durch die putzigen Menschen und Künneckes mitreißende Musik lebt; Rumba, Foxtrott, Paso Doble und die damalige, schmissige Tanzmusik, viel Komik, etwas Sentiment, da ist jede musikalische Nummer ein echter Treffer.

Johannes Weigand gehört zu den Regisseuren, die mit leichter Hand das schwierige Operettengenre beherrschen, Markus Pysall liefert mit dem sparsamen, doch dekorativen Bühnenbild zwischen Neuer Sachlichkeit und exotischer Tourismusromantik und seinen farbig gelungenen, geschmackvollen Zeitkostümen den passenden Rahmen, Götz Hellriegels Choreographie, weiß wem sie was tänzerisch abverlangen kann und erfreut durch Abwechslungreichtum und witzige Ideen das Herz. Tobias Deutschmann spielt ausgefeilt und sorgfältig mit dem Sinfonieorchester Wuppertal auf der Klaviatur der Tanzrhythmen und bringt Künneckes grandiose Orchestrierung zum Leuchten.

Doch ein Manko hat der Abend, denn die Darsteller werden akustisch verstärkt, was in den Dialogen durchaus Sinn macht, da es die Sprechstimme schont, empfinde ich musikalisch störend, zumal es die eigentliche vokale Leistung schwieriger zu beurteilen erschwert. So scheint das seriöse Paar für mich nicht zufriedenstellend, denn Elena Fink als Lona Vonderhoff hat Schwierigkeiten ihre Sopranstimme in den Höhen mikroporttauglich zu verschmälern, da wäre "ohne" sicherlich vorteilhafter. Boris Leisenheimers Tenor als Robert von Hartenau kommt die Verstärkung eher entgegen, da seine Stimme im Höhenvolumen leider zunehmend unkontrolliert klingt. Beide gestalten ihre Partien sonst akkurat. Richtig gut ist das "leichte" Paar, denn Olaf Haye und Annika Boos als maskuliner Stefan Schwarzenberg und sich durch das Leben flunkernde Monika Brink haben sichtlich und hörbar Spaß an den spritzigen Duetten und tanzen sich schlichteweg einen Wolf vor Vergnügen. Gregor Henze, zwar verletzt und mit Krücke, mimt einen herrlich kodderigen Reisebürobesitzer Homann und Stefan Ullrich ergänzt stilsicher als Kapitän Brangersen/Regierungsrat Hübner.

Dei Chorsolisten und der Damenchor sind ebenfalls recht gutgelaunt mit von der Partie. Insgesamt ein unterhaltsamer, vergnüglicher Abend, bei dem Titelmarsch "Glückliche Reise" wird natürlich ordentlich mitgeklatscht, mit leichten, akustischen Einschränkungen. Trotzdem ein "Muß" für die Freunde der heiteren Muse.

Auf nach Wuppertal und "Glückliche Reise" !

Martin Freitag
Bilder: Uwe Stratmann