Valle d’Itria: „La lotta d’Ercole con Acheloo“

Agostino Steffani (1654 – 1728)

Zu einer so interessanten wie schönen Aufführung kam es am nächsten Tag im Chiostro di San Domenico, das seit dem Vorjahr als Vorstellugsort adaptiert wurde. LA LOTTA D’ERCOLE CON ACHELOO stammt von dem in jüngster Zeit auch von Cecilia Bartoli wiederentdeckten Agostino Steffani (Castelfranco Veneto, 1654-Frankfurt/Main, 1728), der in seiner kirchlichen Karriere die Bischofswürde erreichte, ein bedeutender Diplomat und überaus begabter Komponist war, dessen zahlreiche Aufgaben ihm nicht erlaubten, sich vermehrt letzterer Begabung zu widmen. Das eineinhalbstündige Werk nennt sich Divertimento drammatico, und das Libretto von Bartolomeo Ortensio Mauro basiert auf einer Episode aus Ovids „Metamorphosen“: Der Flussgott Acheloo, Sohn des Neptun und der Nereide Thetis, verliebt sich in Deianira, Tochter des ätolischen Königs Eneo. Diese wird aber auch von Herkules geliebt – den von dem Mädchen vorgeschlagenen Kampf der beiden Bewerber gewinnt Herkules und erringt damit die Prinzessin, während sich Acheloo in seinen Fluss zurückziehen muss.

Steffani, der lange Jahre am Hof des Kurfürsten Ernst August von Hannover verbrachte, schrieb gemäß dem französisch beeinflussten Geschmack seines Dienstherrn. Somit tendiert die Musik des 1689 bei Hofe uraufgeführte Einakters zur Deklamation der tragédie lyrique, wirkt aber mit seiner kleinen Orchesterbesetzung durchaus intim. Es handelt sich um die erste Aufführung in moderner Zeit, wobei die kritische Ausgabe von Cinthia Pinheiro Alireti kuratiert wurde.

Ursprünglich für 4 Kontrotenöre geschrieben, kamen in Martina Franca nur deren 2 zum Einsatz: Acheloo wurde von Riccardo Angelo Strano mit schönem Ton und viel Gefühl gesungen sowie lebhaft dargestellt. Weniger konnte Aurelio Schiavoni als Eneo gefallen. Dara Savinova gab mit schöner Präsenz, gefestigtem Auftreten und guter Technik den Herkules, Federica Pagliuca mit viel Stil und etwas steifen Spitzentönen die Deianira. (Alle Sänger kamen von der „Accademia del Belcanto“). Vom Cembalo aus dirigierte Antonio Greco mit unermüdlichem Einsatz das Barockensemble des Orchestra Internazionale d‘Italia.

Regisseur Benedetto Sicca wusste den beengten Raum bestens zu nutzen und setzte hier die Fattoria Vittadini absolut gewinnbringend ein, denn die Tänzer verkörperten die Wogen des Flusses und glänzten vor allem in der Kampfszene der beiden Brautwerber. Die die Flusswelt suggerierende Szenerie von Maria Paola Di Francesco und vor allem die phantasievollen Kostüme von Manuel Pedretti trugen stark zur überzeugenden Wirkung der Aufführung bei. Ein schöner, umjubelter Abschluss des Besuchs beim 40. Festival, dem ich wünsche, dass es mindestens doppelt so alt wird.

Eva Pleus, 06.08.2014
Foto Laera