CD: „Tschaikowsky: Sinfonie Nr. 4“, Utah Symphony Orchestra

Die vorliegende CD-Veröffentlichung auf dem Label Vox präsentiert eine hochwertige Wiederveröffentlichung der vierten Sinfonie und der Fantasieouvertüre „Romeo und Julia“ von Peter Tschaikowsky. Die Aufnahmen stammen vom Utah Symphony Orchestra unter der Leitung von Maurice Abravanel. Maurice Abravanel war ein herausragender Dirigent, der eng mit dem Utah Symphony Orchestra zusammenarbeitete und für seine Fähigkeiten als Orchestererzieher bekannt war. Mit dieser Aufnahme gelingt es ihm, das Potential des Orchesters voll auszuschöpfen und eine beeindruckende musikalische Darbietung zu präsentieren. Abravanel übernahm 1947 bis 1979 die Leitung des Orchesters und entwickelte es zu einem sehr geschätzten Klangkörper mit beeindruckenden Einspielungen. Vor allem die Akustik der Konzerthalle und die ausgezeichnete Aufnahmetechnik verleihen den Aufnahmen einen unverwechselbaren, brillanten Klang.

Die vierte Sinfonie von Tschaikowsky, die zwischen 1877 und 1878 komponiert wurde, ist ein Höhepunkt des romantischen Repertoires. Maurice Abravanel, ein Dirigent mit immensem Gespür für Struktur und Klangschönheit, präsentiert in der Aufnahme eine detaillierte Gestaltung der vier Sätze. Seine Interpretation zeugt von einem tiefen Verständnis für die Komposition und vermeidet jegliches kitschige Element.

Im ersten Satz, dem „Andante sostenuto – Moderato con anima“, gelingt es Abravanel, eine kontrastreiche Atmosphäre zu schaffen. Er wählt ein gemäßigtes Tempo, das es den melodischen Linien ermöglicht, sich entfalten und atmen zu können. Die Streicher erzeugen einen warmen Klangteppich, während die Bläser mit kraftvollen Impulsen hervortreten. Abravanel sorgt für eine ausgewogene Balance zwischen den verschiedenen Orchestergruppen und lässt die Themen organisch miteinander verschmelzen. Besonders beeindruckend ist seine Fähigkeit, die dynamischen Kontraste herauszuarbeiten und emotionale Spannung aufzubauen, ohne dabei ins Übertriebene abzudriften.

Im zweiten Satz, dem „Andantino in modo di canzone“, präsentiert Abravanel eine zarte und einfühlsame Interpretation. Er wählt ein langsames Tempo, das die elegische Stimmung des Satzes betont. Die Streicher phrasieren mit großer Delikatesse, während die Holzbläser mit weichem und ausdrucksstarkem Ton spielen. Abravanel verleiht der Musik eine innige Intimität und achtet darauf, dass die Melodiebögen fließend und natürlich wirken. Die Klangschönheit dieser Passage wird durch Abravanels feines Gespür für dynamische Nuancen und seine Fähigkeit, subtile Klangfarben herauszuarbeiten, unterstrichen.

Der dritte Satz, ein „Scherzo: Pizzicato ostinato“, wird von Abravanel mit Leichtigkeit und Präzision präsentiert. Die Streicher spielen das pizzicato-Muster mit spielerischer Virtuosität und erzeugen einen humorvollen und rhythmisch prägnanten Effekt. Abravanel hält das Tempo energisch und gibt dem Satz eine spritzige Dynamik. Er sorgt dafür, dass die musikalischen Linien klar herausgearbeitet werden und die verschiedenen Stimmen im Orchester gut zur Geltung kommen. Dabei behält er stets die Kontrolle über den Gesamtklang, um ein harmonisches Zusammenspiel aller Instrumente zu gewährleisten.

Der vierte und letzte Satz, das „Finale: Allegro con fuoco“, wird von Abravanel mit großer Intensität und Leidenschaft gestaltet. Er wählt ein rasches Tempo, das dem Satz einen mitreißenden Schwung verleiht. Abravanel lässt das Orchester mit kraftvoller Energie spielen, wobei die Streicher brillante Passagen und die Bläser kraftvolle Fanfaren darbieten. Gleichzeitig achtet er darauf, dass die verschiedenen Abschnitte des Satzes gut miteinander verknüpft sind und dass die strukturelle Entwicklung deutlich wird. Die emotionale Wucht des Finales wird durch Abravanels geschickte Balance zwischen dramatischer Wucht und kontrollierter Expressivität hervorgehoben. In diesem Satz brillieren insbesondere die glanzvollen Schlagzeuger des Orchesters.

Abravanel und das Utah Symphony Orchestra präsentieren eine Interpretation, die sowohl den emotionalen Gehalt der Musik einfängt als auch ihre strukturelle Komplexität zur Geltung bringt.

Die Ergänzung der CD mit der Fantasieouvertüre „Romeo und Julia“ ist eine willkommene Bereicherung. Tschaikowsky komponierte dieses Stück im Jahr 1869 und schuf damit eine programmatische Darstellung der tragischen Liebesgeschichte von Romeo und Julia. Abravanel und das Utah Symphony Orchestra präsentieren eine eindringliche Interpretation dieser Musik. Der Klang ist lebendig und detailliert, wodurch die verschiedenen Instrumentengruppen gut hörbar sind und eine beeindruckende räumliche Wirkung erzielt wird. Die musikalischen Motive, die Tschaikowsky verwendet, um die Charaktere und die Handlung von „Romeo und Julia“ darzustellen, werden mit großer Sensibilität und Ausdruckskraft interpretiert. Die leidenschaftlichen Liebesmelodien werden mit viel Emotionalität vorgetragen, während die dramatischen Kampfszenen mit Energie und Spannung erfüllt sind.

Die klangliche Qualität dieser Aufnahmen wurde durch das neue Mastering entscheidend verbessert. Vox hat einen audiophilen Klangabmischung geschaffen, die die Klangfarben und Nuancen der Musik hervorragend zur Geltung bringt und auch die Bassbereiche angenehm betont. Die räumliche Wiedergabe ist beeindruckend, was dem Hörer ein fesselndes Hörerlebnis ermöglicht.

Insgesamt bieten die Aufnahmen von Maurice Abravanel und dem Utah Symphony Orchestra auf dieser CD eine erstklassige Darbietung der vierten Sinfonie und der Fantasieouvertüre „Romeo und Julia“ von Peter Tschaikowsky. Abravanel zeigt sich als einfühlsamer und kompetenter Tschaikowsky-Interpret mit einem guten Gespür für Tempo und Ausgewogenheit. Das Utah Symphony Orchestra präsentiert eine engagierte, spielfreudige Leistung und überzeugt mit einer beeindruckenden Klangqualität.

Dirk Schauß, 25. Juni 2023


VOX-NX-3022CD