am 9. 11. 2018
Frankreich und Deutschland bilden Schwerpunkte in der Saison des DSO – nach Wagner und Debussy widmete sich das Orchester unter seinem Chefdirigenten Robin Ticciati am 9. 11. 18 Hector Berlioz und seiner Symphonie dramatique Roméo et Juliette. Die Modernität dieser Komposition, die 1839 in Paris ihre Uraufführung erlebte, betonte der Dirigent in jedem Moment, arbeitete die jähen Stimmungsumschwünge des Werkes plastisch heraus und bot eine reiche Palette von Valeurs und dynamischen Abstufungen. Schon der dramatische Auftakt mit „Combats“ und „Tumulte“ nahm gefangen, nicht weniger der rauschhafte Klang bei „Intervention du Prince“. Die wehmütige Stimmung bei „Roméo seul“, die feinen, atmosphärischen Töne beim Ball, das pompöse Fest bei den Capulets mit seiner enormen Steigerung, die elegisch-geheimnisvolle Stimmung der „Nuit sereine“ mit wunderbar warmen Klang der tiefen Streicher, die aufblühende „Scène d’amour“ sowie die spannenden Akzente und fahl-düsteren Farben bei „Roméo au tombeau des Capulets“ stellten dem Orchester und seinem Dirigenten ein glänzendes Zeugnis für eine sensible, vielfarbige Interpretation aus.
Grandios der Rundfunkchor Berlin (Einstudierung: Daniel Reuss) mit seiner hohen Klangkultur, der im „Convoi funèbre“ mit dem pathetischen Trauergesang und besonders in der apotheotischen Schwur-Szene des Finales überwältigte. Bei den Solisten überragte Julie Boulianne mit ihrem feinen, melancholisch umflorten Mezzo, der in dem wunderbaren Solo „Premiers transports“ delikateste Töne hören ließ. Die Stimme klang in jeder Lage gerundet, auch im forte von angenehmen Klang und harmonisch abgestimmt im Zusammenklang mit dem Chor. Paul Appleby ließ im luftig vorbei huschenden Scherzo seinen leichten Tenor hören. Einzig Alastair Miles als Pére Laurence fiel mit seinem reifen, nasal timbrierten Bass etwas ab, was die deutlich limitierte Höhe und die merkliche Überforderung im „Serment“ bezeugten.
Bernd Hoppe 10.11.2018