CD: „Felix Weingartner: Sämtliche Symphonien“, Sinfonieorchester Basel unter Marko Letonja

Felix Weingartner (1863-1942) war ein österreichischer Dirigent, Komponist und Pädagoge, der von 1863 bis 1942 lebte. Geboren in Zara, Dalmatien (heute Zadar, Kroatien), erlangte er internationale Bekanntheit als einer der führenden Dirigenten und Interpreten seiner Zeit. Seine musikalische Ausbildung erhielt er unter anderem bei Franz Liszt. Weingartner begann seine Karriere zunächst als Pianist, wandte sich jedoch bald dem Dirigieren zu. Er dirigierte einige der renommiertesten Orchester Europas, darunter das Berliner Philharmonische Orchester und das Wiener Philharmonische Orchester. Als Dirigent war er bekannt für seine gründlichen Interpretationen der Werke von Ludwig van Beethoven und wurde für seine Beethoven-Zyklus-Aufführungen gefeiert. Abseits vom Dirigieren war Weingartner auch als Komponist aktiv. Er schuf eine breite Palette von Werken, darunter Sinfonien, Opern, Kammermusik und Chorwerke. Obwohl er in erster Linie als Dirigent bekannt wurde, hinterließ seine kompositorische Arbeit einen bedeutenden Einfluss auf die Musik seiner Zeit.

Das Entdeckungslabel cpo bietet mit der vorliegenden Gesamtaufnahme der Sinfonien und Orchesterwerke von Felix Weingartner eine einzigartige Gelegenheit, sein kompositorisches Schaffen zu erkunden. Diese umfangreiche Sammlung enthält nicht nur seine Sinfonien, sondern auch andere Orchesterwerke, die einen Einblick in seine vielfältige Musikwelt bieten.

Weingartners erste Sinfonie, oft als „Jugendsinfonie“ bezeichnet, wurde im Jahr 1898 komponiert. Sie markiert den Beginn seiner sinfonischen Reise und zeigt seinen frühen kompositorischen Stil.
Die zweite Sinfonie in Es-Dur zeugt von Weingartners Fähigkeit zur Beherrschung der traditionellen sinfonischen Form. Sie bietet eine Vielzahl von melodischen Ideen und eine eindrucksvolle Orchestration.
Mit seiner dritten Sinfonie schrieb Weingartner sein längstes Orchesterwerk. Sie bricht mit Konventionen und zeichnet sich durch eine massive Besetzung aus. Sie ist von dramatischen Momenten und einem Chorsatz geprägt, der auf Gedichten basiert.
Als „Bukolische“ wurde seine vierte Sinfonie bekannt, sie ist ein heiteres Werk, das Weingartners Liebe zur Natur widerspiegelt. Sie ist in F-Dur gehalten und verbindet Heiterkeit mit Ernsthaftigkeit.
In düsterem c-moll steht seine fünfte Sinfonie. Sie zeigt Weingartners Geschicklichkeit in der Entwicklung von melodischem Material. Einflüsse von Verdi und Bruckner sind hier zu erkennen.
Anlässlich des 100. Todestags von Franz Schubert schrieb Weingartner die sechste Sinfonie. Sie enthält Anklänge an Schuberts „Unvollendete.“
Mit der finalen siebten Sinfonie schrieb Weingartner eine Vokalsinfonie, die Züge eines Oratoriums aufweist. In ihrer Struktur und Besetzung weicht sie von den vorherigen Sinfonien ab. Sie enthält Texte von verschiedenen Autoren und ist ein herausragendes Werk in seinem Schaffen.

Dazu bietet diese Edition die seltene Gelegenheit, weitere Orchesterwerke Weingartners kennenzulernen.
Die Ouvertüre „König Lear“, inspiriert von Shakespeares Drama, ist ein kraftvolles Werk, das Weingartners Fähigkeit zur orchestralen Dramatik unterstreicht. Die Musik spiegelt die emotionalen Höhen und Tiefen der Tragödie wider und zeigt Weingartners Geschicklichkeit in der Beherrschung orchestraler Texturen.
„Das Gefilde der Seligen“ ist ein weiteres eindrucksvolles Werk des Komponisten. Es fängt die Vorstellung eines paradiesischen Ortes in der Mythologie ein und verleiht ihr musikalischen Ausdruck. Die Musik ist von einer friedlichen Schönheit und einem beruhigenden Fluss geprägt.
Mit der „Lustigen Ouvertüre“ beweist Weingartner sein Talent für humorvolle und lebhafte Musik. Diese Ouvertüre sprüht vor Energie und Freude, und gekonnt werden Orchesterfarben und rhythmische Elemente eingesetzt, um eine lebendige Atmosphäre zu schaffen.
„Der Sturm“ (Ouvertüre und Suite): Erneut eine weitere musikalische Umsetzung eines Shakespeare-Stückes. Die Ouvertüre fängt die stürmischen Elemente des Dramas ein, während die Suite verschiedene Szenen und Stimmungen des Stücks musikalisch nachzeichnet. Weingartner nutzt die gesamte Palette orchestraler Klänge, um die Magie und das Drama von Shakespeares Werk zu vermitteln.
Die Serenade für Streichorchester zeigt Weingartners Fähigkeit zur melodischen Schönheit und zur Erschaffung einer intimen Atmosphäre. Sie ist ein wunderbares Beispiel für seine kammermusikalische Sensibilität und sein Gespür für emotionale Tiefe.
Mit der Ouvertüre „Aus ernster Zeit“ greift Weingartner auf ernsthafte und düstere Stimmungen zurück. Die Musik ist von einer introspektiven Qualität geprägt und reflektiert die Gedanken und Gefühle des Komponisten angesichts der zeitgenössischen Herausforderungen.
Das Werk „Frühling“ fängt die Frische und Lebendigkeit des Frühlings musikalisch ein. Es ist ein lebhaftes und bezauberndes Stück, das die Vorfreude auf die warme Jahreszeit und die Natur in voller Blüte vermittelt.

