Coburg: Die 3 Tenöre

Das „Coburger Neujahrskonzert 2013“ mit dem exzellenten Alt-Wiener Strauss-Ensemble Stuttgart, die 3 Tenöre und ein Reigen schönster Melodien

1.1.2013

Im letzten Jahr feierten wir 25 Jahre Coburger Neujahrskonzert, und es war ein beeindruckendes Konzert. War im letzten Jahr die Halle sehr gut besetzt, so platzte sie in diesem Jahr aus allen Nähten. Und das Orchester und die Solisten passten sich dem Rekordbesuch an. Knapp 3 Stunden schwelgte man in Walzerseligkeit, immer wieder unterbrochen von lang anhaltendem Beifall und am Ende gab es begeisterten Beifall. Beifall für das Alt Wiener Strauss Ensemble mit seinem Dirigenten Ralph Kulling, aber ebenso großen Beifall für die 3 Tenöre, die vor allem nach der Pause zu großer Form aufliefen und einen Hauch Weltstadt nach Coburg brachten. Doch der Reihe nach.

Auch in diesem Jahr spielte man im praktisch ausverkauften Kongresshaus das 26. Coburger Neujahrskonzert 2013, und auch in diesem Jahr kam keine Sekunde Langeweile auf. Kein Besucher dürfte sein Kommen bereut haben und alle waren sich wieder einig, dass dieses Neujahrskonzert zum festen Bestandteil der Coburger Kulturszene zählt. Das Neujahrskonzert 2013 war natürlich geprägt von der Musik von Johann Strauss und der Familie Strauss, aber es standen auch wieder äußerst reizvolle Begegnungen mit Daniel-Francois-Esprit Auber, Franz Lehár, Hector Berlioz, Joseph Lanner und Vinzenz Stelzmüller an. Und erneut fand das Neujahrskonzert unter Leitung des Kulturbüros der Stadt statt. Bürgermeister und Kulturreferent Norbert Tessmer überbrachte mit launigen Worten die Grüße der Stadt Coburg zum neuen Jahr, seine Ansprache war wohltuend frisch und auch wohltuend kurz.

Ja – und dann kam eine Premiere bei der Moderation. Nicht mehr wegzudenken vom Neujahrskonzert ist Dr. Eduard Strauss aus Wien. Der Urenkel von Eduard Strauss und Ururenkel von Johann Strauss Vater, welcher immer mit launigen Worten durch das Programm führt, gereimt und ungereimt, aber immer mit viel Sachverstand und Hintergrundwissen, hatte sich diesmal Verstärkung mitgebracht. Als Co-moderator fungierte sein Sohn Thomas Strauss – und es war eine treffliche Premiere. Die beiden spielten sich die Bälle zu und verstanden es, dass Publikum mit sachlichen, aber auch unterhaltsamen Informationen zu fesseln. Alle musikalischen Stücke wurden mit viel Hintergrundwissen, aber auch gespickt mit amüsanten Geschichtchen und Anekdoten von beiden dargeboten.

Ralph Kulling, der wie gewohnt sicher und leidenschaftlich sein Alt-Wiener Strauss-Ensemble zur Höchstleistung brachte, hatte von der Staatsoper Stuttgart mit den drei Tenören Metodi Morartzaliev, Alexander Efanov und Alexander Stachowiak einen Glücksgriff getan. Exzellent vor der Pause mit jeweils einer Bravourarie, mitreißend und zu Begeisterungsstürmen hinreißend in den gemeinsam dargebotenen Tenorarien-Persiflagen nach der Pause. Die Zeit bis zum Ende des Konzertes verging so rasch wie selten, man konnte es kaum glauben, dass man mit knapp drei Stunden auch eines der längsten Coburger Neujahrskonzerte erlebt hatte. Und erneut freute man sich, freute sich bereits jetzt auf das Neujahrskonzert 2014 in Coburg.