Die Gesamtaufnahme aller Sinfonien und Orchesterwerke von Felix Weingartner, präsentiert vom Sinfonieorchester Basel unter der Leitung von Marko Letonja, ist zweifellos ein herausragendes musikalisches Projekt. Es ist wichtig, die verschiedenen Komponenten dieses Ensembles und die Leistung des Dirigenten genauer zu betrachten:
Die Interpretationen des Sinfonieorchesters Basel unter der Leitung von Marko Letonja sind schlichtweg beeindruckend. Die Musiker erfassen die verschiedenen Stimmungen und Stile von Weingartners Werken perfekt und liefern Aufführungen von höchster Präzision und Leidenschaft. Das Hinzufügen eines Chors zu den Aufnahmen fügt eine zusätzliche Dimension hinzu. Der Tschechische Philharmonische Chor Brünn ist bekannt für seine beeindruckende musikalische Präsenz und seine Fähigkeit, sowohl in der sinfonischen Musik als auch in Chorwerken zu glänzen. Sein Beitrag bringt eine emotionale Tiefe und eine dramatische Note in die Aufführungen der Werke, insbesondere in der siebten Sinfonie. Die Gesangssolisten, darunter Maya Boog, Franziska Gottwald, Rolf Romei, Christopher Bolduc und Babette Mondry, singen einnehmend und textverständlich. Sie verleihen den Vokalwerken von Weingartner ihre einzigartige künstlerische Note und bringen die Texte zum Leben. Ihre stimmliche Klarheit und ihr emotionales Engagement tragen zur Gesamtwirkung der Aufnahmen bei.

Der vielseitige Slowene Marko Letonja ist der künstlerische Leiter und Dirigent dieses musikalischen Unternehmens. Seine Interpretationen von Weingartners Musik zeichnen sich durch ihre Tiefe, ihre musikalische Sensibilität und ihr kluges Verständnis für die Werke aus. Er versteht es, die subtilen Nuancen und Emotionen in der Musik herauszuarbeiten und gleichzeitig die orchestrale Pracht der Stücke voll zur Geltung zu bringen. Seine Fähigkeit, die orchestrale Pracht der Werke mit einer feinen Dynamik zu leiten, zeugt von seiner außergewöhnlichen Interpretationskunst.

Insgesamt ist diese Aufnahme nicht nur eine Hommage an Felix Weingartner und sein vielfältiges musikalisches Erbe, sondern auch ein beeindruckendes Zeugnis für die musikalische Exzellenz des Sinfonieorchesters Basel, des Tschechischen Philharmonischen Chors Brünn, der Gesangssolisten und des Dirigenten Marko Letonja. Gemeinsam haben sie eine Gesamtaufnahme geschaffen, die die Werke von Weingartner in ihrer ganzen Pracht und Tiefe erstrahlen lässt. Und als wäre dies nicht genug, so bieten die cpo Beifhefte ausgezeichnete Informationen zu den Werken. Die Aufnahmetechnik ist fabelhaft, weiträumig und betont dynamisch. Eine Freude! Es ist eine Entdeckung, die Musikliebhaber in die Welt eines oft übersehenen Komponisten eintauchen lässt. Spannend, kurzweilig und hörenswert.

Dirk Schauß, 16. September 2023


Felix Weingartner (1863-1942)
Sämtliche Symphonien (Sinfonien Nr. 1-7)
König Lear op. 20; Das Gefilde der Seligen op. 21; Lustige Ouvertüre op. 53; Der Sturm (Ouvertüre & Suite); Streicherserenade; Ouvertüre op. 56 „Aus ernster Zeit“; Frühling op. 80

Künstler: Maya Boog, Franziska Gottwald, Rolf Romei, Christopher Bolduc, Babette Mondry, Tschechischer Philharmonischer Chor Brünn, Sinfonieorchester Basel
Marko Letonja, Leitung

Label: CPO 777 938-2
Tonformat: stereo/multichannel (Hybrid)

Die Aufnahmen enstanden in denm Jahren 2003 – 2012.