Begonnen wurde mit der Ouvertüre zu Auber´s „Die Stumme von Portici“. Dieses nicht allzu häufig gehörte Stück wurde mit Feuer und Leidenschaft und dem notwendigen dramatischen Bogen vorzüglich dargeboten. Im Anschluss stellte sich Alexander Efanov mit dem gefühlvoll, alle Schattierungen auskostenden Wolgalied aus „Der Zarewitsch“ von Franz Lehár vor. Nach dem leidenschaftlich vorgetragenen Marsch Rákóczy aus Fausts Verdammnis von Hector Berlioz brachte Metodi Morartzaliev mit dem Auftrittslied „Als flotter Geist…“ aus dem Zigeunerbaron von Johann Strauss Leidenschaft und Belcanto in reinster Form in das Kongresshaus. Das weiße Tuch á la Pavarotti wurde an diesem Vormittag zu seinem Wahrzeichen. Rasant und feurig, ebenso wie einfühlsam und leidenschaftlich brachte Ralph Kulling mit seinen Mannen den Ländler „Die Nasswalderin“ von Josef Strauss und die Polka „Über Stock und Stein“ von Eduard Strauss zu Gehör. Langanhaltender Beifall für eine überzeugende Interpretation.

Mit dem Lagunen-Walzer aus der Nacht in Venedig von Johann Strauss stellte sich mit Alexander Martin Stachowik der dritte Tenor vor. Mit seinem weichen, höhensicheren, warmen und durchschlagendem Tenor, hatte er die Herzen der Anwesenden schnell erobert, die mit langanhaltendem Beifall nicht geizten. Der Walzer aus Wiener Blut von Johann Strauss beschloß den ersten Teil des rundum gelungenen Neujahrskonzerts. Beschwingt eilte man in die Pause und freute sich auf das, was noch kommt.

Mit dem Walzer „Die Vier Temperamente“ von Johann Strauss Vater, den Steyrischen Tänzen von Josef Lanner, der Polka schnell „Wo man lacht und lebt“ von Eduard Strauss zeigte das Alt-Wiener-Strauss-Ensemble auf welch hohem Niveau sie musizieren. Das Publikum ging begeistert mit und freute sich, als die beiden Brüder Ralph und Klaus Kulling ihre Geigen gegen- und miteinander antreten ließen beim Tanz für 2 Violinen, Gitarre und Kontrabass von Vinzenz Stelzmüller. Großer anhaltender Beifall für die beiden musizierenden Brüder und dem Rest des Ensembles. Mit der Polka „Piefke und Pufke“ von Johann Strauss Vater und der Polka „Furioso“ von Johann Strauss holte Ralph Kulling noch einmal alles aus dem Alt-Wiener-Strauss-Ensemble heraus.

Ja, und dann kommt ein weiterer Höhepunkt des musikalischen Vormittags. Die drei Tenöre treten in einer Tenor-Persiflage (auf Luciano Pavarotti, José Carreras und Placido Domingo) auf. Und dies tun sie sensationell gut. Gegenseitig steigern sie sich immer mehr, Belcanto auf höchstem Niveau wird ganz groß geschrieben und mit den berühmtesten Arien aus Carmen, La Traviata, Land des Lächelns, Der Zigeunerbaron, Der Troubadour und dem Lied „O sole mio“ – sowie in der Zugabe mit Turandot und Granada geben sie dem Affen Zucker. Der Dreiklang der Stimmen, die sich gegenseitig zu immer größeren Höchstleistungen anspornen, reißt die Zuhörer von ihren Sitzen. Fast drei Stunden Neujahrskonzert, längst ist die Mittagszeit vorüber und dann noch eine letzte Zugabe. Der obligatorische „Radetzky-Marsch“ von Johann Strauss Vater fungiert als Rausschmeißer. Schmissig und feurig geht das Konzert zu Ende.

Im 26. Jahr kein Zeichen der Ermüdung, im Gegenteil, so beschwingt vor sich hin pfeifend ist man lange nicht mehr aus einem Konzert gegangen. Und genauso soll es sein. Wenn ein neues Jahr so anfängt wie in Coburg mit dem Neujahrskonzert, dann kann uns eigentlich nicht mehr so viel passieren. Jedenfalls glauben wir Musikfreunde fest daran und freuen uns, dass im Jahr 2014 Ralph Kulling mit seinem Alt-Wiener-Strauss-Ensemble wieder den Weg nach Coburg findet. Hier ist eine Tradition entstanden, die einmalig sein dürfte. Eine kulturelle Tradition, um die viele andere Städte Coburg beneiden. Und ich hoffe, dass dies Coburg auch bewusst ist.

Manfred Drescher, 6. Januar 2013